# taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Frau ohne Unterleib | |
> Beine, die ohne Leute dran auftreten. Rezensionen, deren Buch es nicht | |
> gibt. Was kommt als Nächstes – eine Koch-Show mit Carlo von Tiedemann? | |
Bild: Der Unterleib von Frau Burmester? Womöglich. Wobei den Meisten der Aufen… | |
Hallo, taz-Medienredaktion! Du fragst dich sicherlich, wo meine Beine sind. | |
Nein, die, die am Sonntag herrenlos zwischen Jan Hofer und Thomas Roth in | |
den „Tagesthemen“ rumstanden, sind es nicht. Ich bin ja eine Frau. Und ja, | |
der Eindruck, der durch mein Kolumnenfoto entsteht, ist richtig: Hier | |
schreibt eine Frau ohne Unterleib. Womit eine weitere Obskurität in der | |
Mystery-Reihe „Halbe Körper in deutschen Medien“ Rätsel aufgibt. | |
Nun könnte die bange Frage, wo meine Beine unvermittelt auftauchen könnten | |
– „ARD Brennpunkt“ oder „Drei nach Neun“ –, die Kollegen im Bann ha… | |
Tut sie aber nicht. Viel wichtiger nämlich ist vielen der Aufenthaltsort | |
meines Kopfes. Dass das runde Köpflein mit dem Helm überraschend am Set | |
erscheint, ist eine Befürchtung, die immer wieder Medienmenschen um den | |
Schlaf bringt. Aber auch ich schlafe derzeit unruhig. Dabei geht es weniger | |
um die Frage: Welcher Tagesthemen-Mitarbeiter hat – vielleicht ohne es zu | |
bemerken – seine Beine verloren? In wessen Obhut sind die Beine jetzt? Und | |
kümmert sich der NDR ausreichend darum, den Besitzer zu finden? | |
Nein, es geht vielmehr um die Zerstörung meines Weltbildes durch das | |
Erscheinen der aktuellen Spiegel-Ausgabe. Bisher war ich davon ausgegangen, | |
das Magazin Titanic sei mit seinem Bestechungsfax im Juli 2000 maßgeblich | |
für die Vergabe der Fußballweltmeisterschaft 2006 an Deutschland | |
verantwortlich. Und nun kommen die Spiegel-Kollegen daher – ignorieren die | |
diversen Dokumente, die die Titanic-These stützen – und erzählen die | |
Geschichte ganz anders. Okay, an Beweisen lassen sie es etwas mangeln, wie | |
ausgerechnet der Bild-Sport-Chef und laut Branchendienst Meedia jahrelanger | |
Freund von Franz Beckenbauer moniert, aber sie sagen, nö, ganz Andere | |
hätten bestochen. | |
Ich finde das scheiße. Ich hätte meine Kniescheiben dafür gegeben, dass die | |
Titanic-Story stimmt. Und nun soll alles ganz anders sein? Das ist ein | |
ähnlicher Kack wie der Umstand, dass Sascha Lobo in der Literaturbeilage | |
des Spiegel ein Buch rezensiert, das es gar nicht gibt. In Zusammenarbeit | |
mit dem Literaturchef des Spiegel, Volker Weidermann. Das sollte wohl | |
lustig sein. Tatsächlich ist es dumm wie Bohnenstroh und zeugt von einer | |
beachtenswerten Verantwortungslosigkeit, wenn Medien, die nicht Bild oder | |
Die Aktuelle heißen, Lügentexte drucken und so der eh schon zweifelnden | |
Bevölkerung Wasser auf ihre An-den-Medien-Zweifler-Mühle kippen. Und warum | |
macht der ehrwürdige Herr Lobo das? Für solche Aufgaben hatte man doch | |
bislang Tom Kummer. | |
In der Schweiz, wo die Uhren ja nicht nur teuer sind, sondern auch | |
langsamer ticken, hat man es zunächst zugelassen, dass Roger Köppel in | |
seiner Weltwoche die Sicht der Dinge nach rechts rückt. Jetzt haben ihn so | |
viele gewählt, dass er in den Nationalrat einziehen kann. Und der Mann | |
bleibt Chefredakteur der Weltwoche. Sieht man mal davon ab, dass die | |
Weltwoche ein Blatt ist, das kein anständiger Mensch lesen sollte, so ist | |
doch auch dieser Schritt ein imposanter auf dem Weg dahin, die | |
Glaubwürdigkeit der Medien weiter in den Keller zu reiten. | |
Ach, Medienredaktion, was ist das wieder für eine Scheiße! Wieder werde ich | |
ganz müde ob der vielen traurigen Dinge. Beine, die ohne Leute dran | |
auftreten, Rezensionen, deren Betrachtungsgegenstand es nicht gibt, und die | |
Titanic, die doch nicht für die WM-Funktionärs-Bestechung maßgeblich ist. | |
Und ein Spiegel, der das in die Welt bringt, aber nicht beweisen kann. Was | |
soll da als Nächstes kommen? Eine Koch-Show mit Carlo von Tiedemann? Ein | |
Brennpunkt? Müde zurück nach Berlin! | |
21 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Silke Burmester | |
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