# taz.de -- Individuelle Gesundheitsleistungen: Ärzte schröpfen Patienten | |
> Krankenkassen üben scharfe Kritik an Zusatzleistungen. Ärzte nutzten das | |
> Vertrauensverhältnis „schamlos“ aus. Ein teurer Spaß. | |
Bild: Akupunktur gilt auch unter vielen Kritikern der Zusatzleistungen als sinn… | |
Berlin taz | Deutschlands Kassenpatienten zahlen kräftig drauf. Insgesamt | |
wenden sie pro Jahr rund eine Milliarde Euro für individuelle | |
Gesundheitsleistungen (IGeL) auf, die von niedergelassenen Ärzten | |
angeboten, aber von den gesetzlichen Kassen in der Regel nicht erstattet | |
werden. Manche Praxen wirkten mittlerweile „wie ein IGeL- Basar“, sagte | |
Peter Pick, Geschäftsführer des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbands | |
Bund der Krankenkassen (MDS), am Dienstag. | |
Sein Verband stellt in Berlin einen „IGeL -Monitor“ vor. Besonders | |
geschäftstüchtig seien laut der repräsentativen Erhebung Frauen- und | |
Augenärzte, gefolgt von Orthopäden und Dermatologen. | |
Die Ergebnisse zeichnen ein erschreckendes Bild. Viele Patienten beschweren | |
sich über aggressive und teilweise irreführende Werbung für die | |
Zusatzleistungen bereits im Anmelde- und Wartebereich. Schwangere Frauen | |
würden teilweise massiv unter Druck gesetzt, zusätzliche | |
Ultraschalluntersuchungen zu buchen – obwohl diese keinerlei erkennbaren | |
Nutzen hätten, heißt es in dem Bericht. | |
In einigen Fällen wurde die Behandlung von der Buchung von IGeL-Leistungen | |
abhängig gemacht, auch erfolgte in vielen Fällen keine umfassende | |
Information über den Nutzen sowie mögliche Risiken. Das | |
Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient werde mitunter „schamlos | |
ausgenutzt“, sagte Pick. | |
Die therapeutische Sinnhaftigkeit der für die Ärzte sehr lukrativen | |
Leistungen ist laut IGeL-Monitor in den meisten Fällen zweifelhaft. Der MDS | |
hat bislang 41 der 300 bis 400 Untersuchungen und Zusatztherapien genauer | |
untersucht. Lediglich in drei Fällen, unter anderem Lichttherapie bei | |
saisonal bedingter depressiver Störung, ist nach dem gegenwärtigen Stand | |
der Forschung von einer „tendenziell positiven“ Wirkung auszugehen. Vieles | |
kann derzeit noch nicht beurteilt werden oder gilt als vollkommen | |
wirkungslos. | |
17 Angebote werden sogar als „tendenziell negativ“ oder eindeutig negativ | |
eingestuft. Für den MDS ist die Sachlage eindeutig. IGeL seien für eine | |
qualitativ hochwertige medizinische Versorgung unnötig und dienten in | |
erster Linie der „Abzocke der Patienten“. | |
12 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Rainer Balcerowiak | |
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