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# taz.de -- Studentenunruhen in Südafrika: „Born free“ und im Aufstand
> Mit den Studentenprotesten hat sich die Post-Apartheid-Generation
> erstmals spektakulär zu Wort gemeldet. Präsident Jacob Zuma muss
> zurückstecken.
Bild: 21. Oktober: Tränengas gegen Studenten: Vor dem Parlamentsgebäude in Ka…
BERLIN taz | Massive Studentenproteste haben die südafrikanischen
Universitäten vergangene Woche in einen Ausnahmezustand versetzt. Ihr
Betrieb blieb weitgehend geschlossen und Tausende aufgebrachter Studenten
demonstrierten in vielen Teilen des Landes gegen eine Erhöhung der
Studiengebühren.
Die Polizei schritt brutal mit Tränengas und Gummigeschossen ein, doch das
Aufbegehren der Studierenden ging so weit, dass sie in Kapstadt das
Parlament stürmten und riefen: „Hört endlich zu, ihr Bonzen!“
Nach Tagen der gewaltsamen Eskalation brach die Regierung am vergangenen
Freitag tatsächlich ihr typisches Schweigen in Krisensituationen und
Präsident Jacob Zuma sah sich gezwungen, die geplante Anhebung der Gebühren
für das Jahr 2016 zurückzunehmen.
Das ist zunächst ein Erfolg für die angehenden Akademiker, allerdings ist
damit das Problem noch lange nicht aus der Welt: Für die katastrophalen
Zustände im südafrikanischen Bildungswesen ist keine Lösung in Sicht.
An der Universität Witwatersrand in Johannesburg wollen die Studenten ihre
Kampagne, „Fees Must Fall“ nicht einstellen, bis sie ihr Ziel einer freien
Bildung für alle erreicht haben, sagte am Samstag Vuyani Pambo,
Studentenführer der linksoppositionellen „Ökonomischen Freiheitskämpfer“
(EFF).
## Erinnerung an Soweto 1976
Seit dem Ende der Apartheid hat Südafrika keinen derartigen Aufstand junger
Menschen erlebt. Die wütenden, Steine werfenden Studenten erinnerten
Südafrika an die blutig niedergeschlagenen Demonstrationen schwarzer
Schulkinder in Soweto 1976.
Jetzt ging es um die Zukunft der Kinder der Generation von damals und um
die Enttäuschung der Studenten über die von der Regierung Zuma geplante
Aufstockung der durchschnittlich 3.000 Euro Jahresgebühren um 10,5 Prozent.
An die Versprechen von Expräsident Nelson Mandela, freie Bildung für alle
einzuführen, erinnert lediglich sein Denkmal am Fuße der Union Buildings.
Sein ANC hat zwar mehrmals den Bildungssektor reformiert, aber große
Versäumnisse muss sich die Regierung dennoch auf die Fahnen schreiben. Die
Leistungen von Schülern sind selbst im Vergleich mit weit ärmeren Ländern
schlecht.
Jetzt fragt sich der Minister für Hochschulbildung, Blade Nzimande, wo er
die 3 Milliarden Rand für nächstes Jahr hernehmen soll, die mit der
Aussetzung der Gebührenanhebung fehlen werden. Dazu sagen die Studenten,
dass weniger Korruption mehr Geld für ihre Ausbildung bringen könnte.
Sie sind die „born frees“, die nach der Apartheid geborene Generation, die
den ANC nicht mehr an den Leistungen der einst verehrten Befreiungsbewegung
misst, sondern an den Misserfolgen der aktuellen Politik.
## Kluft zwischen Weiß und Schwarz
Die hohe Arbeitslosigkeit und die schwächelnde Wirtschaft tragen zum Frust
der Jugend bei. Die Ungleichheit spiegelt sich an den Unis: Für die meisten
weißen Studenten sind die Gebühren leicht zahlbar – für die schwarzen
Jugendlichen aus den Townships ist das ein Balanceakt.
Häufig wissen junge Schwarze aus den Townships nicht, wie sie ihr Studium
absolvieren sollen, denn ihre Familien sind arbeitslos oder haben Mühe, mit
geringen Gehältern die Uni-Gebühren aufzubringen. Dabei ist Bildung das
wichtigste Element bei der Herstellung von mehr Chancengleichheit in
Südafrika.
„Bildung ist mein Recht, nicht ein Privileg“, sagt Mpho Tsotetsi, Studentin
an der Nord-West-Universität. Präsident Zumas Verzicht auf die
Gebührenerhöhung sei ein Schritt in die richtige Richtung, aber es stünden
weiter hohe Kosten für Bücher, Registrierung und Kurse an.
25 Oct 2015
## AUTOREN
Martina Schwikowski
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