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# taz.de -- Filmvorlieben von Chinas Staatschef: House of Xi Jinping
> Chinas Staats- und Parteichef outet sich als Kenner US-amerikanischer
> Populärkultur. Er widerspricht damit der politischen Linie seines Landes.
Bild: Er? Schlaflos in Seattle? Nein
Von Chinas oberstem Korruptionsbekämpfer Wang Qishan ist bekannt, dass er
Fan der US-Serie „House of Cards“ ist. Kevin Spacey verkörpert darin den
machthungrigen US-Politiker Frank Underwood, der versucht, sich seiner
Widersacher zu entledigen. Das passt. Auch Wang Qishan, Vizepremierminister
und einer der sieben mächtigsten Politiker Chinas, wird nachgesagt, er
scheue keine Mittel, um gegen innerparteiliche Gegner vorzugehen.
Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping widerspricht nun dieser
Darstellung. Bei seinem US-Staatsbesuch in dieser Woche betonte er in einer
Rede vor US-Unternehmern in Seattle, sein andauernder Kampf gegen
Korruption richte sich keineswegs gegen politische Gegner. „Das ist ja
schließlich nicht House of Cards“, empörte er sich – und outete sich damit
ebenfalls als Kenner der US-Intriganten-Serie.
Zuvor hatte er angemerkt, dass er angesichts der derzeitigen
wirtschaftlichen Turbulenzen in seinem Heimatland keineswegs „schlaflos in
Seattle“ sei. US-Filmschnulzen kennt er also auch. Als Xi dann auch noch
zugab, dass er nichts mehr genieße als einen Mojito in einer kubanischen
Bar wie einst Ernest Hemingway, gab es kein Halten mehr. Das Publikum
lachte und applaudierte.
Auch in China löste Xi Begeisterung aus. „So brillant, so bewegend“ sei die
Rede gewesen, schreibt ein chinesischer Blogger auf der weit verbreiteten
Internetplattform Weibo. „Mit so viel Witz,“ schreibt ein anderer.
Zugleich sorgt Xis Auftritt aber auch für Verwunderung. Ist es nicht die
Führung unter Xi Jinping, die noch zu Jahresbeginn das Land mit einer
„Antiverwestlichungskampagne“ überrollte und kritisierte, dass
Universitäten und Schulen „falsche westliche Werte, Ultraindividualismus
und Materialismus“ predigten, fragt Cai Yin, Studentin an der Peking
Universität. „Und war es nicht Xi Jinping, der vor exakt einem Jahr
Kulturschaffende angemahnt hat, sie sollten stärker den Patriotismus als
ihr Hauptthema betrachten und nicht irgendwelche verwestlichten Ideen?“
## Drohung mit Lizenzentzug
Auf den in China weit verbreiteten Videoplattformen und Streamingdiensten
wie Youku, Sohu oder PPTV wird die Sektion „Meiju“ (chinesisch für
„Amerikanische Serien“) am häufigsten angeklickt. Schon mehrfach hat die
staatliche Medienaufsicht angemahnt, die Anbieter sollten chinesische
Produktionen bewerben, und ihnen mit Lizenzentzug gedroht, falls sie zu
sehr auf US-Serien setzen.
In Xis Äußerung findet sich eine weitere Ironie: Einen Teil seiner Rede in
Seattle widmete er dem Thema Cyberkriminalität. Xi betonte, sein Land sei
selbst Opfer von Hackern und Ideenklau. „House of Cards“ ist nach Angaben
von CNN eine der am häufigsten illegal heruntergeladenen Serien in China.
Innerhalb der ersten 24 Stunden, nachdem die erste Folge der dritten
Staffel in den USA auf Netflix ausgestrahlt wurde, sei sie weltweit knapp
700.000-mal illegal heruntergeladen worden – am häufigsten in China.
26 Sep 2015
## AUTOREN
Felix Lee
## TAGS
China
Xi Jinping
Film
House of Cards
Serien
Filme
Xi Jinping
taz.gazete
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