Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Hochschulen und die Industrie: Forschungsfreiheit vor Transparenz
> Die Uni Köln und die Bayer AG halten eine Vereinbarung geheim. Das
> NRW-Oberlandesgericht hat jetzt entschieden, dass das rechtens ist.
Bild: Was die Bayer Pharma AG in Leverkusen so mit akademischen Einrichtungen a…
Münster taz | Die Universität Köln muss ihre strittige Rahmenvereinbarung
mit der Bayer Pharma AG nicht offenlegen. Damit ist die Berufung des
Vereins Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG) vor dem Oberlandesgericht
Nordrhein-Westfalen (OLG) abgewiesen worden. Der 15. Senat des OLG in
Münster bestätigte somit am Dienstag die erstinstanzliche Entscheidung des
Verwaltungsgerichts Köln.
Der Bayer-kritische Verein hatte bereits in der Vorinstanz beantragt, eine
zwischen der Universität Köln und der Bayer HealthCare AG geschlossene
Rahmenvereinbarung offenzulegen.
Als Kläger trat am Dienstag CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes in
Begleitung seines Anwalts Harro Schultze vor Gericht auf. Ihm gegenüber
saßen gleich vier Rechtsvertreter der beklagten Universität Köln und von
Bayer. Nach Verlesen eines längeren Sachberichts kam der Vorsitzende
Richter, OLG-Vizepräsident Sebastian Beimesche, sehr bald auf die für ihn
entscheidenden Punkte.
## Freiheit der Forschung
Er verwies auf den Verfassungsrang, den die Freiheit von Wissenschaft und
Forschung genieße. „Der Landesgesetzgeber hat die Freiheit der Forschung
vor Augen gehabt“, interpretierte er Hochschulgesetz und
Informationsfreiheitsgesetz des Landes. Auch der Umgang mit sensiblen
Forschungsdaten habe das Gericht zu berücksichtigen.
Solche Daten könnten bei Veröffentlichung Wettbewerbsnachteile für das
betroffene Unternehmen provozieren. Ferner beinhalte die Forschungsfreiheit
auch, zu entscheiden, mit wem eine Universität oder ein Wissenschaftler
kooperiere und zu welchen Bedingungen.
In dem seit 2008 gültigen Kooperationsvertrag, der inzwischen abgelaufen
ist, wurden unter anderem Forschungsaufträge in der Medizin vereinbart.
Darin sind auch Vergütungen für die Hochschule festgehalten, wenn etwa
Gewinne aus Patenten erzielt werden. Zusätzlich ging es um die Einrichtung
eines Graduiertenkollegs für „Pharmakologie und Therapieforschung“.
Eine Veröffentlichung des Vertragsinhalts war jedoch ausdrücklich nicht
vorgesehen. Obwohl die Vereinbarung nicht mehr gilt, gehe es ihnen in der
Verhandlung „ums Prinzip“, wie die Anwälte der Beklagten gestern betonten.
## Klage auf Einsichtnahme
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles für die Forschungsfreiheit
und die Transparenz in der Wissenschaft hatte sich der CBG bereits im März
2011 entschlossen, vor dem Verwaltungsgericht Köln auf Einsichtnahme zu
klagen. Diese Klage wies das Gericht im Dezember 2012 ab. Doch die Streiter
für mehr Transparenz legten Berufung ein, die nun verhandelt wurde.
Wie die Kölner Verwaltungsrichter haben sich ihre Kollegen am OVG nicht die
Mühe gemacht, den Inhalt der 29-seitigen Rahmenvereinbarung näher zu
prüfen. „Und das, obwohl ihnen das möglich gewesen wäre“, so Kläger Mim…
Der NRW-Datenschutzbeauftragte habe dies hingegen getan – und die Anfrage
seines Vereins befürwortet.
Physiker Mimkes fürchtet eine unkontrollierte Einflussnahme großer
Unternehmen auf wissenschaftliche Einrichtungen. Sein Anwalt kritisiert die
mangelnde Transparenz beim Umgang mit den gewonnenen Daten, hält die
Gesetze des Landes sogar für verfassungsrechtlich bedenklich. Anwalt
Schultze fragte: „Ist denn die Geheimhaltung der einzige Weg, um die
Freiheit von Lehre und Forschung zu gewährleisten?“
19 Aug 2015
## AUTOREN
Thomas Krämer
## TAGS
Schwerpunkt Bayer AG
Uni Köln
Drittmittel
Hochschulwatch
Transparenz
Informationsfreiheitsgesetz
Uni Köln
## ARTIKEL ZUM THEMA
Transparenz bei Drittmitteln: Die freiwillige Vernunft der Unis
In Niedersachsen legen die Hochschulen ihre Drittmittelkooperationen offen
– freiwillig. Mehr Transparenz schafft kein Gesetz.
Auskunftsrechte bei Behörden: Informationen ohne Freiheit
Am 28. September ist der „Right to know day“. Bei behördlicher Transparenz
rangiert Deutschland sehr weit hinten.
Urteil zu Unikooperation mit Bayer: Pharma-Vertrag darf geheim bleiben
Die Uni Köln will ihren Vertrag mit der Pharmafirma Bayer nicht
veröffentlichen und beruft sich auf eine gesetzliche Ausnahme. Vor Gericht
hat sie nun Recht bekommen.
Kommentar Bayers Vertrag mit Uni Köln: Ohne die geringste Transparenz
Wirklich unabhängig wird eine gesponserte Wissenschaft allen Bekenntnissen
zum Trotz wohl nie sein. Die Geheimniskrämerei der Uni Köln lässt Schlimmes
vermuten.
Forschung an der Kölner Uniklinik: Im Auftrag der Pharmaindustrie
Die Kölner Uniklinik forscht im Auftrag der Bayer AG. Im Vertrag ist die
Entwicklung und Testung von neuen Medikamenten vereinbart. Viel mehr verrät
die Uniklinik nicht.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.