# taz.de -- Studie der Bertelsmann-Stiftung: Die jungen Krisenverlierer | |
> Den Alten geht es besser, die junge Generation rutscht ab. Beinahe jeder | |
> dritte Jugendliche in der EU ist von Armut und sozialer Ausgrenzung | |
> bedroht. | |
Bild: Besonders Kinder und Jugendliche in Südeuropa leiden unter der europäis… | |
BERLIN rtr | Kinder und Jugendliche in Südeuropa sind einer Studie zufolge | |
die Hauptverlierer der europäischen Wirtschafts- und Schuldenkrise. | |
Mittlerweile seien in Spanien, Griechenland, Italien und Portugal 7,6 | |
Millionen der unter 18-Jährigen von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht, | |
heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten [1][Studie der Bertelsmann | |
Stiftung]. | |
Das seien 1,2 Millionen mehr als vor Ausbruch der Finanzkrise 2007. Dem | |
jährlich erhobenen „Social Justice Index“ zufolge hat sich außerdem die | |
soziale Kluft zwischen Jung und Alt vertieft. So seien im Verlauf der Krise | |
die Altersbezüge nicht so stark geschrumpft wie die Einkommen junger | |
Menschen. | |
Nach der Studie sind in der EU insgesamt rund 26 Millionen Kinder und | |
Jugendliche von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. Das entspricht 27,9 | |
Prozent der gesamten Altersgruppe. Sie lebten entweder in Haushalten mit | |
weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens, litten unter schweren | |
materiellen Entbehrungen oder wüchsen in quasi-erwerbslosen Haushalten auf. | |
Geringe Zukunftschancen hätten auch die 5,4 Millionen jungen Menschen von | |
20 bis 24 Jahren in der EU ohne Beschäftigung oder einen Ausbildungsplatz. | |
Allein in Spanien kletterte ihr Anteil seit 2007 von 16,6 auf 24,8 Prozent, | |
in Italien von 21,6 auf 32 Prozent. Nur in Deutschland und Schweden hat | |
diese Altersgruppe in den vergangenen Jahren an Zukunftsperspektive | |
gewonnen. | |
## Eine verlorene Generation | |
Mit dem EU-Gerechtigkeitsindex untersucht die Bertelsmann Stiftung jährlich | |
anhand von 35 Kriterien die Teilhabechancen in den 28 EU-Mitgliedstaaten. | |
Dabei werden Armut, Bildung, Arbeitsmarkt, Gesundheit, | |
Generationengerechtigkeit sowie gesellschaftlicher Zusammenhalt und | |
Nicht-Diskriminierung betrachtet. Deutschland belegt in dem Index den | |
siebten Rang. | |
In der längerfristigen Beobachtung driften europaweit auch die Generationen | |
auseinander. So hat sich der Anteil der von Armut und sozialer Ausgrenzung | |
bedrohten über 65-Jährigen seit 2007 von 24,4 auf 17,8 Prozent verringert. | |
Verschärft wird die gegensätzliche Entwicklung zwischen Jung und Alt der | |
Studie zufolge durch drei europaweite Trends: Steigende Verschuldung der | |
öffentlichen Haushalte belastet vor allem die jüngeren Generationen. | |
Zukunftsinvestitionen in Bildung sowie Forschung und Entwicklung | |
stagnieren, und alternde Gesellschaften erhöhen den Druck auf die | |
Finanzierbarkeit sozialer Sicherungssysteme. | |
## Lage in Deutschland positiv | |
„Wir können uns eine verlorene Generation in Europa weder sozial noch | |
ökonomisch leisten“, warnte Stiftungschef Aart De Geus. Die bestehende | |
Beschäftigungsgarantie und -initiative der EU für junge Menschen müsse | |
konsequent umgesetzt werden. | |
In Deutschland schlägt dem Index zufolge vor allem die sehr gute Lage am | |
Arbeitsmarkt positiv zu Buche. Mit 73,8 sei die Beschäftigungsquote die | |
zweithöchste hinter Schweden. Außerdem habe die Bundesrepublik mit 7,7 | |
Prozent die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit. | |
Allerdings arbeiteten 40 Prozent der Arbeitnehmer in atypischen | |
Beschäftigungsformen. Zudem sei der Anteil der Menschen, die trotz | |
Vollzeitjobs von Armut bedroht seien, zwischen 2009 und 2013 von 5,1 auf | |
6,3 Prozent gestiegen. | |
27 Oct 2015 | |
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[1] https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2015/oktob… | |
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