# taz.de -- Verkauf von Siedlerprodukten: Israel ist erbost über Kennzeichnung | |
> Das Berliner Kaufhaus KaDeWe nimmt vorübergehend Siedlerprodukte aus den | |
> Regalen. Israel erwägt eine Klage bei der WTO. | |
Bild: Das KaDeWe hat vorübergehend die Produkte aus Israels Siedlungen aus den… | |
JERUSALEM taz | In Israels Fernsehkanal 10 geriet das Berliner KaDeWe zum | |
Aufmacher des Morgenmagazins. Das größte Kaufhaus Europas, so hieß es am | |
Sonntag, räume Waren, die in von Israel besetzten Gebieten produziert | |
wurden, aus den Regalen. „Ausgerechnet die Deutschen“, schimpfte | |
Moderatorin Orly Wilnai und riet, das populäre Einkaufshaus nun umgekehrt | |
zu boykottieren. „Die Muslime schlachten sie ab, und wir werden | |
boykottiert“, entrüstete sich ein Zuschauer über die Europäer. | |
Die Tageszeitung Ha’aretz blieb bei der Berichterstattung der Wahrheit | |
verpflichtet, denn das KaDeWe nimmt die Produkte nur vorübergehend aus den | |
Regalen. „Nach entsprechend korrekter Auszeichnung werden wir sie wieder in | |
unser Sortiment aufnehmen“,[1][zitiert Spiegel Online die KaDeWe-Chefin | |
Petra Fladenhofer.] „Made in Israeli Settlement“ oder „Occupied | |
Territories“ könnte dann auf dem Schild mit dem Herkunftsort stehen. | |
Bereits seit zwei Wochen heißt es gemäß einer EU-Richtlinie, Produkte aus | |
dem Westjordanland, Ostjerusalem und den Golanhöhen nicht mehr länger mit | |
„Made in Israel“ zu markieren. Eine Formalie zum Schutz der Verbraucher, so | |
argumentierte die EU, die die bis zum Sechstagekrieg 1967 zum jordanischen | |
oder syrischen Hoheitsgebiet gehörenden Gebiete nicht als Teil Israels | |
anerkennt. | |
Seit Jahren diskutierten die Abgeordneten in Brüssel über eine einheitliche | |
Kennzeichnungspflicht. Dass jetzt das KaDeWe die Produkte temporär aus den | |
Regalen nimmt, wird in Israel als Ausdruck eines „Boykotts“ empfunden. | |
Richtig ist, dass die Markierung dem Kunden ermöglichen soll, den Kauf von | |
Siedlungsprodukten zu verweigern. | |
## EU-Richtlinien und die Macht der WTO | |
Regierungschef Benjamin Netanjahu eröffnete die wöchentliche | |
Kabinettssitzung am Sonntag mit einem Kommentar zum KaDeWe, das „einst | |
Juden gehörte, bis die Nazis es ihnen wegnahmen“. Er appellierte an die | |
Bundesregierung, in dieser „ernsthaften Angelegenheit aktiv zu werden“. | |
Einhellig hatten sämtliche zionistischen Parteien gegen die Etikette | |
Position bezogen. | |
Noch nicht einig sind sich die Politiker über eventuelle rechtliche | |
Schritte. Ginge es nach Justizministerin Ajelet Schaked von der | |
Siedlerpartei „Das jüdische Haus“, sollte Israel Klage bei der | |
Welthandelsorganisation (WTO) einreichen. Avraham Bell, Experte für | |
internationales Recht an der Universität Bar-Ilan, hält die Rechtslage für | |
„so eindeutig, dass es der EU schwerfallen wird, gegen eine solche Klage zu | |
gewinnen“. | |
Die Richtlinien der WTO verpflichteten die Mitgliedsstaaten, von jeglicher | |
Diskriminierung Abstand zu nehmen. So ginge es nicht an, dass „die EU mit | |
marokkanischen Produkten aus der Westsahara anders verfährt als mit | |
israelischen Produkten aus Siedlungen“, erklärte der Jurist auf | |
telefonische Anfrage. Weder die Produkte aus der Westsahara noch türkische | |
Ware aus Zypern unterliegen derzeit einer Kennzeichnungspflicht. | |
Die WTO habe die Macht, die EU-Richtlinien für illegal zu erklären, meint | |
Bell. Im israelischen Außenamt und im Wirtschaftsministerium besteht | |
hingegen die Sorge, so berichtet die liberale Ha’aretz, dass eine Klage | |
Israel eher schaden könne als Gutes bringen. | |
22 Nov 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.spiegel.de/politik/ausland/kadewe-nimmt-israelische-siedlungspro… | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
## TAGS | |
Israel | |
Israel | |
Israel | |
Israel | |
Bremen | |
Weser-Kurier | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Israel | |
Israel | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kommentar Zoff zwischen EU und Israel: Das bilaterale Gleis bleibt | |
Israel schmeißt die EU aus dem Nahost-Quartett. Na und? Manch einen in | |
Brüssel dürfte das freuen. Mitreden müssen die Europäer weiterhin. | |
Rechtskonservative Politiker in Israel: Die Herrschaft der Clowns | |
In Israel machen rechte und nationalreligiöse Politiker mit absurden | |
Gesetzesvorschlägen auf sich aufmerksam. Das Ziel ist nicht deren | |
Umsetzung. | |
Streit um Siedlungsprodukte: EU hält an Nahost-Diplomatie fest | |
Wegen der Etikettierung von Siedlungsprodukten will Israel die EU aus dem | |
Nahost-Quartett schmeißen. Die aber lässt sich die Diplomatie nicht | |
verbieten. | |
Inspektoren on tour: Vorsicht, vielleicht verboten | |
Beim Versuch, Waren zu markieren, die möglicherweise aus illegalen | |
Siedlungen stammen, fliegen AktivistInnen aus einer Bremer Drogerie. | |
Shalom, Chaverim!: Israel-Freund entlassen | |
„Weser-Kurier“ trennt sich von seinem Chef vom Dienst – und muss nun | |
dementieren, dass das wegen dessen pro-israelischen Texte geschehen sei | |
US-Außenminister Kerry auf Israel-Besuch: Keine Friedensgespräche in Nahost | |
Beim Israel-Besuch kritisiert US-Außenminister Kerry palästinensischen | |
Terror. Mit einem Durchbruch beim Nahost-Friedensprozess rechnet niemand | |
mehr. | |
Kommentar Israelische Siedlerprodukte: Trinkt mehr Golan-Wein! | |
Das Antisemitismus-Argument zieht nicht. Zu kritisieren gibt es an der | |
EU-Richtlinie zu Produkten aus von Israel besetzten Gebieten trotzdem | |
einiges. | |
Beschluss der EU-Kommission: Israel muss Siedlerprodukte markieren | |
Zukünftig sollen Produkte aus den israelisch besetzten Gebieten in der EU | |
gekennzeichnet werden. Israel bezeichnet das als Diskriminierung. |