# taz.de -- Belege für NPD-Verbot: Die Gewalt spricht für sich | |
> Die NPD hetzt gegen Flüchtlinge und greift sie an. Die Innenminister | |
> beobachten das und sammeln Material für ein Verbot der Partei. | |
Bild: Die NPD bei einer Demonstration in Dresden | |
BERLIN taz | Am Ende eskaliert der Protest. Die NPD-Anhänger schmeißen | |
Flaschen und Steine auf Gegendemonstranten, auch eine Warnbarke. Mit einer | |
Kundgebung hatten die Rechtsextremen zuvor gegen eine Zeltstadt für | |
Flüchtlinge in Dresden protestiert. Die Bilanz am Ende: drei verletzte | |
Gegendemonstranten, darunter eine junge Frau mit blutender Kopfwunde. | |
Die Kundgebung dürfte für die NPD noch ein ernstes Nachspiel haben. Denn | |
der Vorfall wurde genau beobachtet – vom sächsischen Innenministerium. Dort | |
und in den anderen Ländern werden noch immer Belege für ein NPD-Verbot | |
gesammelt. Für Ende August ist eine Nachlieferung an das | |
Bundesverfassungsgericht geplant. Und die Randale von Dresden ist dafür | |
gefundenes Futter. | |
„Wir werden uns den Vorfall in Dresden sehr genau anschauen“, heißt es von | |
Verantwortlichen für die Materialsammlung. Vieles spreche dafür, dass der | |
Fall noch aufgenommen werde. | |
Auch im sächsischen Innenministerium betont ein Sprecher, dass die Belege | |
für den Verbotsantrag „natürlich“ fortlaufend „aktualisiert“ werden. … | |
jetzt aber habe man eine „fundierte Darstellung“, die „einzelne | |
Vorkommnisse nicht grundsätzlich neu qualifizieren“. | |
Auch andernorts schauen die Sicherheitsbehörden derzeit genau hin, wie die | |
NPD bei Anti-Asyl-Protesten auftritt. Geprüft werde eine „Scharnier- und | |
Bündelungsfunktion“ der Partei bei den Kundgebungen, heißt es. | |
## Anheizer der Anti-Asyl-Proteste | |
So zählt etwa zu den Verdächtigen eines Brandanschlags im brandenburgischen | |
Zossen ein NPD-Wahlkampfhelfer. In Tröglitz, Sachsen-Anhalt, organisierte | |
ein NPD-Kreisrat Kundgebungen gegen eine Flüchtlingsunterkunft – auf die | |
später ein bisher nicht aufgeklärter Brandanschlag verübt wurde. Zuvor | |
schon trat der Bürgermeister zurück, als der NPD-Mann auch vor dessen Haus | |
ziehen wollte. | |
Der Rücktritt wäre ein Beleg dafür, wie die NPD ein „Klima der Angst“ | |
schafft – ein weiterer Vorwurf im Verbotsantrag. Die Gutachter schauen hier | |
besonders nach Mecklenburg-Vorpommern, wo die NPD noch im Landtag sitzt und | |
in einigen Dörfern fest verankert ist. | |
Innenminister Lorenz Caffier (CDU) sieht die Partei auch hier als Anheizer | |
der Anti-Asyl-Proteste. Die Partei „agitiert im Landtag permanent gegen | |
Flüchtlinge“ und versuche so eine „fremdenfeindliche Stimmung in der | |
Bevölkerung zu erzeugen“. Damit, so Caffier, sei die NPD „ein noch dazu zum | |
Teil staatlich finanzierter Kristallisationspunkt rassistischer und damit | |
eindeutig demokratiefeindlicher Bestrebungen“ – und gehöre deshalb | |
verboten. | |
Eine klare Ansage - welche die NPD in eine kniffelige Lage bringt. | |
Einerseits will sich die Partei derzeit nicht angreifbar machen. | |
Andererseits kämpft sie um Aufmerksamkeit. Denn bisher profitiert die NPD | |
nur wenig von der Anti-Asyl-Stimmung, obwohl sie seit Monaten gegen | |
Unterkünfte mobilmacht. Hinter der Pegida-Bewegung versammelten sich | |
dagegen Tausende. | |
## Keine Zurückhaltung | |
In Sachsen forderte NPD-Landeschef Jens Baur daher auf der | |
Dresden-Kundgebung markig, künftig nicht nur „im Kreis zu spazieren, bis | |
einem schwindlig wird“, sondern „laut zu protestieren“. Bei den | |
Materialsammlern für das NPD-Verbot beobachtet man solche Aussagen | |
aufmerksam. „Man hätte es auch anders erwarten können“, heißt es dort. | |
„Aber die NPD hält sich nicht sonderlich zurück.“ | |
Ob die Beweise vor dem Bundesverfassungsgericht tragen, ist dennoch unklar. | |
Schon 2003 scheiterte ein erster Verbotsanlauf – damals weil zu viele | |
Belege von V-Leuten stammten. Diesmal mehren sich Zweifel, ob eine | |
Gefährlichkeit der NPD noch nachzuweisen ist. Die Partei befindet sich im | |
Niedergang: Sie flog in ihrem Stammland Sachsen aus dem Landtag, verliert | |
Mitglieder, die Parteikasse ist leer. | |
Zuletzt geriet auch die Materialsammlung ins Stocken. Eigentlich wollten | |
die Länder ihren Nachschub bereits Ende Juni abliefern. Sie erbaten sich | |
aber mehr Zeit, um Bürgermeister und zivilgesellschaftliche Gruppen zu | |
befragen, die unter der NPD leiden. NPD-Anwalt Peter Richter jubilierte | |
bereits über die „Beweisnot“ des Bundesrats. | |
Die Länder sehen dagegen genug Stoff. Sie verweisen auch auf andere Orte, | |
wo die NPD mit Gewalt auffiel: So attackierten Parteimitglieder am 1. Mai | |
in Weimar eine Gewerkschaftskundgebung. Darunter sollen ein | |
Kreisvorsitzender, mehrere Abgeordnete oder der Bundesvize der Parteijugend | |
gewesen sein. | |
„Schwer erträglich“, nennt den Angriff Thüringens Ministerpräsident Bodo | |
Ramelow (Linke). „Ich hoffe auf eine positive Entscheidung des | |
Bundesverfassungsgerichts.“ Bei den Anfeindungen gegen Asylunterkünfte sei | |
der Verbotsantrag aber „nur ein kleiner Baustein“, so Ramelow. Hier brauche | |
es „dringend eine gesellschaftliche Auseinandersetzung“. | |
31 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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