| # taz.de -- Shalom, Chaverim!: Israel-Freund entlassen | |
| > „Weser-Kurier“ trennt sich von seinem Chef vom Dienst – und muss nun | |
| > dementieren, dass das wegen dessen pro-israelischen Texte geschehen sei | |
| Bild: Hier geht‘s rein – oder aber raus: Portal des Weser-Kurier Hauptgebä… | |
| Irgendwann im April 2015 ist Daniel Killy aus dem Impressum des Bremer | |
| Weser-Kuriers verschwunden, wo er bis dahin als Chef vom Dienst (CvD) | |
| aufgeführt war. Das wäre als organisatorisches Detail einer Lokalzeitung | |
| keiner Erwähnung wert – wenn es nicht im Hintergrund um ein zentrales Thema | |
| ginge: die Israel-Berichterstattung des Weser-Kuriers. | |
| ## Anweisung, nichts über Israel zu schreiben? | |
| Nur vier Tage nachdem Killy Ende Oktober auch von der Gehaltsliste des | |
| Weser-Kuriers verschwunden war, stand auf der Nachrichten-Website | |
| „[1][Israel National News]“ ein Text, der von Killys Rauswurf handelt und | |
| sich weitgehend auf Zitate von ihm stützt. Schon im Juni 2014, erzählt | |
| Killy da, habe er eine Anweisung erhalten, nichts mehr zum Thema Israel zu | |
| schreiben. Er habe das ignoriert. | |
| Als im Dezember ein Interview von Killy mit dem neu gewählten Präsidenten | |
| des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, erschien, habe | |
| ihm der designierte neue Chefredakteur Moritz Döbler vorgeworfen, den | |
| Interviewfragen mangele es an journalistischer Unabhängigkeit. Im Januar | |
| 2015, so Killy, habe ihm der Vorstandssprecher Erik Dauphin dann erklärt , | |
| er müsse Verständnis dafür haben, dass der Weser-Kurier als Monopolblatt | |
| der Region keine derart pro-israelische Haltung einnehmen könne. Hatte | |
| Killy nicht, sondern konterte sarkastisch, diese Erklärung käme vielleicht | |
| 70 Jahre zu spät. „Six weeks later, I was fired“, endet der Online-Text. | |
| 14 Tage nach der Veröffentlichung dieses Textes gab es auf der Website | |
| Israel National News einen Kommentar vom „Executive Board of the Bremer | |
| Tageszeitungen AG“: Die Entlassung („layoff“) von Killy habe einen | |
| „vollkommen anderen Hintergrund“ gehabt als in dem Artikel dargestellt, | |
| heißt es da. Die im Text erhobenen Vorwürfe entsprächen nicht den | |
| Tatsachen. Man habe sich vor dem Arbeitsgericht „im besten Einvernehmen | |
| getrennt“. | |
| ## Protestwelle gegen pro-israelische Kommentare | |
| Auf jeden Fall richtig ist, dass Stillschweigen vereinbart wurde. Killy | |
| sagt daher, er habe nie behauptet, er sei wegen seiner politisch | |
| engagierten Kommentare gefeuert worden. Aber was „Israel National News“ von | |
| ihm zitiert werde, das stimme. | |
| Killy ist ein engagierter Journalist. Ehrenamtlich fungiert er als Sprecher | |
| der jüdischen Gemeinde in Hamburg. Er hat sich pointiert auch zu | |
| Griechenland geäußert und Edward Snowden Geheimnisverrat vorgeworfen. Um | |
| Killys Israel-Kommentare hat es von Anfang an Streit gegeben, diverse | |
| Leserbriefe und auch Protestbriefe an den Verlag. | |
| Der Boykott-Aufruf gegen israelische Waren fiel zwar nicht in seine Zeit | |
| beim Weser-Kurier, aber die Bremer Protagonisten dieses Aufrufs waren auch | |
| Protagonisten des Protestes gegen Killy. Einer von Killys ersten | |
| Kommentaren hatte sich im Februar 2014 gegen die „irrsinnige | |
| Boykottdebatte“ gerichtet und forderte Angela Merkel auf, „sich klar dazu | |
| zu bekennen, dass es eine Zweistaaten-Lösung nur gibt, wenn die | |
| Palästinenser Israel endlich als jüdische Nation anerkennen“. | |
| Die Position von Killy war bekannt, als er beim Weser-Kurier Anfang 2014 | |
| eingestellt wurde. „Der zeitgenössische Antisemitismus verbirgt sich hinter | |
| Israel-Kritik“, hatte er ein halbes Jahr vorher – damals noch als | |
| Bild-Redakteur – erklärt: „Die unsichtbare Tyrannei der Political | |
| Correctness führt häufig zur Schere im Kopf, wenn es darum geht, über | |
| Israel zu schreiben.“ Dagegen versuchte er anzuschreiben – im Weser-Kurier | |
| dann aus seiner Machtposition des Chefs vom Dienst heraus. Die Regierung | |
| Israels, so seine Überzeugung, kann gar nicht anders, als so zu handeln, | |
| wie sie es tut. | |
| ## Der neue Chefredakteur greift durch | |
| Ein Jahr ging das, trotz der internen Debatten. Sechs Wochen nachdem der | |
| neue Chefredakteur Moritz Döbler ins Amt kam, ging das nicht mehr. | |
| Er habe seine Funktion als CvD nicht erfüllt, sondern eher in seinem | |
| Zimmerchen gesessen und politische Texte geschrieben, heißt es in der | |
| Redaktion zur Rechtfertigung des Rauswurfs. Der Weser-Kurier hat Killy aber | |
| keine Stelle als Autor angeboten. Offensichtlich passt der streitbare | |
| Springer-Journalist nicht in Döblers Konzept von einem eher ausgewogenen | |
| Debatten-Organ, das Rücksicht nimmt auf verschiedene Lesergruppen. Der CvD | |
| hatte das Vertrauen des neuen Chefs nicht. | |
| Insofern dürfte der Hinweis auf die Rücksicht, die man als Autor einer | |
| Monopolzeitung nehmen muss, den Kern des Konflikts treffen. | |
| 26 Nov 2015 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.israelnationalnews.com/Articles/Article.aspx/17824#.VldDK0aNfup | |
| ## AUTOREN | |
| Klaus Wolschner | |
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