# taz.de -- Anti-Terror-Gesetz in Ägypten: Pressefreiheit stark eingeschränkt | |
> Die Zensur im Land wird weiter verschärft. Wer von den Angaben der | |
> ägyptischen Behörden abweicht, hat mit drastischen Konsequenzen zu | |
> rechnen. | |
Bild: Kein Freund der freien Meinungsäußerung: Abdel Fattah al-Sisi. | |
KAIRO afp | Der ägyptische Staatschef Abdel Fattah al-Sisi hat ein | |
umstrittenes weitreichendes Anti-Terror-Gesetz in Kraft gesetzt, das unter | |
anderem hohe Strafen für Journalisten bei abweichender Darstellung | |
extremistischer Angriffe vorsieht. Wie aus dem am Sonntag im Amtsblatt | |
veröffentlichten Gesetzestext hervorgeht, werden in solchen Fällen | |
Geldstrafen zwischen 200.000 und 500.000 ägyptischen Pfund (22.900 bis | |
57.000 Euro) fällig. Auf die Leitung einer Terror-Gruppe steht die | |
Todesstrafe. | |
Wenn ein Medienbericht von der offiziellen Darstellung eines Angriffs | |
abweicht, werden nun mindestens 200.000 ägyptische Pfund (22.900 Euro) als | |
Strafe fällig, die Höchststrafe liegt bei 500.000 Pfund. Auch ein | |
einjähriges Berufsverbot für die betreffenden Journalisten könnte die Folge | |
sein. Ohne das Berufsfeld Journalismus ausdrücklich zu erwähnen, heißt es | |
in dem neuen Anti-Terror-Gesetz, Gerichte könnten „den Verurteilten die | |
Berufsausübung für bis zu ein Jahr verbieten, wenn das Vergehen die | |
Grundsätze des Berufs verletzt“. | |
Zunächst waren in Artikel 33 des Anti-Terror-Gesetzes für Berichte, die von | |
den Angaben der ägyptischen Behörden abweichen, Haftstrafen von mindestens | |
zwei Jahren vorgesehen. Nach heftiger Kritik von Medienvertretern wurde die | |
Regelung abgeändert. | |
Doch auch die Neuregelung wird als Beschneidung der Pressefreiheit | |
kritisiert. Die sehr hohen Geldstrafen könnten für kleine Zeitungen das Aus | |
bedeuten und größere Medien davon abhalten, unabhängig über Angriffe von | |
Extremisten und Offensiven gegen sie zu berichten, befürchten die Kritiker. | |
Regierungsvertreter heben hingegen hervor, dass für eine Verurteilung den | |
Betroffenen nachgewiesen werden müsse, dass sie absichtlich falsche | |
Informationen veröffentlichten. | |
## Terrorismus sehr weit gefasst | |
In dem neuen Gesetz wird der Straftatbestand Terrorismus sehr weit gefasst. | |
Die direkte oder indirekte Anstachelung zu einem Terrorakt oder auch nur | |
die Bereitschaft dazu sollen mit Gefängnis bestraft werden. Für die | |
Anführer terroristischer Gruppierungen sowie für die Finanzierung von | |
Angriffen ist die Todesstrafe vorgesehen. | |
Ägyptens Präsident al-Sisi hatte nach der Ermordung von Generalstaatsanwalt | |
Hischam Barakat Ende Juni schärfere Anti-Terror-Gesetze angekündigt. Wie | |
Justizminister Ahmed al-Sind sagte, führte die Berichterstattung über eine | |
Anschlagsserie auf ägyptische Soldaten auf der Sinai-Halbinsel zu den | |
strikten Bestimmungen in Artikel 33. | |
Der ägyptische Ableger der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) hatte | |
am 1. Juli eine Serie von Anschlägen auf Kontrollposten der Armee auf dem | |
Sinai verübt, die zu heftigen Gefechten mit den Streitkräften führten. Nach | |
Angaben eines Armeesprechers wurden dabei 21 Soldaten und mehr als hundert | |
Dschihadisten getötet. Andere Behördenvertreter hatten jedoch deutlich | |
höhere Opferzahlen auf Seiten der Armee genannt. Al-Sind kritisierte | |
daraufhin, derartige Berichte seien schlecht für die „Moral“ des Landes. | |
## Mehrjährige Haftstrafen | |
Die ägyptische Armee kämpft seit dem Sturz des islamistischen Staatschefs | |
Mohammed Mursi vor zwei Jahren gegen den Aufstand von Dschihadisten auf dem | |
Sinai. Diese töteten bei Angriffen bereits hunderte Polizisten und | |
Soldaten. Auch gegen Mursis Anhänger gehen die ägyptischen Behörden mit | |
großer Härte vor. | |
Bereits im vergangenen Jahr wurden in Ägypten drei Journalisten des | |
katarischen Fernsehsenders Al-Dschasira – der Australier Peter Greste, der | |
Kanadier Mohammed Fahmi und der Ägypter Baher Mohammed – wegen angeblicher | |
falscher Berichterstattung zugunsten der islamistischen Muslimbruderschaft | |
zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Ein Berufungsgericht ordnete Anfang | |
dieses Jahres jedoch ein neues Verfahren an, die Urteilsverkündung steht | |
noch aus. | |
17 Aug 2015 | |
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