# taz.de -- Betrugsprozess: Abzock-Vermieter kriegt Deal | |
> Landgericht verhandelt gegen den Immobilienbesitzer Kuhlmann, der dem | |
> Sozialamt überhöhte Mieten für Hartz-IV-EmpfängerInnen in Rechnung | |
> stellte. | |
Bild: Hauptsache, die Leute kommen unter: Bei Sozialwohnungen schaut das Team A… | |
Hamburg taz | Das Angebot eines Deals aus Gründen der Prozessökonomie kam | |
gleich nach Verlesung der Anklage: Wenn der Ex-CDU-Kommunal-Politiker und | |
Immobilienbesitzer Thorsten Kuhlmann am Mittwoch ein Geständnis ablege, | |
solle er glimpflich davon kommen, bot das Landgericht an. Indem er die 117 | |
ihm zur Last gelegten Mietbetrugsfälle und -versuche einräume, werde das | |
Gericht den 52-Jährigen zu einer Bewährungsstrafe von nicht mehr als 15 | |
Monaten verurteilen. | |
Fünf Jahre lang klappte die miese Masche von Thorsten Kuhlmann und dessen | |
Grundstücksgesellschaft gut. Zwischen 2005 und 2010 vermietete er | |
Bruchbuden in Hamm, Horn, Billstedt und Wilhelmsburg an von Obdachlosigkeit | |
bedrohte Hartz-IV-Empfänger, deren Mieten nach dem Sozialgesetzbuch „SGB | |
II“ von der Arbeitsgemeinschaft Team-Arbeit gezahlt werden mussten. Während | |
in den Mietverträgen die Behausungen mit 49 oder 38 Quadratmetern | |
ausgewiesen wurden, waren sie tatsächlich nur 30 oder 20 Quadratmeter groß. | |
Zimmer in Wohnungen ohne eigene Küche oder Bad wurden als ganze Wohnungen | |
mit Küche und Bad beim Team-Arbeit abgerechnet. | |
Obwohl die durch Team-Arbeit zu entrichtenden Mietzahlungen zwar nicht die | |
Regelsätze für Wohngeld nach dem SGB II überschritten, erzielte Kuhlmann | |
somit Quadratmeterpreise von 14 Euro und damit weit über dem Mietenspiegel. | |
Die offiziellen Mieter, froh ein Dach über den Kopf zu haben, ließen sich | |
das gefallen. Team-Arbeit nahm alles scheinbar widerspruchslos hin, um die | |
Leute in Obdach zu bringen. | |
Aufgeflogen ist das „System Kuhlmann“, als er auch unbewohnbare Dachböden | |
und Kellerräume mit Schimmel als Wohnungen der Team-Arbeit in Rechnung | |
stellen wollte und damit 2010 die Bauprüfabteilung des Bezirksamtes Mitte | |
aufschreckte. In einigen Zivilprozessen haben sich der 52-Jährige und | |
Team-Arbeit seither auf Rückzahlungen verglichen. Das Landgericht geht aber | |
immer noch von einem Schaden von 400.000 Euro aus. Dennoch schlägt es den | |
Vergleich ohne Beweisaufnahme vor. „Ein Verfahren würden zwei Jahre | |
dauern“, sagte Richterin Woltas. Es gebe auch diverse juristische Probleme, | |
das Betrugsdelikt einzugrenzen. | |
Denn es sei bei den Verträgen durch die Zwischenschaltung der Mieter eine | |
„untaugliche Dreieckbeziehung“ entstanden. Zudem habe Team-Arbeit Kuhlmann | |
den Betrug leicht gemacht. In 54 Fällen müsse schon jetzt „nur von | |
versuchtem Betrug“ ausgegangen werden, da die Team-Arbeit-Sachbearbeiter | |
der Bezahlung auch dann zugestimmt hätten, wenn sie die tatsächlichen | |
Wohnungsgrößen gekannt hätten. „Die Kammer war sich lange nicht einig, wo | |
eigentlich der Schaden liegt“, sagt Woltas. | |
3 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Kai von Appen | |
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