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# taz.de -- Tarifstreit der Kita-Beschäftigten: Der Kampf geht weiter​
> Ab Oktober wird in den kommunalen Kindertagesstätten wieder gestreikt –
> falls nicht noch ein Wunder geschieht​.
Bild: Die Erzieherinnen und Erzieher wollen weiter kämpfen
Frankfurt (Main) / Berlin taz | Im Tarifkonflikt im Sozial- und
Erziehungsdienst drängt die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi die
Arbeitgeber zu einem neuen Angebot. Nur so ließe sich ein neuer Ausstand in
den Kindertagesstätten noch vermeiden.
„Wir werden jetzt mit den Arbeitgebern darüber verhandeln, ob wir zu
Verbesserungen kommen können“, sagte Verdi-Chef Frank Bsirske nach einer
Sitzung der Bundestarifkommission der Gewerkschaft am Dienstag in Frankfurt
am Main. „Wenn das nicht gelingt, stehen die Zeichen auf Streik.“ Falls es
nicht vorher zu einer Verständigung käme, müsse ab der ersten Hälfte des
Oktobers mit neuen Streiks gerechnet werden, kündigte Bsirske ab.
Zuvor hatte die Bundestarifkommission über die Konsequenzen aus einer
Mitgliederbefragung beraten, bei der 69,13 Prozent der bei Verdi
organisierten ErzieherInnen, SozialarbeiterInnen und SozialpädagogInnen die
Schlichtungsempfehlung von Ende Juni abgelehnt hatten. „Das Ergebnis der
Mitgliederbefragung ist ein deutliches Signal an die Gewerkschaften, aber
auch an die Arbeitgeber“, sagte Bsirske. „Die Schlichtung hat ihre
befriedende Funktion erkennbar nicht erfüllt, deshalb sind beide Seiten
jetzt gut beraten, ihren Beitrag zu einer Befriedung dieser
Tarifauseinandersetzung zu leisten.“
Laut Bsirske werde es keine neuen Streiks vor dem Ende der Sommerferien in
Bayern und Baden-Württemberg Mitte September geben. Auch die
Eingewöhnungszeit für neue Kinder in den Kitas werde bei den Beratungen
über einen Arbeitskampf berücksichtigt werden. Es sei daher davon
auszugehen, dass es erst in der ersten Hälfte des Oktobers zu Streiks
komme. „Bis dahin sollten alle Beteiligten versuchen, in Verhandlungen zu
Verbesserungen zu kommen“, sagte Bsirske. „Wir sind dazu bereit.“
## Auch GEW will Arbeitskampf fortsetzen
Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), die sich in einer
ersten Stellungnahme nach dem auch bei ihr eindeutigen Mitgliedervotum –
68,8 Prozent der betroffenen GEWlerInnen sprachen sich gegen den
Schlichterspruch aus – zunächst noch skeptisch zu einer Fortsetzung des
Arbeitskampfes geäußert hatte, will nun weiter kämpfen. Am Montag beschloss
die GEW-Tarifkommission, die Einigungsempfehlung der Schlichtungskommission
nicht zu akzeptieren.
„Auch wir werden Streiks vorbereiten“, sagte Vorstandsmitglied Andreas
Gehrke. Die Mitglieder hätten der Gewerkschaft den „Handlungsauftrag“
erteilt, „weiterzumachen“. Es werde jedoch versucht werden, die Streiks so
zu planen, „dass wir die Eltern einbeziehen, dass wir sie mindestens
rechtzeitig informieren und dass wir die Streiks so anlegen, dass wir
maximale Wirkung erzielen mit möglichst wenig Aufwand“.
Die abgelehnte Schlichtungsempfehlung sah für die 240.000 Beschäftigten im
Sozial- und Erziehungsdienst der Kommunen Einkommensverbesserungen von im
Durchschnitt 3,2 Prozent vor. Am besten abgeschnitten hätten dienstältere
KinderpflegerInnen und ErzieherInnen in Leitungsfunktionen. Höchstens
minimale Verbesserungen wären hingegen für SozialarbeiterInnen und
SozialpädagogInnen herausgekommen.
Demgegenüber würden die Forderungen von Verdi, der GEW und dem ebenfalls
beteiligten Deutschen Beamtenbund zu einer Lohnerhöhung von
durchschnittlich 10 Prozent und einem deutlichen Plus für alle
Berufsgruppen im Sozial- und Erziehungsbereich führen.
## Arbeitgeber geben sich unnachgiebig
Die Arbeitgeberseite zeigte vor der nächsten Verhandlungsrunde am
Donnerstag in Offenbach wenig Bereitschaft, auf die Gewerkschaften
zuzugehen. „Die Äußerungen der Gewerkschaften sind befremdlich“, sagte der
Präsident der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände, Thomas Böhle.
Der Schlichterspruch sei der gemeinsam ausgelotete Kompromiss. „Dass die
Ausgangsforderungen der Gewerkschaften nicht erfüllt werden, kann nicht
weitere Streiks legitimieren“, so Böhle.
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistags, Hans-Günter Henneke,
warf den Gewerkschaften vor, eine Tarifauseinandersetzung auf dem Rücken
von Kindern und Eltern auszutragen. „Ein erneuter Streik würde das Fass zum
Überlaufen bringen, aus gewerkschaftspolitischen Motiven gesellschaftliche
Realitäten verkennen und die finanziellen Möglichkeiten der Kommunen
überschätzen“, sagte Henneke der Rheinische Post.
Die Kommunen seien schon an ihre Schmerzgrenze gegangen, sagte Gerd
Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes.
Allerdings deutete er kleinere Verhandlungsspielräume bei den Einzelheiten
des Schlichterspruchs an. „Letztlich wird man natürlich verhandeln müssen�…
sagte Landsberg dem rbb-Inforadio. „Möglicherweise gibt es auch noch
Veränderungsmöglichkeiten zwischen den verschiedenen Gruppen.“ Zunächst
müssten die Gewerkschaften jedoch „diese riesige Erwartungshaltung bei den
Erzieherinnen und Erziehern etwas dämpfen“, forderte er. Mehr Anerkennung
gebe es „eben auch nicht von heute auf morgen“.
Gegen neuerliche Streiks sprach sich auch die Bundesvertretung von Eltern
mit Kindern in Kitas (BEVKI) aus. „Wir rufen die Verhandlungspartner auf,
weiter zu verhandeln – und zwar ohne Streiks“, heißt es in einer
Stellungsnahme der Elternvereinigung. Sie sei war durchaus solidarisch mit
dem ErzieherInnen, unterstütze auch deren Forderung nach einer Aufwertung
ihres Berufs. Aber: „Jetzt erneut mit Streiks zu beginnen, trifft weder auf
die Zustimmung der neuen Eltern, noch auf die Zustimmung der Eltern, die
sich gerade noch vom letzten Streik erholen.“
11 Aug 2015
## AUTOREN
Pascal Beucker
Alina Leimbach
## TAGS
Sozialarbeit
Verdi
Kita-Streik
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