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# taz.de -- Kinofilm „Straight Outta Compton“: Wertschöpfung von unten
> Das Programm von „Straight Outta Compton“ ist klar: Hier geht es um
> HipHop-Geschichte. Dr. Dre und Ice Cube wollen das letzte Wort haben.
Bild: Polizei und N.W.A.: Szene aus dem Film.
Um Produktionsmittel und Produktionsbedingungen geht es in dem
HipHop-Biopic „Straight Outta Compton“, benannt nach dem fulminanten
Debütalbum der Gruppe N.W.A aus dem Jahr 1988. Der Titel suggeriert, dass
in F. Gary Grays Film die Musik im Vordergrund steht – mit markanten
Bezügen auf die gesellschaftlichen Begleitumstände in den US-Metropolen,
die Ende der Achtziger Jahre für einen Boom des Phänomens „Gangsta Rap“
verantwortlich waren.
HipHop gibt es in „Straight Outta Compton“ natürlich reichlich zu hören �…
von N.W.A, den Solokünstlern Dr. Dre, Ice Cube und Eazy-E, später auch von
Snoop Dogg und 2Pac. Aber André Young alias Dr. Dre und O’Shea Jackson (Ice
Cube), die ausführenden Produzenten des Films, wollen noch eine andere
Geschichte erzählen, die dem Mythos der Straßenkunst zuwiderläuft.
Diese Version handelt von ein paar boyz n the hood, die auf ihren
biografischen Erfahrungen zwischen Gangkriminalität, Polizeigewalt und
alltäglichem Rassismus mit einem kontroversen Image ein kleines
HipHop-Imperium errichteten. Wertschöpfung von unten sozusagen. Die böse
Pointe besteht darin, dass der kleine Dealer Eric Wright alias Eazy-E mit
seinem straßenschlauen Geschäftssinn auch genauso gut ein Plattenlabel
betreiben könnte, wie es im Film einmal heißt: Drogen oder Musik, auch das
ein beliebter Gründermythos des Gangsta-Rap, als einzige Karriereoptionen
für einen jungen Afroamerikaner.
„Straight Outta Compton“ spinnt diesen Gedanken konsequent weiter: vom Bild
der Plattenpressen, die Vinylkopien von N.W.As erster Hitsingle
„Boyz-N-The-Hood“ ausspucken bis zu der Rekordsumme von 3,2 Milliarden
Dollar, für die Dr. Dre letztes Jahr sein börsennotiertes Unternehmen Beats
an Apple verkaufte – eine Information, die der Film prominent im Abspann
platziert.
Diese Schwerpunktsetzung weckt Erinnerungen an Ice Cubes berüchtigte
Textzeile „life ain’t nothing but bitches and money“, eine dieser vielen
Altlasten aus der Vergangenheit von N.W.A, die „Straight Outta Compton“
entschlossen aus der Bandbiografie entfernt hat (wie auch Dr. Dres
Gewaltanwandlungen). Einzig Ice Cubes antisemitischer Diss gegen den
ehemaligen Manager Jerry Heller wird kurz thematisiert. Überhaupt räumt der
Film den Vertragsstreitigkeiten mit Heller, die schließlich zum Zerwürfnis
der Band führen, erstaunlich viel Platz ein.
## Visuelles Gespür für explosive Kraft der Musik
Das Programm des Films ist also unmissverständlich: Hier geht es um
Geschichtsschreibung. Dr. Dre und Ice Cube wollen das letzte Wort haben,
wenn N.W.A ein Platz in der HipHop-Historie zugeteilt wird. Anders als „8
Mile“, der Lebensgeschichte von Dr. Dres Protegé Eminem, ist „Straight
Outta Compton“ des Sozialrealismus unverdächtig.
Die gesellschaftlichen Verhältnisse im Amerika der achtziger und neunziger
Jahre erfahren im Film immer nur pragmatische Zuspitzungen. Einmal läuft im
Fernsehen das Rodney-King-Video. In der Szene, als die Band vor ihrem
Studio im (weißen) Vorort Torrance eine Pause einlegt und prompt von einer
Polizeistreife aufgegriffen wird, steckt einiges Potenzial. Sie fungiert
letztlich aber nur als Erweckungsmoment für die Aufnahmen zu „Fuck tha
Police“.
Erfüllungsgehilfe F. Gary Gray hat ein gutes visuelles Gespür für die
explosive Kraft der Musik, am eindrucksvollsten während eines Konzerts in
Detroit, auf dem N.W.A, von der Polizei eingekesselt, „Fuck tha Police“
skandieren. Aber mit zunehmender Dauer, immerhin zweieinhalb Stunden,
beschreibt „Straight Outta Compton“ doch nur die Dekadenzerscheinungen des
HipHop, mit viel Bling-Bling und einem rührseligen Abschied von Eazy-E, der
1995 an Aids starb.
Dass N.W.A nur drei Jahre zuvor den Soundtrack für die Los Angeles Riots
geliefert haben, klingt am Ende eher nach Folklore. Oder guter
Eigenvermarktung.
26 Aug 2015
## AUTOREN
Andreas Busche
## TAGS
HipHop
Rapper
Schwerpunkt Rassismus
HipHop
Popmusik
HipHop
Neues Album
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