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# taz.de -- Aggression im Freibad: Stress am Beckenrand
> Schlägereien am Sprungturm, rücksichtsloses Verhalten auf der Profi-Bahn,
> nerviges Anbaggern auf der Liegewiese – woher kommen bloß all die
> Aggressionen?
Bild: Von wegen Entspannung - wenn es so voll ist, kann es ganz schön anstreng…
Hamburg | taz Die Sonne brennt auf der Haut, der Schweiß perlt,
Schwimmbadbesucher drängen sich Handtuch an Handtuch auf der Liegewiese.
Kinder rennen herum, kreischen, schubsen sich ins Wasser. Jemand springt
vom Beckenrand, Arschbombe, Wasser spritzt. Eine Frau, die auf einer Liege
döst, wird nass und schimpft. Ein Mann guckt beinahe schon angewidert zu
den tobenden Kinder rüber.
So ein Tag im Freibad ist nicht immer so entspannt, wie man ihn sich
ausgemalt hat. Neben Lärm und Gewusel sorgen auch Aggressionen für Stress
am Beckenrand – vom Pöbeln und Drängeln bis zu handfesten Schlägereien.
Manche Bäder haben es damit sogar in die Schlagzeilen geschafft – wegen
Messerstechereien, Schlägereien oder anderen Gewaltexzessen. Vergangenen
Monat schmiss die Polizei alle 6.000 Gäste aus dem „Columbia-Bad“ in
Berlin-Neukölln: wegen einer Massenschlägerei. Vor einem Jahr ließ sie das
Bad gleich an zwei Tagen nacheinander räumen.
Um solche Eskalationen zu vermeiden, setzt die Bädergesellschaft in
Bremerhaven seit Kurzem private Sicherheitskräfte ein: Immer wieder sei es
zu Streitereien gekommen, weiß die Nordsee Zeitung. Eine Mitarbeiterin des
Schwimmbades berichtete von einer angespannten Atmosphäre, Badegäste hätten
bewusst Regeln überschritten und hätten das Personal bespuckt.
Wenn es voll ist, herrscht Stress aber auch unter den Sporttreibenden, die
sich die Bahnen teilen müssen: Ohne Rücksicht auf Verluste dreschen
LeistungscrowlerInnen an langsamen BrustschwimmerInnen vorbei, drängen ab,
treten mit Füßen und hauen mit Ellbogen um sich.
Dann wieder lassen sich SchönwetterschwimmerInnen zu zweit oder zu dritt
nebeneinander herdriften und beanspruchen ganze Bahnen für sich und ihre
Kaffeekränzchen.
Die Reibungsfläche ist hoch in diesem Mikrokosmos Freibad – zu
unterschiedlich sind die Erwartungen an die zwangsweise gemeinsam
verbrachte Zeit: Man hat schließlich Eintritt bezahlt, und das nicht zu
knapp. Über fünf Euro kosten anderthalb Stunden in einem Hamburger Bad;
anderswo kann man dafür immerhin bis zum Abend bleiben.
Vielleicht also wollen einfach alle auf ihre Kosten kommen – für die einen
bedeutet das, in Ruhe auf der Wiese zu liegen, anderen dient das Bad als
Bühne: zum Präsentieren, Profilieren oder Sichausprobieren. Wieder andere
wollen einfach nur ihr Sportprogramm durchziehen.
Als wäre das alles nicht schon genug konfliktträchtig, macht man sich dabei
auch noch (fast) nackig. Mit der Kleidung geben SchwimmbadgängerInnen in
der Umkleide einen Großteil dessen ab, was wir alle so an Identität zu
vermitteln versuchen. Make-up, szenespezifische Uniformen und Statussymbole
fallen, ans Licht kommen Tattoos, Narben und Pickel, ganz zu schweigen von
körperlichen Versehrtheiten, Fettpolstern, schrägen Proportionen und
anderen Abweichungen vom Schönheitsideal.
Für viele ist das Grund genug, das Schwimmbad zu meiden. Bei denen, die
trotzdem gehen, scheint die Nacktheit archaische Instinkte zu Tage zu
fördern.
Auf private Sicherheitsdienste setze man, um die Bademeister zu entlasten,
sagt der Sprecher der Hamburger Betreibergesellschaft Bäderland. Zwei
Schränke in Schwarz patrouillieren dann über die Wiese – muskelbepackte
Türsteher-Typen, braun gebrannt, mit getrimmten Haaren. Ob das zur
gefühlten Sicherheit beiträgt – oder nicht vielmehr das Gegenteil bewirkt?
Mehr über Aggressionen im Freibad lesen Sie in der gedruckten Ausgabe der
taz.nord oder [1][hier]
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## AUTOREN
Katharina Schipkowski
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