Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Prozess gegen Agrochemiekonzern: Ein Bauer gewinnt gegen Monsanto
> Ein Landwirt erstreitet wegen einer Vergiftung Entschädigung von
> Monsanto. Das Urteil in Frankreich macht Geschichte.
Bild: Bereits 2006 näherten sich Greenpeace-Aktivisten einem Acker von Monsant…
PARIS taz | Ein französischer Landwirt hat einen wegweisenden Prozess gegen
den Agrochemiekonzern Monsanto gewonnen. Das Berufungsgericht von Lyon hat
den Entscheid einer Erstinstanz zugunsten von Paul François bestätigt.
Monsanto muss ihn „vollumfänglich“ für die erlittenen Gesundheitsschäden
entschädigen.
Obwohl seine Gesundheit heute noch schwer beeinträchtigt ist, freut sich
der 47-jährige Getreideproduzent aus Bernac in der Charente über dieses
„historische Urteil“. Es könnte Geschichte machen im Kampf gegen umwelt-
und gesundheitsschädigende Herbizide, Pestizide und Insektizide. „Zum
ersten Mal wird ein Hersteller von Herbiziden wegen der Vergiftung eines
Landwirts finanziell zu Entschädigungen verantwortlich erklärt“, sagt sein
Anwalt, der hofft, dass dieser Präzedenzfall weitere Klagegen gegen die
Agrochemie nach sich zieht. Künftig sind auch Sammelklagen mehrerer
Geschädigter im Umkreis besprühter Felder denkbar.
Entsprechend hat der Anwalt von Monsanto sofort angekündigt, sein Klient
werde das Urteil „höchstwahrscheinlich“ vor dem Kassationsgerichtshof
anfechten. Dort kann es allerdings nur wegen erheblicher Formfehler
kassiert werden, sonst bleibt das Urteil definitiv. Aus der Sicht von
Monsanto sei der Entscheid des Berufungsgerichts „sehr überraschend
angesichts der Unwahrheiten und Irrtümer in der Argumentation von Paul
François“.
Der aber lässt sich nicht mehr einschüchtern. Er hatte wie viele andere
Bauern zur Steigerung seiner Produktion das Monsanto-Produkt „Lasso“
eingesetzt und war eigentlich, wie er einräumt, lange auch sehr zufrieden
mit den Ergebnissen.
An einem Tag im April 2004 wollte er einen Tank mit diesem Herbizid
kontrollieren. Er atmete dabei die giftigen Dämpfe des Lösungsmittels
Monochlorbenzol ein. Danach wurde ihm schlecht, er spuckte Blut und fiel in
Ohnmacht. Noch Wochen später litt er unter Bewusstseinstrübungen,
Sprechproblemen und heftigen Kopfschmerzen. Im November brach er zusammen
und lag im Koma, ohne dass die Ärzte sogleich einen Zusammenhang mit dem
Herbizid herstellen konnten. Erst dank eigener Recherchen kam François zu
diesem Schluss.
„Lasso“ war wegen bekannter Risiken für die Gesundheit schon ab 1985 in
Kanada, 1992 in Großbritannien und Belgien verboten worden. In Frankreich
aber blieb der Verkauf bis 2007 erlaubt. Vor Gericht behauptete der
Vertreter von Monsanto, das Herbizid mit dem Monochlorbenzol sei „nicht
gefährlich“ und die vom Kläger angeführten Folgen seien „inexistent“.
Das Gericht befand im Gegenteil, dass Monsanto wegen der ihr bekannten
Risiken die Verbraucher auf der Verpackung ungenügend informiert habe.
Damit trägt der Hersteller auch eine Verantwortung, wenn ein potenziell
gefährliches Produkt noch zum Vertrieb zugelassen ist: ein
Grundsatzentscheid zum Schutz der Konsumenten.
13 Sep 2015
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Landwirtschaft
Schwerpunkt Monsanto
Umwelt
Schwerpunkt Genmais
Chemie
Schwerpunkt Monsanto
Schwerpunkt Monsanto
Schwerpunkt Glyphosat
Guatemala
Schwerpunkt Monsanto
Honig
Schwerpunkt Glyphosat
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kritik am Saatgutkonzern im Faktencheck: Wie „böse“ ist Monsanto wirklich?
Aktivisten klagen die Firma beim „Monsanto-Tribunal“ wegen Verbrechen gegen
die Umwelt an. Nicht alle Vorwürfe sind gut belegt.
Protest gegen Monsanto: Straftatbestand „Ökomord“
Die NGO „Monsanto Tribunal“ will dem US-Konzern 2016 in Den Haag den
Prozess machen. Noch ist das Gericht nur symbolisch – aber das soll sich
ändern.
Zulassung von Glyphosat: Blinde Flecken bei Pestizidprüfern
UN-Experten halten das Ackergift für „wahrscheinlich krebserregend“. Das
zuständige Bundesamt hat mehrere Studien über das Mittel ignoriert.
Menschenrechtsaktivistin aus Guatemala: „Die Leute haben die Nase voll“
Nach dem Rücktritt des Präsidenten steckt Guatemala in einer politischen
Krise. Claudia Samayoa erklärt die Gründe – und die Chancen des
Widerstands.
Keine Übernahme von Syngenta: Monsantos Saat geht nicht auf
Dutzende Milliarden Euro bot das US-Unternehmen für eine Fusion mit seinem
Wettbewerber Syngenta. Nun ziehen die Amerikaner die Offerte zurück.
Imker klagte wegen Monsanto-Maisfeld: Gentechnik-Schaden nur halb ersetzt
Ein Imker bekommt Schadenersatz für durch Gentechnik verunreinigten Honig.
Das Geld deckt aber nur die Hälfte der entstandenen Kosten.
Analyse durch UN-Wissenschaftler: Pestizid Glyphosat schädigt Erbgut
Die Chemikalie ist nicht nur „wahrscheinlich krebserregend“, sondern
verändert auch das Erbgut, so Forscher der Weltgesundheitsorganisation.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.