# taz.de -- Neonazis in Berlin: Offiziell nicht gefährlich | |
> Die Polizei hat keine einzige Person aus der rechtsextremen Szene als | |
> Gefährder registriert – obwohl die Zahl der Straftaten mit rechtem | |
> Hintergrund deutlich angestiegen ist. | |
Bild: Rechtsextreme Gefährder hat die Polizei nicht registriert. | |
Die Zahl überrascht: In Berlin wird schon seit 2012 keine einzige Person | |
aus dem rechtsextremen Spektrum mehr als „Gefährder“ geführt. Dies teilte | |
die Senatsinnenverwaltung auf Anfrage des Linken-Politikers Hakan Tas, | |
innenpolitischer Sprecher seiner Fraktion im Abgeordnetenhaus, mit. Tas | |
hatte sich in diesem Jahr gemeinsam mit Benedikt Lux, dem rechtspolitischen | |
Sprecher der Grünen-Fraktion, über den Mangel gegen rechts gerichtete | |
Gefährderansprachen im Vorfeld des 1. Mai empört. Vor dem diesjährigen 1. | |
Mai waren 29 Gefährderansprachen im linken und keine einzige im rechten | |
Spektrum geführt worden. | |
In der Kategorie „politisch motivierte Kriminalität – links“ sind laut | |
Polizei hingegen Personen als Gefährder eingestuft, wenn auch deren Anzahl | |
im „unteren einstelligen Bereich“ liege. Ein Gefährder ist nach | |
bundesweiter Definition eine Person, bei der „bestimmte Tatsachen die | |
Annahme rechtfertigen, dass sie politisch motivierte Straftaten von | |
erheblicher Bedeutung begehen wird“. | |
Dass die Berliner Polizei keine Person aus der rechten Szene so einstuft, | |
wertet der Linken-Fraktionsvorsitzende Udo Wolf als Beleg dafür, dass | |
Innensenator Frank Henkel (CDU) „auf dem rechten Auge blind“ sei. „Trotz | |
anders lautender Beteuerungen hat der Innensenator aus dem NSU-Skandal | |
offenbar nichts gelernt“, sagt Wolf. Man müsse davon ausgehen, dass der | |
Innensenator „regelrecht wegguckt“, wenn es um Gefahren von rechts gehe. | |
## Ansprachen finden statt | |
Dass es diese Gefahr gibt, lässt sich belegen: Allein die Straftaten mit | |
rechtsextremem Hintergrund, die während politischer Versammlungen begangen | |
werden, haben sich im Jahr 2014 im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt. | |
Auch die Zahl der Angriffe auf bestehende oder sich im Bau befindende | |
Flüchtlingsheime ist deutlich gestiegen: Wurden im Jahr 2013 noch fünf | |
Delikte den Kategorien „Gewalt gegen Sachen“ und „Asylthematik“ zugeord… | |
waren es im Jahr 2014 41 Taten in der neu geschaffenen Kategorie „Gegen | |
Asylunterkünfte“. Bis auf fünf nicht zuzuordnende Fälle alles Delikte mit | |
offenbar rechtsextremem Hintergrund. | |
Allerdings: Gefährderansprachen im rechtsextremen Milieu führt die Polizei | |
nach eigener Auskunft prinzipiell sehr wohl durch. Denn diese Ansprachen, | |
so Polizeisprecher Stefan Redlich, werden auch mit Personen geführt, die | |
offiziell nicht als Gefährder eingestuft sind: Anders als der Name vermuten | |
lässt, könne eine Gefährderansprache prinzipiell jeder bekommen, der in den | |
letzten zwölf Monaten eine „versammlungsbezogene Straftat“ begangen hat, | |
also sich zum Beispiel auf einer Demonstration vermummt hat. Anlässlich der | |
diversen Neonazi-Aufmärsche in Marzahn im November letzten Jahres etwa habe | |
die Polizei insgesamt 25 solcher Ansprachen durchgeführt. | |
Wie viele Gefährderansprachen insgesamt gegen Rechts- und Linksradikale | |
geführt werden, wird statistisch nicht erfasst – laut Redlich ist es aber | |
wahrscheinlich, dass diese Ansprachen öfter im linken als im rechten Milieu | |
geführt werden. „Wir streben hier keine paritätische Verteilung an, sondern | |
führen die Gespräche, wenn es dafür Anlässe, etwa eine bevorstehende | |
Großdemonstration, gibt“, so der Polizeisprecher. Diese Anlässe gebe es im | |
linken mehr als im rechten Spektrum. Allerdings: Im ersten Halbjahr 2015 | |
gab es mit 46 bereits mehr Straftaten mit rechtsextremem Hintergrund als im | |
gesamten Jahr 2013 – und das ganz ohne rechte Großdemonstration. | |
24 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Malene Gürgen | |
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