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# taz.de -- Nach 20 Monaten Krieg im Südsudan: Frieden am seidenen Faden
> Ein Regierungsvertreter und Rebellenchef Machar setzen ihre Unterschrift
> unter ein Dokument – kurz vor Ablauf einer Frist für einen
> Friedensvertrag.
Bild: Er hat das vermeintliche Friedensabkommen unterschrieben: Rebellenführer…
BERLIN taz | Es sollte ein feierliches Ereignis werden, durch das der
kriegszerrissene Südsudan nach 20 Monaten Bürgerkrieg zum Frieden
zurückfindet. Die Staatschefs der Region, UN-Diplomaten, Vertreter von EU
und AU und andere Diplomaten waren in die äthiopische Hauptstadt Addis
Abeba gereist, um an diesem Montag der Unterzeichnung eines
Friedensvertrages durch Südsudans Hauptkontrahenten, Präsident Salva Kiir
und Rebellenführer Riek Machar, beizuwohnen.
Die von der Regionalorganisation IGAD (Interregierungsbehörde für
Entwicklung) dafür gesetzte Frist bis zum 17. August galt international als
letzte Chance für die Kriegsparteien nach einem Konflikt, der Zehntausende
Tote und zwei Millionen Flüchtlinge produziert hat.
Stattdessen kam es zur Konfusion. Salva Kiir verließ am Nachmittag die
Zeremonie in Addis Abeba, ohne unterschrieben zu haben. Drei Stunden später
kam er zurück und schüttelte Rebellenführer Machar die Hand. Die anderen
anwesenden Staatschefs – Yoweri Museveni aus Uganda, Uhuru Kenyatta aus
Kenia, Omar Hassan al-Bashir aus Sudan – waren da bereits gegangen.
Schließlich schrieben Riek Machar und der zivile Politiker Pagan Amun vor
laufender Kamera etwas unter ein Dokument – offenbar ein Friedensabkommen.
Unklar blieb auch, ob Pagan Amun, der zu Beginn der Friedensgespräche die
zivile Opposition vertrat und erst vor wenigen Monaten zurück ins
Regierungslager gewechselt war, als Mitglied der Regierungsdelegation
unterschrieben hat. Präsident Salva Kiir selbst unterschrieb nicht; er soll
das Dokument aber paraphiert, also zur Kenntnis genommen haben.
Die Vermittlung erklärte anschließend, die Regierungsseite habe noch
„Vorbehalte“ und sich 15 Tage Zeit bis zu einer endgültigen Unterschrift
erbeten. Vermutlich wird IGAD diese Frist gewähren; eine andere Wahl hat
sie nicht. Sowohl US-Präsident Barack Obama wie auch EU-Diplomaten hatten
zuvor verkündet, ohne Abkommen bis zum 17. August werde es mit Südsudan
kein „business as usual“ mehr geben, sondern Strafmaßnahmen würden erwoge…
Die Probleme erschienen logisch. Die IGAD-Vermittler haben zwei Entwürfe
eines Friedensvertrages ausgearbeitet, und jede Kriegspartei Südsudans
akzeptiert nur einen davon.
## Beide Seiten behalten ihre Armeen
Für die Rebellen um Riek Machar ist ein Dokument vom 24. Juli aus Addis
Abeba maßgeblich, das ihnen erhebliche Vorteile verschafft: Südsudans
Hauptstadt Juba, in der die Regierung Kiir sitzt, wird in diesem Entwurf
entmilitarisiert, und die Rebellen erlangen die faktische Kontrolle über
die Bundesstaaten Unity, Upper Nile und Jonglei, ein Drittel des
Staatsgebiets mit den meisten Ölvorkommen Südsudans.
Außerdem behalten beide Seiten vorerst ihre separaten Armeen. Weil
Südsudans Regierung dies völlig inakzeptabel findet, entstand am 10. August
in Kampala ein zweiter Entwurf, in dem das Gegenteil steht.
Diesen zweiten Entwurf erklärte die Rebellenseite für inakzeptabel; sie
beharrt auf dem ersten; jedoch hat sie sich darüber zerstritten, und daraus
bezogen die Vermittler und auch Präsident Salva Kiir den Optimismus, sie
hätten sich durchgesetzt. Der Präsident, der nicht nach Addis Abeba fahren
wollte, lenkte am Wochenende ein und fuhr doch noch. Aber offensichtlich
fand er nicht den Text vor, den zu unterschreiben er gedenkt. Er hat jetzt
auch nicht unterschrieben – aber immerhin in letzter Minute abgewendet,
dass der Friedensprozess komplett platzt.
17 Aug 2015
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Südsudan
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Salva Kiir
Äthiopien
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Sudan
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