# taz.de -- Neues Album von Anderson .Paak: Donald und der Blowjob | |
> Dem kalifornischen Vorzeigerapper ist mit „Oxnard“ ein zeitgemäßes | |
> HipHop-Album gelungen. Jedoch hat es einen sexistischen Schönheitsfehler. | |
Bild: Anderson .Paak (32) zeigt in seinen Songs, wozu die menschliche Stimme be… | |
Trump, Trump, immer nur Trump. Abgehakt, vorerst. Trotzdem muss es in | |
dieser Kritik über „Oxnard“, das neue Album des kalifornischen Rappers | |
Anderson .Paak, auch um Donald Trump gehen. Dazu später mehr. Der | |
32-jährige Anderson .Paak gilt neben Kendrick Lamar als einer jener | |
[1][Vorzeigekünstler von der US-Westküste], deren Stimme nicht nur für | |
Teenager mit portablen Bluetooth-Boxen, sondern auch für mittelalte | |
Frühaufsteher mit Jazzalben im Regal bedeutsam ist. | |
Und zwar in dreifacher Hinsicht. Zum einen braucht Anderson .Paak keine | |
Effekte, um mit seiner Stimme interessant zu klingen. Oder traurig oder | |
wütend oder wie ein betrunkenes Alien. Ein Röhren wird bei ihm im | |
Handumdrehen zu einem Krächzen, zu einem Gurgeln, wird schließlich zu einem | |
zärtlichen Säuseln. Zum anderen sind seine Songs insgesamt stets eine | |
beeindruckende Vorführung dessen, zu was die menschliche Stimme beim Singen | |
im Stande ist. | |
Außerdem ist .Paaks Stimme im übertragenen Sinne relevant, er hat etwas zu | |
sagen, das weiß er auch ganz genau und äußert sich deshalb öffentlich zu | |
Themen wie Rassismus und Waffengewalt in den USA. Nicht umsonst wurde er | |
2017 für zwei Grammys nominiert und nicht umsonst posierte Barack Obama vor | |
Kurzem auf einem Instagrambild mit dem Cover der Single von .Paaks Song | |
„Tints“. | |
## Plumper Sexismus | |
Normalerweise müsste jetzt also eine Darlegung dessen folgen, was Anderson | |
.Paak auf seinem dritten Album „Oxnard“ an sinnvoller Gesellschaftskritik | |
aus minoritärer Position leistet. Doch gleich zum Auftakt zeigt der | |
Ausnahmekünstler, dass es auch Ausnahmen gibt vom Ausnahmekünstlerdasein. | |
Der zweite Song heißt „Headlow“. Leider reproduziert der Künstler darin | |
Sexismus auf plumpe Art. Anderson .Paak heizt darin nämlich mit seinem Auto | |
über einen Highway und bekommt einen Blowjob. Am Ende des Songs gibt es | |
einen Unfall, aber die Frau soll weiter machen („Keep doin’ that“). Im | |
Hintergrund: Würgegeräusche. | |
Was er sich dabei gedacht hat, bleibt .Paaks Geheimnis. Mag sein, dass in | |
jedem zweiten 90er-R&B-Song ähnlich über Sex gesungen wurde und dass | |
Anderson .Paak sich heute soundästhetisch an solchen alten | |
Vorstellungswelten orientiert. Doch seine Ausführung ist kaum künstlerisch, | |
sondern bleibt einfach nur hohl pubertär. Denn es klingt wie das in | |
Songform komprimierte Gepose eines Teenagers auf dem Schulhof, der | |
keinerlei Respekt vor Frauen kennt, weil ihm wichtiger ist, wie er mit | |
Sexprotzereien die Aufmerksamkeit auf sich ziehen kann. Dass „Headlow“ | |
einen gleich zu Beginn packt und im negativen Sinne nicht mehr loslässt, | |
ist schade. Denn Anderson .Paak hat Protzereien eigentlich gar nicht nötig. | |
Zu hören ist das in jedem anderen Moment auf „Oxnard“. | |
Der Kalifornier bringt dort nicht nur seine Stimme zum Lead-Instrument des | |
Albums. Er hat es außerdem geschafft, die passenden Toningenieure zu | |
finden, die ihm das perfekte Soundbild um ebenjenes Lead-Instrument | |
spinnen. „Oxnard“ wird durch die Mitarbeit von Produzenten-Titan Dr. Dre im | |
besten Sinne zu einem Flickenteppich aus den wichtigen Spielarten | |
afroamerikanischer Musiktradition. Disco-Joints wechseln sich mit Soul-, | |
Jazz, R&B-Zwischenspielen ab. Irre klöppelnde Percussions rutschen zwischen | |
funky Streicherarrangements. Zwischendurch kommen Conscious-Rapper zu Wort: | |
J. Cole zum Beispiel, [2][Q-Tip von A Tribe Called Quest] und sein Kumpel | |
Kendrick Lamar. | |
## Über Nacht berühmt | |
Auf „Tints“, dem gemeinsamen Song mit Lamar, rappen sie beide darüber, was | |
es mit ihnen macht, plötzlich im Rampenlicht zu stehen und sich in der | |
Öffentlichkeit zu äußern. Im Leben von .Paak kam diese Aufmerksamkeit über | |
Nacht, nachdem sich lange Zeit niemand für ihn interessierte. Seine Eltern | |
saßen beide im Gefängnis, als er ein Kind war. .Paak lebte auf der Straße, | |
veröffentlichte seine Musik bis vor wenigen Jahren noch beim kleinen | |
Berliner Label Jakarta. Erst mit dem Album „Venice“ (2014) kam der | |
Durchbruch. Da war .Paak 28 Jahre alt. | |
Die Freude über den Aufstieg von ganz unten zu einem der relevantesten | |
zeitgenössischen Popstars der USA hört man .Paak auf „Oxnard“ an. Es ist | |
ein positives Album geworden. Und die Songs suggerieren einem, dass in dem | |
Moment, in dem .Paak singt, alles in Ordnung ist, obwohl gar nichts in | |
Ordnung ist. Manchmal wird „Oxnard“ zur watteweichen Wohlfühlkur. Doch dann | |
kommt „6 Summers“, und damit kehrt die Realität ein und mit ihr Donald | |
Trump. | |
„Wait a minute“ schreit eine unbekannte Stimme ganz am Anfang. Dann rappt | |
.Paak „Take chains off, take rings off“, erinnert an Jugendliche, die im | |
Kugelhagel gestorben sind und fordert eine Verschärfung der Waffengesetze. | |
„Reform, reform shoulda came sooner“, singt er. In der Hookline erinnert er | |
daran, dass Trump sechs Sommer nach dem Erscheinen dieses Songs womöglich | |
in seiner zweiten Amtszeit steckt. „Oxnard“ könnte eine Idee davon sein, | |
wie wohlig es sich anfühlt, wenn dem nicht so ist. Gleichzeitig ist es | |
durch Songs wie „6 Summer“ eine Drohung. Wenn sich nichts ändert, fühlt m… | |
sich zwar wohl mit „Oxnard“ im Ohr, aber sobald der Blick aus dem Fenster | |
wandert, holt einen die Realität ein. | |
29 Nov 2018 | |
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## AUTOREN | |
Johann Voigt | |
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