| # taz.de -- Regionalwahlen in Frankreich: Die vage Idee der linken Einheit | |
| > Die Sozialisten beschwören in Frankreich per Abstimmung im Internet die | |
| > linke Einheitsfront. Doch die Gräben sind längst zu tief. | |
| Bild: Niemand da, um die Fahne zu halten. | |
| Paris taz | Am Wochenende hat in Frankreich die Parti Socialiste (PS) seine | |
| Wähler und Sympathisanten zu einer landesweiten Befragung mobilisiert. Die | |
| ihnen gestellte Frage lautete: „Wünschen Sie angesichts (des Vormarschs) | |
| der Rechten und extremen Rechten eine Einheit der Linken und Grünen bei den | |
| Regionalwahlen?“ Die Teilnehmer an dieser Befragung konnten mit Ja oder | |
| Nein stimmen. | |
| Etwas mehr als 250.000 Personen haben sich daran beteiligt, davon 135.000 | |
| direkt an den in vielen Städten in Parteilokalen oder auf der Straße | |
| improvisierten „Stimmlokalen“, die andere Hälfte machte das online in zwei, | |
| drei Klicks per Internet. Eine funktionierende E-Mail-Adresse genügte | |
| dafür, außerdem mussten sich die Votierenden mit Namen, Vornamen und | |
| Telefonnummer identifizieren. | |
| Gerade weil die Teilnahme sehr simpel und für jedermann – mit oder ohne | |
| Wahlrecht oder französische Staatsbürgerschaft – möglich war, ist das | |
| Resultat nicht gerade spektakulär. An den Primärwahlen von 2011, bei denen | |
| François Hollande von den Sympathisanten als Kandidat für die | |
| Präsidentschaftswahlen vom Mai 2012 nominiert wurde, hatten sich 3 | |
| Millionen eingetragene Wahlberechtigte beteiligt! Der sozialistische | |
| Parteichef Jean-Christophe Cambadélis hatte noch vor einigen Tagen sehr | |
| optimistisch mit mehr als 300.000 Stimmenden gerechnet. | |
| Nach dem Auszählen glaubt Cambadélis am Montag allen Grund zur Befriedigung | |
| zu haben: „Das ist ein Erfolg, das ist top und kein Flop.“ Immerhin machen | |
| fast 90 Prozent mit ihrem Ja zur Einheit Druck auf die anderen Parteien des | |
| linken Spektrums, wie das Cambadélis ja möchte. Bei den Regionalwahlen im | |
| Dezember müssen die französischen Sozialisten, die bisher zusammen mit den | |
| Grünen und anderen Linksparteien 22 der insgesamt 25 Regionen regiert | |
| haben, mit einer schweren Niederlage rechnen. Der Hauptgrund des absehbaren | |
| Desasters ist freilich die Frustration der Linkswähler, denen die Reformen | |
| von Staatspräsident François Hollande entweder zu weit in eine | |
| wirtschaftsliberale Richtung gehen oder seinen Versprechen einer großen | |
| sozialen Wende nicht entsprechen. | |
| ## Mehrheit der Befragten wollen linke Einheit | |
| In mehreren Regionen haben deshalb die Grünen (Europe-Ecologie-Les-Verts) | |
| beschlossen, mit der Linkspartei und nicht wie bisher mit den Sozialisten | |
| gemeinsame Listen aufzustellen. Diese Linkswende wiederum hat dazu geführt, | |
| dass mehrere führende EELV-Mitglieder und -Parlamentarier aus der Partei | |
| austraten, um eine Konkurrenzorganisation zu gründen, die Union des | |
| Démocrates et Ecologistes. | |
| Die EELV-Führung ist sauer über den Versuch der größeren Regierungspartei, | |
| ihre kleineren Partner mit Aktionen wie der Abstimmung zu „erpressen“ und | |
| die Bereitschaft zur Kooperation zu erzwingen. EELV-Sprecher Julien Bayou | |
| hatte gar eine alternative Abstimmung angekündigt mit der provokativen | |
| Frage: „Wollt ihr, dass die Regierung die Wahlversprechen der Linken von | |
| 2012 respektiert?“ | |
| Die im März 2014 aus der Regierung ausgetretene Ex-EELV-Parteichefin Cécile | |
| Duflot spottet über die PR-Aktion von Cambadélis: „Ebenso gut kann man eine | |
| Abstimmung organisieren über die Frage: Wollt ihr Krieg oder Frieden?“ | |
| 19 Oct 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Rudolf Balmer | |
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