# taz.de -- Menschenrechtler über Lage in Burundi: „Die Positionen sind radi… | |
> Burundis Krise geht auf das Versagen des Präsidenten zurück, sagt | |
> Menschenrechtler Pierre-Claver Mbonimpa. Ein Gespräch über Korruption und | |
> Folter im Gefängnis. | |
Bild: Endspurt: Präsident Nkurunziza beim Wahlkampfabschluss am Freitag, 17. J… | |
taz: Herr Mbonimpa, warum hat die Kandidatur von Präsident Pierre | |
Nkurunziza zu einer dritten Amtszeit das Land in eine neue Krise gestürzt? | |
Pierre-Claver Mbonimpa: Der Grund ist nicht die Kandidatur von Nkurunziza, | |
sondern dass er Versprechen nicht erfüllt hat. Er hat aus Burundi kein | |
besseres Land gemacht, seit er 2005 Präsident wurde. Wir sind in der Zeit | |
stehengeblieben – unsere Lage hat sich nicht verschlechtert, aber auch | |
nicht verbessert. Das liegt nicht an der Bevölkerung, sondern an den | |
Politikern. Es ist alles sehr traurig. | |
Aber der Krieg 1993–2005 ist doch noch nicht so lange her. Braucht es nicht | |
mehr Zeit, um ein Land aufzubauen? | |
Wir bekamen Unterstützung von überall für den wirtschaftlichen Aufbau. Das | |
Geld verschwand aber in den Taschen der Führer und der Bevölkerung geht es | |
kaum besser. Was hat man von neuen Schulgebäuden, wenn es keine Schulbänke, | |
Bücher oder Lehrer gibt? | |
Hat die Regierung Nkurunziza denn überhaupt nichts getan für die | |
Bevölkerung? | |
Ich habe selbst während des Krieges zwei Jahren im Gefängnis gesessen und | |
am eigenen Leib erlebt, wie brutal früher die Behandlung von Gefangenen | |
war. Folter und Misshandlung waren normal. Es gab in dieser Hinsicht | |
Verbesserungen, als Nkurunzizas Regierung antrat. Gefangene kamen viel mehr | |
als früher an die frische Luft, Folter wurde weniger und täglich konnten | |
Familie und Anwälte Gefangene besuchen. | |
Sie waren voriges Jahr und dieses Jahr kurz wieder im Gefängnis, weil Sie | |
die Regierung unter anderem beschuldigten, außergerichtliche Hinrichtungen | |
vorzunehmen. Ist die Lage noch immer O. k.? | |
Nein. Es werden jetzt wieder Gefangene gefoltert, vor allem Kritiker des | |
Präsidenten. | |
Dieses Jahr wurden Sie festgenommen, weil Sie der Jugendmiliz von | |
Nkurunzizas Regierungspartei CNDD-FDD Gewalt vorwarfen? | |
Die Imbonerakure, die CNDD- FDD-Jugendorganisation, werden im Kongo | |
trainiert und bewaffnet von den Behörden hier. Es ist eine Art Miliz. Wir | |
erhalten viele Berichte, dass sie die Bevölkerung terrorisieren. | |
Welche Rolle spielt jetzt noch die Rivalität zwischen Hutu und Tutsi? | |
Es ist jetzt ein politischer Konflikt, solange Politiker nicht die | |
ethnische Karte spielen. Der Präsident hat leider gesagt, dass vor allem | |
Tutsi ihn weghaben möchten. Aber viele Opfer und Gefangene in den letzten | |
Monaten sind Hutu-Jugendliche. Viele der Straßenschlachten zwischen Gegnern | |
einer dritten Amtszeit für Nkurunziza und der Polizei fanden statt in was | |
früher Tutsi-Wohngebiete waren. Aber jetzt leben Hutu und Tutsi dort | |
friedlich zusammen. | |
Wie ist es möglich, dass ein politischer Konflikt innerhalb drei Monaten so | |
außer Kontrolle gerät? | |
Das geht schon länger. Schon 2010 boykottierte die Opposition die Wahlen | |
und seitdem verschwinden Menschen. Jedes Jahr gibt es über 400 Tote oder | |
Vermisste. | |
Wird die Lage nach den Wahlen sich stabilisieren oder eskalieren? | |
Die Positionen auf beiden Seiten sind radikalisiert. Wenn es keine | |
politische Lösung gibt, die beiden Seiten etwas bietet, fürchte ich, dass | |
die Lage sich verschlechtert. | |
Gibt es wieder Krieg? | |
Möglich. | |
21 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Ilona Eveleens | |
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