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# taz.de -- Gedenken in Tschechien: Totengräber der Samtenen Revolution
> Präsident Miloš Zeman missbraucht den Feiertag der Meinungsfreiheit, um
> vor ausgesuchtem Publikum gegen Flüchtlinge zu hetzen.
Bild: Gegen Putin: Auch so wurde an den Jahrestag der Samtenen Revolution erinn…
Prag taz | Selbst in einer geschichtsträchtigen Stadt wie Prag gibt es kaum
einen Ort, der so sehr den Kampf junger Menschen für Freiheit und
Demokratie symbolisiert, wie der Albertov-Campus der Prager
Karlsuniversität unweit des Stadtzentrums. Es war hier, wo sich 1939 die
Studentenproteste gegen die Naziokkupation konzentrierten, die am 17.
November 1939 in die Schließung aller tschechischen Universitäten und
Repressalien gegen ihre Vertreter mündeten.
Und es war hier, wo 50 Jahre später eine Gedenkdemonstration zur Samtenen
Revolution wurde, die den Lauf der tschechischen Geschichte verändern
sollte.
Es war auch am Albertov-Campus, wo die Samtene Revolution an ihrem 26.
Geburtstag zu Grabe getragen wurde. Ihr Totengräber: Präsident Miloš Zeman.
Denn der missbrauchte diesen Feiertag der Meinungsfreiheit, um die
Spaltung, die sich seit seiner Wahl 2013 in der tschechischen Gesellschaft
auftut, weiterzutreiben.
Zeman hatte sich entschlossen, den Jahrestag der Revolution damit zu
verbringen, rechtspopulistische Kräfte des „Blocks gegen den Islam“ bei
einer Kundgebung am Albertov-Campus zu unterstützen. Das hatte nicht nur
zur Folge, dass der Ort schon Stunden zuvor hermetisch von der Polizei
abgeriegelt wurde. Denn die Staatsmacht musste den Präsidenten vor seinem
eigenen Volk beschützen, das ihn bei den Feiern 2014 mit Eiern beworfen
hatte. In diesem Jahr durften nur ausgesuchte Gäste in die Nähe des
Podiums: ausgewiesene Fans von Zeman, Mitglieder des Blocks gegen den
Islam.
Die Kundgebung war ein Affront gegen die Ideen der Revolution von 1989, zu
denen auch der Wunsch gehörte, „zurück nach Europa“ zu gelangen. Es war
eher ein zentralasiatisches Flair, das Zeman und der Block gegen den Islam
in diesem Jahr nach Albertov brachten. Auf dem Podium prangte die Losung
„Lang lebe Zeman“. Davor der Präsident mit Martin Konvička, dem Führer d…
Blocks gegen den Islam, der Putin-Lobbyist Martin Nejedlý, der zu Zemans
Beratern gehört, sowie die obligatorischen klatschenden Zeman-Freunde.
In seiner Rede setzte Zeman Flüchtlinge mit Terroristen gleich und erklärte
all diejenigen, die nicht mit ihm konform gingen, zu einer „brüllenden
Herde“. Mit im Publikum saßen auch Mitglieder der Führungsriege von Pegida.
Die Dorfstammtische Mitteleuropas haben sich gefunden.
18 Nov 2015
## AUTOREN
Alexandra Mostyn
## TAGS
Tschechien
Milos Zeman
Revolution
Jahrestag
1989
Tschechien
Tschechien
Hotel
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt AfD
Schwerpunkt Flucht
Milos Zeman
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