# taz.de -- Putins Allianz im Kampf gegen den IS: Und Assad? | |
> Im Kampf gegen den IS nähern sich Russland, Frankreich und die USA | |
> einander an. Es könnte eine starke Allianz entstehen – wäre da nicht eine | |
> Frage. | |
Bild: Er wird noch gebraucht: Syriens Präsident Baschar Hafiz al-Assad. | |
GENF taz | Unter dem Eindruck der verheerenden Anschläge des „Islamischen | |
Staats“ auf Ziele in Paris und ein russisches Passagierflugzeug über | |
Ägypten rücken Frankreich, Russland und die USA im Kampf gegen die | |
Terrormiliz und bei den Bemühungen um eine Beendigung des Syrienkriegs | |
enger zusammen. | |
Allerdings bestehen weiter Differenzen zwischen Russland, den USA, | |
Frankreich sowie der Türkei, Saudi-Arabien und dem Iran über die weitere | |
Rolle des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad sowie hinsichtlich der | |
Einstufung innersyrischer Konfliktakteure als Terroristen oder als | |
legitime, an künftigen Verhandlungen zu beteiligende Oppositonsgruppen. | |
Die Formulierungen zu diesen Fragen in dem am Montag von Moskau vorgelegten | |
Resolutionentwurf des UN-Sicherheitsrats zur Bekämpfung des IS stoßen auf | |
Bedenken in Washington, Paris und London. Ein für kommenden Donnerstag | |
geplantes Treffen zwischen den Präsidenten François Hollande, Wladimir | |
Putin und Barack Obama könnte zur Überwindung einiger Differenzen führen. | |
Frankreichs Außenminister Laurent Fabius erklärte am Donnerstag, die | |
russische Führung beteilige sich „aufrichtig am Kampf gegen den islamischen | |
Fundamentalismus“. Nach Angaben des Kreml haben Hollande und Putin eine | |
„Zusammenarbeit“ der Streitkräfte und Geheimdienste bei Einsätzen gegen d… | |
IS vereinbart. Das geht weiter als die Mitte Oktober zwischen den | |
Militärführungen Russlands und der USA verabredeten Sicherheitsmaßnahmen, | |
um Zusammenstöße zwischen Kampfflugzeugen beider Länder im syrischen | |
Luftraum zu vermeiden. | |
## „Vielleicht ist diese große Koalition möglich“ | |
Am Dienstag hatte Putin seine Militärs angewiesen, französische | |
Streitkräfte „wie Verbündete“ zu behandeln. Namentlich richtete der | |
Präsident diesen Befehl an den Kapitän des Kreuzers „Moskwa“, das | |
Führungsschiff der im östlichen Mittelmeer vor der syrischen Küste | |
kreuzenden russischen Flottenverbands, dem sich französische Kriegsschiffe | |
unter Führung des Flugzeugträgers „Charles de Gaulle“ nähern. | |
Eine militärische Koalition zwischen Paris und Moskau, wie es sie seit dem | |
Zweiten Weltkrieg gegen Nazideutschland nicht mehr gegeben hat? „Es ist zu | |
früh, davon zu reden“, bremste Putin-Sprecher Dmitri Peskow. Nachdem | |
russische Marschflugkörper am Dienstag in der IS-Hochburg al-Rakka | |
einschlugen, die am selben Tag auch intensiv von französischen | |
Kampfflugzeugen bombardiert wurde, erklärte Frankreichs | |
Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian jedoch: „Vielleicht ist diese | |
große Koalition möglich, weil Russland sich bewegt hat.“ | |
Die russischen Angriffe auf al-Rakka erfolgten, nachdem der russische | |
Geheimdienst FSB festgestellt hatte, dass der russische Airbus mit 224 | |
Passagieren durch eine Bombe an Bord zum Absturz über der ägyptischen | |
Sinai-Wüste gebracht wurde. Inzwischen liegt eine zweite – noch nicht | |
authentifizierte – Bekennererklärung des IS vor, die sogar ein Bild der | |
Bombe und Details über ihr Versteck im hinteren Passagierraum des Airbus | |
enthält. | |
Russlands Außenminister Sergei Lawrow bezeichnete den Anschlag als „Angriff | |
auf den Staat“. Wer russische Bürger ermorde, attackiere das ganze Land. | |
Russland werde „mit allen Mitteln von seinem Recht auf Selbstverteidigung | |
laut Artikel 51 UN-Charta Gebrauch machen – ob politisch, militärisch oder | |
mit Hilfe von Geheimdiensten“. | |
## Assad und die Wahl 2017 | |
US-Präsident Obama erklärte am Mittwoch, bei der Syrienkonferenz in Wien am | |
letzten Samstag sei Russland „ein konstruktiver Partner“ gewesen und habe | |
versucht, einen „politischen Übergang“ in Syrien zu erreichen. Daher habe | |
sich die Konferenz auf einen ab Januar 2016 laufenden 18-Monats-Zeitplan | |
für diesen Übergang bis zu Parlaments- und Präsidentschaftswahlen geeinigt | |
– trotz fortdauernder Meinungsverschiedenheiten über die Zukunft des | |
syrischen Staatschefs Assad. | |
Zwar besteht zwischen Washington und Moskau informell ein Konsens, dass | |
Assad bei den angestrebten Präsidentschaftswahlen Mitte 2017 nicht mehr | |
antreten soll. Doch mit Blick auf eine etwaige Rolle Assads bei künftigen | |
Verhandlungen mit der Opposition sowie in einer Übergangsregierung bis zu | |
den Wahlen lässt der russische Entwurf für eine Resolution des | |
UN-Sicherheitsrats mehr Spielraum, als die USA, Frankreich, Großbritannien | |
sowie Saudi-Arabien, die Türkei und vor allem die innersyrischen | |
Oppositionskräfte gegen Assad bislang zu akzeptieren bereit sind. | |
„Wir dürfen nicht glauben, dass es eine Lösung mit Assad geben könnte, aber | |
wir dürfen auch nicht den Fehler machen zu glauben, dass es eine Lösung | |
ohne Assad geben wird“, brachte der EU-Kommissionspräsident Claude Juncker | |
das Dilemma am Donnerstag auf den Punkt. Neben diesen Differenzen dürfte | |
auf der Tagesordnung des Treffens zwischen Hollande, Putin und Obama auch | |
die Frage stehen, ob – wie von Moskau und dem Iran verlangt – neben dem IS | |
auch die Al-Nusra-Front und andere islamistische Milizen in Syrien als | |
Terrororganisationen eingestuft werden sollen. Darunter fielen auch | |
Gruppen, die von Saudi-Arabien, der Türkei, Katar, zum Teil auch von den | |
USA als legitime Oppositionsgruppen betrachtet und unterstützt wurden und | |
die an künftigen Verhandlungen mit dem Assad-Regime zu beteiligen wären. | |
Schließlich gilt es auch, sich auf Mitglieder des Assad-Regimes zu einigen, | |
die als Verhandlungsgegenüber für die Opposition akzeptabel wären. Putin | |
will nach Angaben russischer Diplomaten seine Amtskollegen aus Washington | |
und Paris zu Maßnahmen für eine bessere Umsetzung der Resolution des | |
Sicherheitsrats vom September 2014 drängen, mit der alle 193 | |
UN-Mitgliedstaaten unter Androhung von Sanktionen verpflichtet wurden, auf | |
ihrem Territorium Finanzierungsquellen des IS auszutrocknen und die | |
Rekrutierung neuer IS-Kämpfer zu unterbinden. | |
19 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Andreas Zumach | |
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