# taz.de -- Neonazis in Berlin: Aggressive Demonstrationen | |
> Nicht nur die Anzahl rechtsextremer Aufmärsche, sondern auch die Zahl der | |
> dort begangenen Straftaten steigt deutlich an – von Volksverhetzung bis | |
> Körperverletzung. | |
Bild: Protest gegen eine Neonazi-Kundgebung in Köpenick. | |
Die Anzahl der Straftaten, die im Rahmen rechtsextremer Versammlungen in | |
Berlin begangen werden, steigt rasant: Waren es im Jahr 2013 noch 41 Fälle, | |
zählt die polizeiliche Statistik für das Jahr 2014 91 Delikte. Im laufenden | |
Jahr könnte diese Zahl noch übertroffen werden: Für das erste Halbjahr 2015 | |
sind bereits 46 Fälle vermerkt – und in den letzten beiden Jahren lag der | |
Schwerpunkt der rechten Gewalt deutlich in der zweiten Jahreshälfte. | |
Die Zahlen, die jetzt von der Innenverwaltung in der Antwort auf eine | |
Anfrage der Grünen-Abgeordneten Clara Herrmann veröffentlicht wurden, | |
zeigen einen klaren Zusammenhang zwischen der Zahl der Straftaten und dem | |
Anstieg flüchtlingsfeindlicher Demonstrationen: 21 der 41 im Jahr 2013 | |
registrierten Fälle geschahen im Stadtteil Hellersdorf im Zusammenhang mit | |
den dortigen Demonstrationen gegen ein Flüchtlingsheim. 2014 wurden mit | |
Abstand die meisten Taten – 43 – in Marzahn begangen, auch hier steht der | |
Großteil von ihnen im Zusammenhang mit den Anti-Heim-Protesten. Ähnlich die | |
Situation in Köpenick, wo mit 11 Taten die zweitmeisten Delikte im Jahr | |
2014 begangen wurden. Im ersten Halbjahr 2015 steht dann der Stadtteil | |
Moabit mit bisher 15 Fällen an der Spitze – hier finden seit Januar die | |
Bärgida-Demonstrationen statt. | |
„Die Zahlen belegen eine dramatische Entwicklung, die wirklich gruselig | |
ist“, sagt Clara Herrmann. „Gerade der klare Zusammenhang mit der massiven | |
Hetze gegen Flüchtlinge, die wir seit einiger Zeit erleben, ist sehr | |
besorgniserregend.“ | |
Die Zahl der Körperverletzungsdelikte ist in den letzten beiden Jahren | |
ebenfalls deutlich gestiegen: Von sieben Fällen im Jahr 2013 auf 13 im Jahr | |
2014. Volksverhetzung, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger | |
Organisationen und Beleidigung tauchen ebenfalls häufig in der Liste auf. | |
Außerdem gibt es eine lange Reihe von Verstößen gegen das | |
Versammlungsgesetz. Diese sind keineswegs harmlos: „Während des Aufzugs | |
‚Nein zum Containerdorf‘ führte der Beschuldigte ein Kampfmesser mit 9,5 cm | |
langer Klinge mit sich“, lautet etwa ein Eintrag aus dem Januar dieses | |
Jahres. | |
## Dunkelziffer noch höher | |
Sebastian Wehrhahn von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus nennt | |
die Zahlen alarmierend – und vermutet einen Zusammenhang mit aktuellen | |
rassistischen Diskursen. „Diese Zahlen unterstreichen den Eindruck, den wir | |
in unserer Arbeit in den Bezirken gewinnen: Ein erstarkender | |
gesellschaftlicher Rassismus bedeutet immer eine Zunahme an rassistischer | |
Propaganda und Gewalt“, sagt Wehrhahn. | |
Den Zusammenhang mit den Debatten um Flüchtlingsunterbringung sieht auch | |
die Innenverwaltung: „Die rechtsextremistische Szene nutzt die Debatte um | |
gestiegene Flüchtlingszahlen als Anknüpfungspunkt zum Transport ihrer | |
fremdenfeindlichen und rassistischen Positionen“, sagt ein Sprecher. Den | |
Anstieg der Fälle deutet man allerdings etwas anders: „Die Anzahl der | |
erfassten Delikte zeigt, dass die Polizei konsequent bei Straftaten | |
einschreitet“, so der Sprecher. | |
Die Zahl der Opfer rechter Aggressionen dürfte derweil noch höher liegen: | |
Zum einen erfasst die polizeiliche Statistik jeweils einen kompletten Fall, | |
also etwa mehrere Flaschenwürfe zu einem bestimmten Zeitpunkt – es kann | |
dabei sowohl mehrere Täter als auch mehrere Opfer geben. Zum anderen wird | |
längst nicht jede Tat zur Anzeige gebracht. Zahlen wie die des Berliner | |
Registers, die Meldungen über rechtsextreme Taten auch dann erfassen, wenn | |
es keine Anzeige gibt, legen seit Jahren nahe, dass es in diesem Bereich | |
eine hohe Dunkelziffer gibt. | |
3 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Malene Gürgen | |
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