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# taz.de -- Islamfeinde wollen in München laufen: Pegida-Aufmarsch am 9. Novem…
> Das Gericht verschob eine geplante Pegida-Demo auf Dienstag. Werden sie
> trotzdem am Jahrestag der Novemberpogrome marschieren?
Bild: Pegida-Anhänger bei einer Versammlung in München am 20. Juli 2015
München taz | Marschieren sie nun auf oder nicht? Halt, nein: Von Marsch
war nicht die Rede. Einen friedlichen Spaziergang durch Schwabing hatten
die Münchner Pegida-Anhänger angekündigt. Stellt sich nun also die Frage:
Spazieren sie oder spazieren sie nicht? Eine Frage, die am Sonntag noch
nicht zu beantworten war.
Der 9. November ist nicht irgendein Datum. Und München ist nicht irgendeine
Stadt. Zwei ebenso wahre wie schlichte Beobachtungen – denen allerdings mit
Blick auf die aktuelle Diskussion um Demonstrationskultur in München im
Allgemeinen und um Pegida im Besonderen eine besondere Bedeutung zukommt.
Denn die Stadt, die sich später gern mit so lieblichen Beinamen wie
„Millionendorf“ oder „Weltstadt mit Herz“ schmückte, wurde schließlich
früher auch schon als „Hauptstadt der Bewegung“ gefeiert. Der 9. November
1923 wiederum war der Tag des Hitlerputsches. Und am selben Tag 15 Jahre
später wüteten die Nazis in der sogenannten Reichskristallnacht.
Irgendwie verständlich also, dass die Stadt München wenig Interesse daran
hat, an diesem symbolstarken Datum die rechtsorientierten Anhänger von
Pegida durch die Stadt laufen zu sehen.
## Demo an Feldherrnhalle untersagt
Aber Montag ist bekanntlich Pegida-Tag, und so hatte das islamfeindliche
Bündnis auch für diesen Montag eine Demonstration geplant – an der
Feldherrnhalle. Also genau dort, wo 1923 Hitlers „Marsch auf Berlin“ sein
jähes und blutiges Ende fand. Doch das Kreisverwaltungsreferat untersagte
die Demo in der vergangenen Woche.
Kurz darauf gab es einen weiteren Antrag: Nun wollten sich die
selbsternannten Patrioten auf der Leopoldstraße treffen – zwischen
Siegestor und Münchner Freiheit. Dabei nahm das Bündnis jetzt bewusst Bezug
auf ein ganz anderes historisches Ereignis: „Fall der Mauer am 9.11. Mit
friedlichen Spaziergängen die Politik gestalten, damals wie heute“ lautete
das neue Motto.
Dies passt zwar zu den Leipziger Montagsdemos von 1989, auf die Pegida ja
mit den eigenen Kundgebungen Bezug nimmt, wirkt aber zugleich wie ein allzu
offensichtlicher Versuch, einfach nur das erste Verbot zu umgehen. Prompt
erteilte das Kreisverwaltungsreferat Pegida am Donnerstag auch für diese
Demo eine Absage und verlegte sie auf Dienstag.
Als Grund für seine Entscheidung nannte Behördenchef Wilfried Blume-Beyerle
den Wunsch, „die Würde der Opfer des NS-Regimes zu schützen“. Man befürc…
bei einer Demo hetzerische Thesen und antisemitische Provokationen.
## Vom Verfassungsschutz beobachtet
„Es wäre eine unerträgliche Vorstellung“, so Blume-Beyerle, „wenn am Tag
der Reichspogromnacht, die in München ihren Ausgangspunkt hatte,
extremistische und rassistische Versammlungen auf Münchens Straßen oder gar
auf symbolträchtigen Plätzen stattfinden würden.“
Die Befürchtung Blume-Beyerles ist nach den bisherigen Erfahrung mit
Bayerns Pegida nicht ganz abwegig. Denn gerade hierzulande hat man es mit
einem ganz besonderen Schlag von Montagsdemonstranten zu tun. So ist es
kein Zufall, dass in Bayern Pegida anders als in anderen Bundesländern vom
Verfassungsschutz beobachtet wird.
Nachdem der Nürnberger Ableger schon länger unter Beobachtung stand, kamen
vor zwei Wochen noch Pegida München und Pegida Franken wegen ihrer
besonderen Nähe zum Rechtsextremismus dazu. In München waren die Parolen
immer ein wenig hetzerischer als andernorts.
Außerdem war aufgefallen, dass auf den Kundgebungen immer auch
polizeibekannte Neonazis mitmarschiert waren. Gegen den Münchner
Pegida-Chef Heinz Meyer ermittelt laut Süddeutscher Zeitung sogar das
Landeskriminalamt. Meyer werde der Bildung einer terroristischen
Vereinigung verdächtigt.
## Kontakt zu gewaltbereitem Neonazi
Dazu würde passen, dass der Pegida-Chef sich offensichtlich gut mit dem
Neonazi Martin Wiese versteht. Der war nach einem geplanten
Sprengstoffattentat auf Jüdische Zentrum München im Jahr 2003 zu einer
siebenjährige Haftstrafe verurteilt worden.
Gerade in den letzten Wochen suchte Pegida bewusst Orte der Erinnerung an
die Gräueltaten der Nazidiktatur auf, wie etwa den
Geschwister-Scholl-Platz, den Platz der Opfer des Nationalsozialismus, den
Königsplatz oder die Feldherrnhalle.
Das Kreisverwaltungsreferat versuchte, die Demonstrationen zu unterbinden
oder an weniger sensible Orte zu verlegen. Das Verwaltungsgericht hatte
diese Entscheidungen allerdings mehrfach kassiert.
So folgten die Richter beispielsweise der Pegida-Argumentation, man wolle
nur an der Feldherrnhalle vorbeiziehen, weil in der Theatinerkirche gleich
gegenüber die Ehefrau von Max Emanuel II. begraben sei. Und der Kurfürst
sei als Verteidiger von Wien schließlich ein großer Verteidiger
europäischer Werte gewesen.
Gegen das Verbot der Versammlung an der Münchner Freiheit legte Pegida am
Freitag Widerspruch ein. Über den Eilantrag auf Zulassung der angemeldeten
Versammlung wird das Verwaltungsgericht München voraussichtlich am
Montagvormittag entscheiden.
Der Verfassungsschutz gibt sich gelassen. „Unsere Aufmerksamkeit
konzentriert sich nicht nur auf einzelne Daten“, sagte ein Sprecher der
Behörde der taz. Falls sich die Islamfeinde jedoch auch an diesem Montag
auf den Weg machen, dürften auch ein paar Beamte die Gelegenheit zu einem
Spaziergang nutzen.
8 Nov 2015
## AUTOREN
dominik baur
margarete moulin
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