# taz.de -- Sparmaßnahmen in Griechenland: Gürtel enger, sonst Hahn zu | |
> Die Reformen in Griechenland gehen den Gläubigern nicht schnell genug. | |
> Deswegen wollen sie Finanzhilfen zurückhalten. | |
Bild: Der Ausverkauf in Griechenland hat begonnen, geht den Gläubigern aber ni… | |
ATHEN taz | So sah es auch Valdis Dombrovskis: „Es gibt keine Zeit mehr zu | |
verlieren“, mahnte der Vizepräsident der EU-Kommission am Dienstag nach | |
einem Treffen mit Linkspremier Alexis Tsipras. Drei Monate nach der | |
dramatischen Abwendung des „Grexit“ ist die Griechenland-Rettung nämlich | |
schon wieder ins Stocken geraten. Weil Athen nicht spurt, drohen die | |
Geldgeber – Europäische Zentralbank (EZB), EU-Kommission und | |
Internationaler Währungsfonds (IWF)–, den Griechen den Geldhahn zuzudrehen. | |
Im Sommer hatte sich Tsipras zu einem „Katalog der Grausamkeiten“ im | |
Gegenzug für weitere Finanzhilfen verpflichtet. Über 220 Spar- und | |
Reformmaßnahmen, auch „Milestones“ genannt, stehen an. 48 davon sollten bis | |
Mitte Oktober in Athen beschlossen werden, damit die Kontrolleure der | |
Geldgeber ihren Bericht den Euro-Finanzministern Mitte November vorlegen | |
können. Ursprünglich sollten die ersten 2 der verbleibenden 3 Milliarden | |
Euro aus der ersten Kredittranche im Oktober ausgezahlt, eine weitere | |
Milliarde im November fällig werden. | |
Doch statt 48 hat die Regierung bisher nur 14 „Meilensteine“ umgesetzt. | |
Besonders umstritten ist der Umgang mit faulen Krediten, deren Gesamtsumme | |
auf 100 Milliarden Euro geschätzt wird. Sollte Tsipras die von den | |
Geldgebern gewünschte Regelung in Kraft setzen, drohte acht von zehn | |
Hauskreditnehmern die Zwangsräumung, heißt es. | |
Die „Institutionen“ sehen es anders: Nach derzeitigen Regelungen seien 72 | |
Prozent der insolventen griechischen Haushalte vor Zwangsräumungen | |
geschützt, klagt die Eurogruppe. Da es bei vielen Fällen um Häuser im Wert | |
von über 300.000 Euro gehe, sei das für die EU-Institutionen „nicht | |
akzeptabel“– zumal die Banken dringend das Geld aus Zwangsversteigerungen | |
brauchen. „Ich werde Griechenland nicht zur Vollstreckungsarena umwandeln“, | |
sagte hingegen Tsipras. | |
## Keine Steuerentlastung für Kitas | |
Für politischen Sprengstoff sorgt auch die neue Umsatzsteuer in Höhe von 23 | |
Prozent für Privat- und Sprachschulen, die Einnahmen in Höhe von 240 | |
Millionen Euro bringen soll. Einen Kompromissvorschlag über eine niedrigere | |
Besteuerung von Kindergärten und Sprachschulen lehnte die EU-Kommission ab. | |
„Wir werden trotzdem auf unseren Vorschlag bestehen“, erklärte | |
Vize-Bildungsministerin Sia Anagnostopoulou. | |
Tsipras soll am Donnerstag ein Gesetz zur Bankenrekapitalisierung durch das | |
Parlament bringen. Auch damit hinkt die Regierung hinterher. | |
EU-Vizekommissionspräsident Dombrovskis mahnte in Athen, sollte die | |
Rekapitalisierung nicht bis Jahresende bewerkstelligt sein, drohten vielen | |
Sparern und Unternehmen mit Guthaben von mehr als 100.000 Euro Verluste, | |
was wiederum Pleiten nach sich ziehen könne. | |
Geht das Gesetz am Donnerstag durch, käme Athen der Auszahlung der zwei | |
Rettungsmilliarden immerhin wieder etwas „näher“, hieß es am Dienstag in | |
Eurogruppenkreisen. | |
27 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Jannis Papadimitriou | |
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