| # taz.de -- Comic „Das UPgrade“: Superhelden made in GDR | |
| > Die Autoren Ulf S. Graupner und Sascha Wüstefeld erinnern in „Das | |
| > UPgrade“ an ihre Ost-Kindheit – ein wilder und gelungener Genremix. | |
| Bild: Superheld und Pionier: Ronny Knäusel. | |
| Ist von Superhelden die Rede, dann denkt man an übermenschliche Kräfte und | |
| Probleme mit der Geheimidentität, an bunte Kostüme, abgefeimte | |
| Superschurken und die Straßenschluchten amerikanischer Großstädte. An eines | |
| aber denkt man bestimmt nicht: die DDR. | |
| Genau dort, in Dresden, ist Ronny Knäusel zu Hause, Jungpionier der zweiten | |
| Klasse in der Polytechnischen Oberschule „Fritz Heckert“. Im Sommer 1973, | |
| ausgerechnet an dem Tag, an dem er Kindergeburtstag feiern will, entdeckt | |
| Ronny, dass er in der Lage ist, sich durch Gedankenkraft blitzschnell von | |
| einem Ort zum anderen zu bewegen. | |
| So landet er unversehens in Ostberlin, wo anlässlich der mit großem Aufwand | |
| gefeierten Weltfestspiele der Jugend der kalifornische Rockstar Cosmo | |
| Shleym auftritt. Mit dessen Song „Palms in Sorrow“ scheint die | |
| Teleportationskraft des Siebenjährigen auf geheimnisvolle Weise verbunden | |
| zu sein. Ein paar Jahre später, als Ronny erwachsen ist, wird er | |
| DDR-Bürger, die ihre Heimat verlassen wollen, mit seiner Gabe gefahrlos | |
| über die Grenze transportieren. | |
| „Das UPgrade“ lässt zusammenwachsen, was nicht zusammengehört. Im | |
| Aufeinandertreffen der Gegensätze liegt für Sascha Wüstefeld und Ulf S. | |
| Graupner der Reiz ihrer Serie. „Es geht“, wie Wüstefeld erklärt, „nicht… | |
| um die USA und die DDR, sondern auch darum, zwei sehr unterschiedliche | |
| Figuren zusammenzubringen: den Star und das Kind, später den alten und den | |
| jungen Mann, die lebende Legende und den Loser. Kontraste interessieren uns | |
| allgemein sehr, deswegen ist unser Comic so ein wilder Genremix geworden“. | |
| ## DDR-Kindheit mit Beach Boys und Science Fiction | |
| Die beiden Künstler, die an Text und Zeichnungen gleichermaßen beteiligt | |
| sind, verarbeiten in „Das UPgrade“ Erinnerungen an die eigene Kindheit in | |
| der DDR ebenso detailreich und witzig wie ihre Liebe zur Musik, speziell | |
| zum oft melancholisch eingefärbten Sunshine Pop der Beach Boys. | |
| Der gealterte Cosmo ähnelt dem späten, übergewichtigen Elvis, in seinem | |
| Schwanken zwischen Genie und Wahnsinn trägt er aber eindeutig die Züge | |
| Brian Wilsons. Dazu kommt ein kräftiger Schuss Science-Fiction. | |
| „Das UPgrade“ setzt im Jahr 2738 vor Christus ein, als eine rätselhafte | |
| kosmische Substanz in der Gegend des heutigen Mexiko eintrifft, zeitgleich | |
| mit einer außerirdischen Agentin, die fortan in wechselnden Gestalten durch | |
| die Weltgeschichte reist und als atombusige, energische Krankenschwester an | |
| der Entbindung des kleinen Ronny beteiligt ist. Wie das alles | |
| zusammengehört, wird in der insgesamt auf zehn Bände angelegten Serie erst | |
| nach und nach deutlich werden. | |
| ## Nicht lineare Andeutungen | |
| Allerdings gibt es schon einige Andeutungen, da Graupner und Wüstefeld | |
| nicht linear erzählen, sondern zwischen den Handlungsmomenten, die zu sehr | |
| verschiedenen Zeiten spielen, abrupt hin und her springen. Der dynamische | |
| und überdreht visuelle Stil des „UPgrade“ ist von Animes beeinflusst, aber | |
| auch von den klassischen Walt-Disney-Zeichentrickfilmen und deren flächigen | |
| Bildern. Wichtiges Vorbild ist zudem das DDR-Comic-Heft „Mosaik“ der | |
| Sechziger. | |
| „Damals waren Sachen möglich, die sich diese Zeitschrift, für die wir ja | |
| selbst eine Zeitlang gearbeitet haben, heute nicht mehr erlaubt“, meint | |
| Wüstefeld bedauernd. „Die Digedags waren nicht, wie nach ihnen die | |
| Abrafaxe, an die historische Wirklichkeit gebunden. Sie konnten, inspiriert | |
| von Sputnik und Gagarin, durch den Weltraum reisen und erlebten Abenteuer, | |
| die wie Drogentrips wirkten. Da gab es unglaubliche Farben und Figuren mit | |
| kuriosen Physiognomien.“ | |
| Nun wird das Werk noch einmal neu herausgebracht in einer großformatigen | |
| Ausgabe, die eine bessere Wahrnehmung des Artworks erlaubt. Drei Bände der | |
| Serie liegen bereits vor. Im Gegensatz zu anderen deutschen Autoren-Comics | |
| geht „Das UPgrade“ nicht mit einem großen Kunstanspruch hausieren. Umso | |
| beachtlicher ist, wie viel Ehrgeiz Graupner und Wüstefeld darauf verwenden, | |
| ihr Publikum zu unterhalten. | |
| 28 Oct 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Christoph Haas | |
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