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# taz.de -- Kolumne German Angst: Nichts für ungut
> Rassismus, Antisemitismus, Homophobie – den Deutschen kann man auf ihren
> Spezialgebieten nichts vormachen.
Bild: Hat selbst zugegeben, ein Rassist zu sein - aber auch das hat den ARD-Unt…
Xavier Naidoo ist ein herausragender Sänger, der nach meiner Überzeugung
weder Rassist noch homophob ist“, erklärte ARD-Unterhaltungskoordinator
Thomas Schreiber zur [1][postwendenden Rücknahme von dessen Beförderung]
zum Vertreter Deutschlands beim ESC. „Die laufenden Diskussionen könnten
dem ESC ernsthaft schaden.“
Keine Einsicht, aber eine Reaktion. Irgendwie erinnert das doch an andere
C-Promis, die zuletzt aus dem Verkehr gezogen wurden. Die Welt trennte sich
von Matthias Matussek – nachdem der [2][völlig unvorhersehbar zum
Rechtsaußen] mutiert ist. Random House schmiss Akif Pirinçci raus, nachdem
der zu oft die falsche PR-Arbeit gemacht hatte.
Die Verantwortlichen, jene, die das Elend verwalten und mit ihm ganz
nebenher noch Geld machen, kneifen extra lang die Augen zu. Denn nur weil
jemand ein menschenfeindliches Arschloch ist, ein Homophober, Rassist oder
Antisemit, muss das ja nicht heißen, dass man nicht doch gern etwas von ihm
lesen oder hören oder kaufen wollte!
Im Gegenteil. Die Stimmung ist halt so. Nur sagen möchte das niemand. Und
so wird in der Elite der Ton rauer, an der Basis kann man von rechtem
Terror sprechen. Jeden Tag ein neuer Anschlag, ein neues Feuer. Im
brandenburgischen Jüterbog etwa [3][explodierte am Wochenende eine
Begegnungsstätte für Flüchtlinge]. Rechtsradikaler Hintergrund? Der muss
erst mal bewiesen werden. Genauso wie Naidoos bizarre Einstellungen.
Textzeilen reichen dafür nicht.
Nur rein zufällig hatte die NPD in Jüterbog zuvor eine Demo angemeldet. Und
zufällig hatte der Bürgermeister seine Bevölkerung gewarnt – Geflüchtete
übertrügen Krankheiten. Rechtsaußen? Sicher nicht. Der Mann ist ja
parteilos. Außerdem sagte er neulich ganz locker: „Ich kann inzwischen gut
damit leben, als Rassist beschimpft zu werden.“ Jemand, der so was sagt,
der kann unmöglich Rassist sein.
Naidoo immerhin [4][hatte sich als Rassisten bezeichnet]. Hat auch nichts
geholfen. Den Deutschen kann man auf ihrem Spezialgebiet nichts vormachen.
Und so bleibt es dabei: kein Rassismus, sondern Völkerverständigung. Kein
Antisemitismus, sondern Globalisierungskritik.
Auch die EU wollte die Bürger schützen (wovor eigentlich?) und führte
jüngst eine Kennzeichnungspflicht für Produkte aus den Siedlergebieten,
Westjordanland, Ostjerusalem und den Golanhöhen ein. Nachdem seit
Donnerstag in Israel sechs Menschen bei Anschlägen starben, weil sie Juden
sind, und weitere schwer verletzt wurden, hatten hiesige Supermarktketten
also nichts anderes zu tun, als israelische Waren aus dem Angebot zu
nehmen. [5][Zuletzt das Berliner KaDeWe].
Rein „technische Maßnahmen“. Klar. Warum Israel dann das einzige Land ist,
das von der EU herausgegriffen wurde, obwohl es weltweit 200 solcher
Territorien gibt? Mit Antisemitismus hat es sicher nichts zu tun. Und
dennoch währte die Entscheidung zumindest des KaDeWe nicht lange. Schon
nach drei Tagen und einigen Protesten entschuldigte sich das Warenhaus: Man
habe die israelischen Waren zu voreilig aussortiert. Nichts für ungut.
24 Nov 2015
## LINKS
[1] /!5254630/
[2] /!5254032/
[3] /Nach-Neonazi-Demo-in-Brandenburg/!5250078/
[4] http://www.musikexpress.de/xavier-naidoo-im-interview-ich-bin-ein-rassist-a…
[5] /Verkauf-von-Siedlerprodukten/!5250152/
## AUTOREN
Sonja Vogel
## TAGS
Xavier Naidoo
Rechtstextreme
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Antisemitismus
Mannheim
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Später
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