| # taz.de -- Neues Album von Anderson .Paak: Bekifft im Cabrio unterwegs | |
| > Er ist der aufregendste Newcomer der US-Westküste. Sein Album „Malibu“ | |
| > verbindet leichtfüßig Soul, R&B, Funk und HipHop. | |
| Bild: Lässig auf dem weg nach oben – Anderson .Paak. | |
| Anderson .Paak schaut nicht aufs Handy. Er hält es nicht in der Hand und | |
| tippt nicht wie irre darauf herum in den Pausen zwischen Interviewterminen, | |
| so wie es jeder andere Popstar tun würde. | |
| Nein, Anderson .Paak sitzt auf einer dänischen Designercouch in einem | |
| Hotelzimmer in Berlin-Kreuzberg und lächelt seinen Mitmenschen zu. Er | |
| unterhält sich lieber, schwärmt vom Cappuccino, den er zum Frühstück hatte, | |
| signiert ein paar CDs. | |
| Dass der 30-jährige Kalifornier sich nicht ablenken lassen will, hat | |
| vielleicht damit zu tun, dass er lange auf diesen Moment warten musste. | |
| Brandon Paak Anderson, so heißt der Musiker mit bürgerlichem Namen, ist | |
| nach Europa gereist, um sein neues Album „Malibu“ zu promoten. | |
| Es ist ein liebevoll produziertes, sehr organisches Werk geworden, das es | |
| schafft, auf sehr leichtfüßige Art die Genres Soul, R&B, Funk und HipHop zu | |
| verbinden, daraus eine ganz eigene Soundsprache zu entwickeln und das | |
| Anderson .Paak den Titel des derzeit aufregendsten Newcomers von der | |
| Westküste einbrachte – dabei ist „Malibu“ bereits sein viertes Album. | |
| Geboren und aufgewachsen in Oxnard, einem kleinen Strandort nördlich von | |
| Los Angeles – „hübsch, aber langweilig“ –, beginnt Anderson mit elf Ja… | |
| in der Kirche Schlagzeug zu spielen. Als einziges schwarzes Kind an der | |
| Schule, dazu auch noch übergewichtig und introvertiert, fängt er früh damit | |
| an, sich tagelang zu Hause einzusperren, um Mixtapes zusammenzuschneiden | |
| und Beats zu produzieren. | |
| „Ich komme aus der Generation, die sich noch an eine Zeit vor dem Internet | |
| erinnern kann“, sagt Anderson. „Ich glaube an das Medium Longplayer, das | |
| ist es, was ich schon immer beherrschen wollte: ein einheitliches Ganzes, | |
| eine zusammenhängende Geschichte.“ | |
| ## Anruf von Dr. Dre | |
| Doch mit Anfang zwanzig geht es nicht mehr nur um die eigenen Träume; | |
| Anderson wird Vater, heiratet und muss eine Kleinfamilie ernähren. Nach | |
| diversen Aushilfsjobs landet er auf einer Marihuana-Farm in Santa Barbara. | |
| Als ihm dort fristlos gekündigt wird, ist er obdachlos und muss samt Frau | |
| und Kind auf diversen Wohnzimmerböden von Freunden übernachten. | |
| Genug Geld für die Miete verdient der Musiker erst wieder als Schlagzeuger | |
| einer Castingshow-Finalistin. Er zieht nach L. A., nimmt nebenbei zwei | |
| Soloalben unter dem Pseudonym Breezy Lovejoy auf. Beide bleiben weitgehend | |
| unbeachtet. | |
| Es folgt „Drugs“, ein Song, den er unter seinem jetzigen Künstlernamen | |
| veröffentlicht und der wie ein Widerspruch zu seinem neuen Album „Malibu“ | |
| klingt – künstlich, effekthascherisch, dreist. Doch es bringt Anderson | |
| endlich ein wenig Aufmerksamkeit ein, und so schiebt er das Album „Venice“ | |
| nach, das an der clubtauglichen Stimmung von „Drugs“ anschließt. | |
| Es dauert nicht mehr lange, bis sein Telefon klingelt. Am anderen Ende: die | |
| große Legende des Westküsten-HipHop, Dr. Dre. Auf dessen Comeback-Album | |
| „Compton“, das im vergangenen Sommer erschien, ist Anderson .Paak gleich | |
| auf sechs Songs vertreten, und schon kennt ihn die halbe Welt. | |
| ## Rauchiges Timbre | |
