# taz.de -- Undercover-Methoden in Hamburg: Verdeckter Einsatz kommt vor Gericht | |
> Der Radiosender FSK klagt wegen der verdeckten Ermittlerin Iris P. gegen | |
> die Innenbehörde. Auch eine Ex-Geliebte der Polizistin zieht vor Gericht. | |
Bild: Spitzel-Einsatz im Sendestudio? Das wäre ein Verstoß gegen die Pressefr… | |
HAMBURG taz | Exakt ein Jahr nach der Enttarnung der verdeckten Ermittlerin | |
Iris P. hat der Hamburger Radiosender „Freies Sender Kombinat“ (FSK) beim | |
Verwaltungsgericht Klage gegen die Hamburger Innenbehörde eingereicht. „Es | |
geht darum, den Sachverhalt bestmöglich aufzuklären“, erklärte Martin | |
Trautvetter von der Geschäftsführung des linken Projekts, „und | |
vergleichbaren Maßnahmen in der Zukunft vorzubeugen.“ Die heute 42-jährige | |
Polizistin P. hatte unter dem Alias „Iris Schneider“ zwischen 2000 und 2006 | |
linke Strukturen ausgeforscht, ab 2003 auch direkt beim FSK (taz | |
berichtete). | |
Details und Auftraggeber, Hinter- und Beweggründe der verdeckten | |
Ermittlungen liegen bis heute weitgehend im Dunkeln. Nach anfänglichen | |
Dementis hat die Hamburger Polizei P.s Einsatz zwar eingeräumt, die | |
Einsatzleiter – die „VE-Führer“ – wollen jedoch nie ein Eindringen P.s… | |
den Radiosender angeordnet haben. | |
Fest steht, dass Iris P. von 2002 bis 2006 im Auftrag der | |
Bundesanwaltschaft als verdeckte Ermittlerin im Einsatz war, parallel dazu | |
aber auch für das Landeskriminalamt als verdeckte Aufklärerin. In dieser | |
Funktion hätte sie keinesfalls Privatwohnungen betreten dürfen. Für das FSK | |
„steht außer Frage, dass angesichts der schwerwiegenden Verletzung der | |
Presse- und Rundfunkfreiheit eine gerichtliche Befassung mit der ‚Causa | |
Iris Schneider‘ erforderlich ist“, sagt Rechtsanwalt Carsten Gericke, der | |
die Feststellungsklage für den Sender eingereicht hat. Es gehe zudem | |
„darum, dass das regelmäßige Betreten und Aufhalten in den Redaktionsräumen | |
rechtswidrig war“. | |
Pressefreiheit setze auf das Vertrauen unter den Redaktionsmitgliedern und | |
der Informanten, sagt Regina Mühlhäuser von der FSK-Redaktion | |
„re(h)v(v)o(l)lte“, die den Fall P. öffentlich gemacht hatte. „Wenn eine | |
Person an Redaktionsarbeit, Sendungsvorbereitung und -produktion beteiligt | |
ist, die ohne das Wissen der anderen ihr Gehalt von der Polizei bezieht, | |
wird die Pressefreiheit zur Farce.“ | |
Unterdessen widerspricht die Anwältin Daniela Hödl Hamburgs Innensenator | |
Michael Neumann (SPD), der Mitte Oktober vor dem Innenausschuss der | |
Bürgerschaft gesagt hatte, die „anonymen Anschuldigungen“ gegen Iris P. | |
wegen gezielt eingegangener Liebesbeziehungen seien nicht zu verifizieren – | |
die Betroffenen, so Neumann, sollten „Gesicht zeigen“. Hödl nun weist | |
darauf hin, dass eine Mandantin, die sich damals in der queerfeministischen | |
sowie Bauwagenszene bewegte, im September sehr wohl vor der Polizei | |
ausgesagt habe – und zwar, dass sie von Herbst 2005 bis zu deren | |
Verschwinden im April 2006 eine intime Beziehung mit P. gehabt habe. | |
Die Initiative für die erste Verabredung der beiden sei von Iris P. | |
ausgegangen, sagt Hödl: „Sie trafen sich während dieses Zeitraums mehrmals | |
pro Woche, selbstverständlich auch in den jeweiligen Wohnungen.“ Demnach | |
übernachtete P. bei Hödls Mandantin und hielt sich auch alleine in deren | |
Wohnung auf. | |
Eine andere Frau, die zuvor mit Iris P. liiert und drei Mal mit ihr im | |
Urlaub gewesen war, hat am Dienstag ebenfalls Klage vor dem | |
Verwaltungsgericht eingereicht: wegen „schweren Eingriffs in die | |
Persönlichkeitsrechte“. | |
5 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Kai von Appen | |
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