# taz.de -- Die Wahrheit: Eltern in Uniform | |
> Das Ende der englischen Schulferien bedeutet den Beginn der Gewalt im | |
> Straßenverkehr – jedenfalls im Getümmel vor den Schulen. | |
Bild: „Der Raser hält sich selbst für jemanden, der sportlich fährt und nu… | |
Die Schulferien sind in England seit Anfang des Monats vorbei. Seitdem | |
herrscht wieder Krieg vor Englands Schulen. Es gibt einen hübschen Begriff | |
dafür: „Road Rage“ – Gewalt im Straßenverkehr. Die Eltern, die ihre Kin… | |
zur Schule fahren, balgen sich um die raren Parkplätze. 67 Prozent geben | |
zu, dabei schon mal ausgerastet zu sein. In Manchester hat eine Mutter | |
ihren Wagenheber aus dem Kofferraum geholt und damit auf das Auto einer | |
anderen Mutter eingeschlagen, weil die sich geweigert hatte, die Straße | |
frei zu machen. Dabei brüllte sie allerlei Obszönitäten und spuckte auf die | |
Windschutzscheibe. Zum Glück haften Kinder nicht für ihre Eltern. | |
Noch schlimmer geht es zu, wenn die Kleinen abgeliefert worden sind. Dann | |
setzt eine regelrechte Stampede ein, weil die Eltern es kaum abwarten | |
können, ein paar Stunden Ruhe zu genießen – besonders nach den Ferien, in | |
denen sie die kleinen Monster ständig am Hals hatten. | |
Die häufigsten Opfer von Road Rage sind aber berufstätige Männer mittleren | |
Alters, die die Tories wählen, so hat eine Studie des Fernsehsenders ITV | |
ergeben. Fast die Hälfte dieser Männer hat es schon mal erwischt. Männer | |
zwischen 25 und 39 hingegen sind die typischen Täter. Am sichersten vor | |
Gewalt im Straßenverkehr ist demnach eine arbeitslose 60-Jährige, die die | |
Liberalen Demokraten wählt. Sie erregt höchstens Mitleid. | |
Eine Stadtverwaltung in Essex hat eine Idee für die Lösung des | |
Elterntaxi-Problems. Da man aus Kostengründen keine weiteren | |
Verkehrswächter einstellen kann, macht man einfach Eltern zu | |
Knöllchenverteilern. Freiwillige begleiten vier Wochen lang einen | |
festangestellten Verkehrswächter und bekommen dann ihre eigene Uniform. Man | |
geht offenbar davon aus, dass die frisch uniformierten Eltern | |
verantwortungsbewusst sind und die anderen Eltern Respekt vor der Uniform | |
haben. In Wirklichkeit kommt es aber zu Racheakten wegen früherer | |
Parkplatzstreitigkeiten. Und die Lehrer müssen auf der Hut sein, damit sie | |
den Sprösslingen der Knöllchenverteiler keine schlechte Note geben. | |
Die Idee ist ausbaufähig. Wegen der Kürzungen des Bildungsetats knöpft eine | |
katholische Schule in Stoke-on-Trent den Eltern eine Parkgebühr ab. Manche | |
Eltern weigern sich zu zahlen. Als Nächstes würde man von den Schülern | |
Eintritt verlangen, befürchten sie. Warum eigentlich nicht? In Irland | |
mussten die Kinder früher eine Torfsode in die Schule mitbringen, damit das | |
Gebäude geheizt werden konnte. Man kann doch heutzutage verlangen, dass die | |
Schüler ein Stück Kreide und ein Roast-Beef-Sandwich für den Lehrer | |
mitbringen. | |
Im Chemieunterricht in Stoke könnte man Schnaps brennen, das beherrschen | |
Katholiken besonders gut. Wenn man die Eltern nach Schulschluss zur | |
Schnapsprobe einlädt und den Verkehrswächtern einen Tipp gibt, wäre dank | |
des massenhaften Führerscheinentzugs auch das Parkproblem gelöst. Und die | |
Kleinen müssten zur Schule laufen, womit man auch etwas gegen die | |
Fettleibigkeit englischer Kinder unternommen hätte. | |
28 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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