# taz.de -- Exportkredite und Klimawandel: Ein Herz für Kohlekraftwerkbauer | |
> Welche Eigenschaften muss ein Kraftwerk haben, damit es unterstützt | |
> werden darf? Deutschland hat geholfen, scharfe OECD-Kritierien zu | |
> verhindern. | |
Bild: Deutscher Widerstand bis die Funken sprühen. | |
BERLIN taz | In der Theorie ist Deutschland wild entschlossen, den | |
Klimawandel zu stoppen und weltweit für eine Energiewende zu werben. Wird | |
es jedoch konkret, spielen plötzlich ganz andere Interessen eine Rolle. Das | |
zeigt sich derzeit beim Streit um staatliche Exportkreditgarantien, mit | |
denen der Bau neuer Kohlekraftwerke im Ausland unterstützt wird. | |
Der Industrieländer-Zusammenschluss OECD verhandelt derzeit darüber, solche | |
Kredite künftig nur noch unter verschärften Bedingungen zuzulassen. Doch | |
zumindest in der ursprünglich geplanten Form wird daraus nichts werden – | |
auch wegen Widerstands aus Deutschland. | |
Denn entscheidend für eine Mehrheit innerhalb der OECD ist die Position der | |
Europäischen Union. Und die hat sich bisher nicht auf eine einheitliche | |
Haltung zu diesem Thema einigen können. Eine erste Position des EU-Rats, | |
die in der OECD diskutierte Verschärfung komplett mitzutragen, ist darum | |
bereits stark aufgeweicht worden. Darauf hatte neben kohlefreundlichen | |
Ländern wie Polen, Ungarn und Tschechien auch Deutschland gedrängt; das | |
zeigen vertrauliche Unterlagen aus Brüssel, die der taz vorliegen. | |
Der Streit dreht sich zum einen darum, welche Eigenschaften ein | |
Kohlekraftwerk haben muss, damit es durch Exportkredite unterstützt werden | |
darf. Die EU wollte hier ursprünglich den OECD-Vorschlag unterstützen, dass | |
Kraftwerke in reichen Staaten nur noch gefördert werden dürfen, wenn sie | |
mit der Technik zum Abtrennen und Speichern von Kohlendioxid – bekannt | |
unter der Abkürzung CCS – ausgerüstet sind. Weil diese kommerziell bisher | |
nirgends eingesetzt wird, wäre das einem Ausschluss gleichgekommen. | |
## Andauernde Meinungsbildung | |
Im Kompromissvorschlag des EU-Rats wird jetzt nur noch gefordert, dass die | |
Kraftwerke in diesen Staaten mit der CCS-Technik nachrüstbar sein müssen – | |
eine deutlich geringere Hürde. Zum anderen schlägt die EU jetzt Ausnahmen | |
für ärmere Staaten vor. Hier sollen, anders als zunächst geplant, auch | |
wenig effiziente Kohlekraftwerke ohne CCS-Möglichkeit gefördert werden | |
können. | |
Doch selbst dieser abgeschwächte Kompromiss, den die | |
Umweltschutzorganisation Urgewald noch als „kleinen Schritt in die richtige | |
Richtung“ sieht, ist in der EU umstritten. An diesem Donnerstag wird im | |
wichtigen Ausschuss der Ständigen Vertreter darüber abgestimmt. | |
Wie sich Deutschland dabei positionieren wird, war am Dienstagnachmittag | |
noch offen: Die Meinungsbildung innerhalb der Bundesregierung dauere an, | |
hieß es aus dem Bundesumweltministerium. Das von SPD-Ministerin Barbara | |
Hendricks geführte Haus hatte sich – im Gegensatz zum | |
Wirtschaftsministerium, das SPD-Vizekanzler Sigmar Gabriel leitet – | |
wiederholt für schärfere Vorgaben ausgesprochen. Das federführende | |
Wirtschaftsministerium äußerte sich auf Anfrage nicht zur deutschen | |
Position in der Abstimmung am Donnerstag. | |
Die Grünen übten scharfe Kritik an der Position der Regierung. Es sei | |
blamabel, wenn „Deutschland an der Seite von Polen als Besitzstandswahrer | |
der Kohleindustrie“ auftrete, sagte die Umweltpolitikerin Bärbel Höhn. | |
15 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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