| „Dennoch würde ich nie sagen, dass mein Erfolg über Nacht kam“, sagt der | |
| Musiker mit ruhiger Stimme im Hotelzimmer. „Ich habe mein halbes Leben | |
| darauf hingearbeitet. Aber so ist das eben: Als Indie-Musiker brauchst du | |
| viel Geduld.“ Einige Songs des neuen Albums sind schon über vier Jahre alt. | |
| Anderson hob sie auf für den richtigen Zeitpunkt, bis er ein Publikum | |
| hatte, das seine persönlicheren Sachen schätzt. | |
| Nun ist es so weit. „The Bird“ etwa, mit dem das Album beginnt, ist ein | |
| zurückgelehntes Stück mit funky Gitarren und jazziger Trompete, das von | |
| einer spielsüchtigen Mutter und einem inhaftierten Vater erzählt. Es ist | |
| nicht der einzige Titel, auf dem Anderson .Paaks rauchiges Timbre | |
| autobiografische Zeilen vorträgt. Ein Großteil des Albums dreht sich um | |
| Stationen im Leben des Sohnes einer Koreanerin und eines Afroamerikaners. | |
| In anderen geht es um Liebe, die Sehnsucht nach Nähe, um Tagträume. | |
| „Natürlich schreibe ich über das, was mir am nächsten ist, über meine | |
| eigenen Erfahrungen“, erzählt Anderson. „Doch am wichtigsten war mir, dass | |
| jeder Song, egal was ich darin erzähle, sich gut anfühlt. Die Leute sollen | |
| nicht mitten im Kopfnicken erstarren und denken: ‚Oh mein Gott, das ist ja | |
| todtraurig!‘ Ich will etwas erzählen, aber es soll trotzdem Spaß machen. | |
| Das war die größte Herausforderung.“ | |
| Tatsächlich ist diese Balance zwischen groovenden Beats (von | |
| Produzentengrößen wie Madlib, 9th Wonder, Hi-Tek) und schwermütigen Vocals, | |
| die bei Anderson .Paak nicht selten genau an der Schnittstelle zwischen | |
| Gesang und Rap angesiedelt ist, eine große Stärke von „Malibu“. Die andere | |
| ist eine zwanglos fließende Dramaturgie. Das Album fühlt sich an wie eine | |
| bekiffte Cabriofahrt. Alle genretypischen Klischees rauschen so an einem | |
| vorbei, man folgt allein dem Groove wie einem breitspurigen Straßenverlauf, | |
| erwärmt sich an den Background-Chören wie an der kalifornischen Sonne. | |
| ## Freiheit, Kontrolle & Gin | |
| Den Sexappeal des Sounds macht auch die Verletzlichkeit aus, die Anderson | |
| zulässt und damit unweigerlich an die großen Individualisten des R&B, | |
| D’Angelo und Frank Ocean, erinnert. Und doch hat Anderson .Paak eine ganz | |
| eigene Handschrift, die er im jahrelangen Allein-vor-sich-Hinarbeiten | |
| entwickelt hat. „Freiheit und Kontrolle“, brauche er, wenn er an neuen | |
| Songs arbeiten. Grinsend fügt er hinzu: „Und eine Flasche Hendrick’s Gin.�… | |
| Schon im Frühjahr erscheint ein neues Album, das er gemeinsam mit dem | |
| HipHop-Produzenten Knxwledge aufgenommen hat, diesmal bei dem | |
| kalifornischen Independent-Label Stones Throw. „Es ist wie Himmel und Hölle | |
| zugleich“, kommentiert Anderson die Zusammenarbeit. „Ich war noch nie in | |
| einer Band – das ist was komplett Neues für mich.“ | |
| Da Knxwledge die gesamte Produktion übernimmt, müsse er, Anderson, sich | |
| diesmal komplett auf das Songwriting und Performen konzentrieren. „Es ist | |
| nicht immer einfach, da wir beide Kontrollfreaks sind. Ich muss viel | |
| Verantwortung abgeben, die ich mir über die Jahre mühsam erkämpft habe. | |
| Aber ich tue es auch gerne, denn ich lerne viel von Knxwledge, vor allem | |
| das Neinsagen. Er ist so: ‚Fuck everything‘, immer exklusiv. Manchmal ist | |
| das sehr hilfreich.“ | |
| 4 Mar 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Fatma Aydemir | |
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