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# taz.de -- Beate Zschäpe und ihre Verteidiger: Der Höhepunkt der Krise
> Die Richter lehnen die Abberufung der Anwälte im NSU-Prozess ab. Das
> Verhältnis zwischen Anwälten und Angeklagter könnte kaum schlechter sein.
Bild: Wollen nicht mehr, müssen aber weitermachen: Anja Sturm, Wolfgang Stahl,…
Berlin taz | Jetzt haben auch die Verteidiger genug. Der Verhandlungstag
war am Montag kaum gestartet, da geriet der Münchner NSU-Prozess ins Wanken
wie noch nie. Wolfgang Heer, Pflichtverteidiger der Hauptangeklagten Beate
Zschäpe, erhob sich zu einer kurzen Erklärung: Er beantrage – auch für
seine beiden Kollegen Wolfgang Stahl und Anja Sturm – die „Bestellung“ als
Pflichtverteidiger aufzuheben. Eine optimale Verteidigung sei nicht mehr
gegeben. Mehr könne er aufgrund der „anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht“
nicht mitteilen.
Ein radikaler Schritt – der geeignet wäre, den Prozess zum Platzen zu
bringen. Heer sagte, man sei sich bewusst, dass der Antrag das Verfahren
gefährde, man habe sich das Vorgehen aber „reiflich“ überlegt. Alle
bisherigen Warnungen habe Richter Manfred Götzl „in den Wind geschlagen“.
Der bittet um genauere Gründe – Heer aber schweigt. Immer wieder lässt
Götzl die Sitzung unterbrechen. Am Nachmittag verkündet er: Der Antrag ist
abgelehnt, es gebe keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine nachhaltig
gestörte Zusammenarbeit mit Zschäpe. Damit wird der Prozess fortgesetzt wie
bisher.
Dennoch erreichte die Verteidigerkrise im NSU-Prozess am Montag ihren
Höhepunkt. Denn zuvor schon hatte Zschäpe mehrmals versucht, ihre Anwälte
loswerden. Sie warf ihnen vor, die falschen Fragen zu stellen oder sie
unter Druck zu setzen. Seit Wochen verweigerte sie ihren Anwälten jedes
längere Gespräch oder gar einen Handschlag. Götzls Strafsenat lehnte ihre
Anträge aber als zu unkonkret ab.
Nun also die Retourkutsche der Verteidiger. Die Hürden für eine Entbindung
lagen allerdings hoch – noch dazu mit dem fast unbegründeten Antrag der
Anwälte. Die Anwälte hätten eine „unrettbare Zerrüttung des Vertrauens zu
ihrer Mandantin“ nachweisen müssen, so eine Gerichtssprecherin.
Gut möglich, dass es Stahl, Sturm und Heer mit ihrem Vorstoß nur um den
Nachweis ging, nicht gegen alle Widerstände an ihrem Mandat „zu kleben“.
Denn auch sie wussten, dass die Richter bisher alles taten, um den seit
zweieinhalb Jahren laufenden Prozess nicht zu gefährden. Als Zschäpe
wiederholt erkrankte, reduzierte Richter Götzl die Verhandlungstage von
drei auf zwei pro Woche. Erst kürzlich stellte er der Angeklagten zudem
einen vierten Pflichtverteidiger zur Seite: den jungen Münchner Anwalt
Mathias Grasel, der Zschäpes Vertrauen genießt. Der allerdings hat weite
Teile der Beweisaufnahme verpasst und hätte wohl kaum alleine weiter
verteidigen können.
Zschäpe ließ am Montagmorgen über Grasel mitteilen, dass sie dem Antrag
ihrer drei ursprünglichen Verteidiger „nicht entgegentrete“. Demonstrativ
stellte sie sich hinter ihren Neu-Anwalt. Sie beantragte eine neue
Sitzordnung im Saal: Grasel solle fortan ganz vorne, vor der Richterbank,
sitzen – dort, wo bisher Verteidiger Wolfgang Heer Platz nahm. Richter
Götzl ließ das Ansinnen vorerst unbeantwortet.
Nebenklageanwälte der NSU-Hinterbliebenen kritisierten es als „unwürdig“,
dass sich der Prozess erneut mit „Befindlichkeiten“ Zschäpes beschäftigen
müsse. Ungehört blieb so am Montag der geladene Zeuge Kay S., ein früherer
Jenaer Neonazi, der Zschäpe bei einem früheren Termin bereits belastet
hatte.
20 Jul 2015
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
NSU-Prozess
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
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Beate Zschäpe
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