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# taz.de -- Schüsse in französischem Schnellzug: Orden und Zweifel
> Die Passagiere, die den Thalys-Schützen stoppten, sind nun „Ritter der
> französischen Ehrenlegion“. Am Motiv des Täters gibt es Zweifel.
Bild: Präsident verteilte Orden: Hollande (Mitte) waltete seines Amtes.
Paris dpa/afp | Der französische Präsident François Hollande hat drei
Amerikaner und einen Briten für ihren „Heldenmut“ bei der Thalys-Attacke
mit der Ehrenlegion ausgezeichnet. Mit ihrem Eingreifen hätten die Männer
„eine Tragödie, ein Massaker“ verhindert, sagte Hollande am Montag bei
einer Zeremonie zur Vergabe der hohen Auszeichnung im Élysée-Palast.
Den 25-jährigen Marokkaner, der am Freitagabend in dem
Hochgeschwindigkeitszug Amsterdam-Paris das Feuer eröffnet hatte,
bezeichnete Hollande als Terroristen. Der schwer bewaffnete Angreifer war
von den Fahrgästen niedergerungen worden, terroristische Absichten leugnet
der Festgenommene.
„Eine Person hatte entschieden, einen Anschlag im Thalys zu begehen“, sagte
Hollande. „Er hatte genug Waffen und Munition, um ein Blutbad anzurichten.“
Der Präsident überreichte die hohe Auszeichnung den US-Soldaten Alek
Skarlatos und Spencer Stone, dem amerikanischen Studenten Anthony Sadler
sowie dem Briten Chris Norman. Die drei jungen Amerikaner waren in
Begleitung ihrer Mütter in Hollandes Amtssitz gekommen, auch
US-Botschafterin Jane Hartley und Belgiens Premierminisiter Charles Michel
waren bei der Zeremonie dabei. „Ihr Heldenmut soll ein Beispiel für viele
und eine Quelle der Inspiration sein“, sagte Hollande. „Das ist eine sehr
große Ehre“, reagierte Norman (62).
## Raubüberfall oder Anschlag
Der Marokkaner war von den spanischen Behörden als Islamist gemeldet
worden. Die belgischen Sicherheitsbehörden kannten den Mann zwar, hielten
ihn aber nicht für sehr gefährlich. Deshalb sei er nicht rund um die Uhr
überwacht worden, sagte der belgische Innenminister Jan Jambon am Montag
dem belgischen Sender Radio 1.
Der 25-Jährige wurde nach seiner Festnahme in einen Vorort von Paris
gebracht und dort von Anti-Terror-Ermittlern verhört. Nach Angaben seiner
Anwältin behauptete er, die Fahrgäste ausrauben zu wollen, aber kein
Terrorist zu sein. Seine Bezwinger halten das angesichts seines
Waffenarsenals – eine Kalaschnikow, eine Pistole und zahlreiche Magazine –
für unglaubwürdig.
Der Vater des Angreifers im Schnellzug von Amsterdam nach Paris hat seinen
Sohn in Schutz genommen. „Er war ein guter Junge, sehr fleißig“, sagte
Mohamed El Khazzani über seinen 25-jährigen Sohn Ayoub laut einem Bericht
der britischen Zeitung The Telegraph vom Sonntag. Ein politisches Motiv
hielt er für unwahrscheinlich. Sein Sohn habe „nie über Politik gesprochen,
nur über Fußball und Fischen“, sagte er.
Auch in Deutschland gibt es nun Rufe nach einem besseren Polizeischutz in
Zügen und Bahnhöfen. Der innenpolitische Sprecher der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer (CSU), sagte der „Passauer Neuen
Presse“ (Montag), im Vergleich zum intensiv kontrollierten Flugverkehr sei
der Bahnverkehr wesentlich anfälliger. Um die Polizeipräsenz zu erhöhen,
„bedarf es aber unweigerlich zusätzlicher Stellen bei der Bundespolizei.“
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hält einen Einsatz von
Sicherheitsbegleitern in Zügen nach dem Vorbild der Sky-Marshalls im
Luftverkehr für sinnvoll. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU)
hatte am Sonntag am Rande einer Veranstaltung in Aachen gesagt: „Ich kann
mir nicht vorstellen, in jede S-Bahn und in jeden Zug Sicherheitsbeamte zu
stellen.“ Wo es Hinweise gebe, müsse man den Bahnverkehr möglicherweise
stärker in den Blick nehmen.
Der französische Bahnbetreiber SNCF hält eine Abriegelung und systematische
Kontrolle der Bahnsteige – ähnlich wie im Flughafen nicht für machbar. Der
Zugverkehr sei in Frankreich 20-mal so groß wie der Luftverkehr, sagte
SNCF-Chef Guillaume Pepy in einem Interview der Zeitung „Le Journal du
Dimanche“ zur Begründung.
Belgiens Premierminister Charles Michel will für die internationalen
Thalys-Züge Gepäck- und Ausweiskontrollen wie beim Eurostar-Zug zwischen
dem europäischen Festland und London. Zudem fordert er ein Treffen der
Innenminister von Frankreich, Deutschland, Belgien und den Niederlanden –
dort verkehren die Thalys-Züge.
24 Aug 2015
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