| # taz.de -- Auftakt Porsche-Prozess: Wendelin Wiedeking im Vorwärtsgang | |
| > Der Ex-Porsche-Vorstandschef bestreitet vehement, bei seinem | |
| > Übernahmeversuch des VW-Konzerns unlautere Methoden angewandt zu haben. | |
| Bild: „Ich habe mir nichts vorzuwerfen“: Wendelin Wiedeking am Donnerstag v… | |
| Stuttgart taz | Totschläger, Vergewaltiger, Drogenhändler. Üblicherweise | |
| verkehrt Wendelin Wiedeking in anderen Kreisen, als jenen, aus denen sich | |
| die typische Klientel am Stuttgarter Landgericht rekrutiert. Doch seit | |
| Donnerstag gehört auch der ehemalige Porsche-Chef zusammen mit | |
| Exfinanzvorstand Holger Härter zu denen, die sich auf der Anklagebank | |
| wiederfinden. | |
| Vor der 13. Großen Wirtschaftsstrafkammer des Gerichts sind sie mit dem | |
| Vorwurf eines wahren „Kapitalverbrechens“ konfrontiert: | |
| „Informationsgestützte Marktmanipulation“ nennt die Staatsanwaltschaft das, | |
| mit dem die ausgemusterten Top-Manager die Übernahmeschlacht Klein gegen | |
| Groß, Porsche vs. VW, im Jahr 2008 gewinnen wollten. Sie sollen Anleger und | |
| Investoren belogen haben, um genügend Mittel für den milliardenschweren | |
| Aufkauf von über 75 Prozent der VW-Aktien samt Beherrschungs- und | |
| Gewinnabführungsvertrag parat zu haben. Dafür sieht das Strafgesetzbuch bis | |
| zu fünf Jahre Haft oder empfindliche Geldstrafen vor. | |
| Wiedeking legt zum Prozessauftakt nicht den schuldbewussten Rückwärtsgang | |
| ein. In seiner Verteidigungsrede tritt er allen Vorwürfen, die „ausnahmslos | |
| nicht zutreffen“, entgegen: „Ich habe mir nichts vorzuwerfen.“ | |
| Geradezu absurd seien die Thesen der Staatsanwaltschaft, konstatiert der | |
| 63-Jährige. In Wahrheit seien Härter und er nur wegen der noch laufenden | |
| Schadenersatzprozessen von Hedgefonds gegen Porsche angeklagt. „Die | |
| Staatsanwaltschaft leistet Schützenhilfe für Hedgefonds“, feuert er | |
| Richtung Ankläger. Auf unschuldig plädiert auch Härter, dessen Einlassungen | |
| am Nachmittag zu einer knapp zweistündigen Vorlesung über | |
| Finanzmarktinstrumente ausarten. | |
| Ausführlich schildert Wiedeking die in 2005 begonnene schrittweise | |
| Beteiligung an VW. Er bezeichnet die bis Anfang 2008 auf knapp 30 Prozent | |
| angewachsene Beteiligung als überlebensnotwendig für Porsche. Ebenso betont | |
| der Ex-Chef, dass eine höhere Beteiligung zunächst nicht in Frage gekommen | |
| sei. | |
| ## Gekränkter Stolz | |
| Mehrfach erwähnt Wiedeking seinen damals größten Widersacher Ferdinand | |
| Piëch. Der VW-Patriarch hatte während der turbulenten Übernahmephase | |
| verlauten lassen, „sein Lebenswerk nicht von einem angestellten Manager | |
| ruinieren“ lassen zu wollen. „Das ist schon bemerkenswert, wenn man | |
| bedenkt, dass in meiner Amtszeit aus den Familien Porsche und Piëch | |
| Milliardäre wurden, die mittlerweile die Mehrheit an VW halten“, lässt | |
| Wiedeking im Gerichtssaal einen gekränkten Stolz erkennen. Dass die | |
| Staatsanwaltschaft es für möglich halte, dass er sich mit Piëch verschworen | |
| habe, um VW heimlich zu übernehmen, Vorstands- und Aufsichtsratsprotokolle | |
| zu manipulieren und den Kapitalmarkt systematisch zu täuschen, sei eine | |
| intellektuelle Zumutung. „Die mir unterstellte Nähe zu Piëch schmerzt mich | |
| richtig.“ | |
| Weitaus ruhiger hatten die Staatsanwälte zuvor die Anklageschrift verlesen. | |
| In fünf Fällen, durch Interviews und per Pressemitteilungen, hätten die | |
| Angeklagten zwischen März und Oktober 2008 die beabsichtigte hohe | |
| Beteiligungsaufstockung den „verständigen Marktteilnehmern verschleiert“. | |
| Zudem hätten beide mit einer weiteren Pressemitteilung „erheblich auf den | |
| inländischen Börsenpreis der VW-Aktie eingewirkt.“ In dieser hatte Porsche | |
| verkündet, bereits 42,6 Prozent der VW-Anteile und zusätzlich 31,5 Prozent | |
| Aktienoptionen zur Kurssicherung zur besitzen. Das klang nach Marktenge und | |
| katapultierte die VW-Aktien an den darauffolgenden Handelstagen von 200 auf | |
| zeitweilig über 1.000 Euro. | |
| Bis Ende Februar nächsten Jahres will das Gericht mit 19 Zeugen und einem | |
| Sachverständigen klären, ob dabei alles mit rechten Dingen zuging. | |
| 22 Oct 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| jürgen lessat | |
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