| # taz.de -- Gegen Kriminelle in der Südukraine: Leben im Schmuggelparadies | |
| > In Transkarpatien im Südwesten der Ukraine herrschen Schmuggel und | |
| > Kriminalität. Da soll der Präsident jetzt aufräumen. | |
| Bild: Ukrainische Soldaten kontrollieren alles, was sich noch bewegt. | |
| Kiew taz | Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat vergangene Woche | |
| fast die gesamte Führung der Regionalverwaltung in Transkarpatien | |
| ausgewechselt. Auch die örtliche Polizei, der Grenzschutz und Zoll sowie | |
| der Geheimdienst haben neue Spitzen bekommen. Damit hat Poroschenko auf | |
| eine Schießerei in der Kleinstadt Mukatschewe im Südwesten der Ukraine an | |
| der ungarischen Grenze zwischen schwer bewaffneten Kämpfern des | |
| nationalistischen „Rechten Sektors” und der Polizei reagiert. | |
| Der neue Gouverneur Hennadij Moskal hat zuletzt die Gebietsverwaltung der | |
| ostukrainischen Region Luhansk geleitet, die unter Kontrolle der Regierung | |
| in Kiew geblieben ist. Moskal stand in der zweiten Hälfte der 1990er rund | |
| zwei Jahre lang der Polizei in Transkarpatien vor und war 2001 kurze Zeit | |
| Gouverneur in der Region. | |
| Er gilt zudem als Kämpfer gegen Korruption und Schmuggel mit einem Hang zum | |
| Populismus. Ob es ihm gelingt, die Clans und verfilzten Strukturen in einer | |
| Region, die als Hochburg des Schmuggels gilt, zu zerschlagen, bleibt jedoch | |
| offen. | |
| ## Ein Tunnel für die Schmuggelroute | |
| Denn Transkarpatien, vom Rest des Landes durch die mächtige Bergkette der | |
| Karpaten getrennt, führt bereits seit Jahrzehnten ein Eigenleben. Nach dem | |
| Zerfall der Sowjetunion erlebte die Region einen schweren wirtschaftlichen | |
| Niedergang. Dessen Folgen wurden durch das Aufblühen des Schmuggels | |
| aufgefangen, der einige lokale „Fürsten” sehr reich machte und für Teile | |
| der Bevölkerung fast die einzige Einnahmequelle war. | |
| Durch die Grenze zu Polen, der Slowakei, Ungarn und Rumänien im teils | |
| schwer zugänglichen Gebirge war die Region als Umschlagplatz für Schmuggel | |
| prädestiniert. Oft spezialisierten sich Familien über Generationen hinweg | |
| auf bestimmte Waren. Holz, Alkohol, Flüchtlinge und Zigaretten, | |
| Baumaterialien – alles wurde in beide Richtungen über die Grenze geschoben. | |
| Das verrückteste Beispiel für den Einfallsreichtum der Schmuggler war ein | |
| von ihnen gegrabener Tunnel in die Slowakei. | |
| Das profitable Geschäft konnte nicht ohne den Schutz von Politikern, | |
| Beamten, Polizisten, Zöllnern und Grenzschützern funktionieren – nicht nur | |
| auf lokaler Ebene, sondern auch in Kiew, das die Zustände jahrelang | |
| ignoriert hatte. Die regionalen Fürsten lieferten die notwendigen | |
| Wahlergebnisse. | |
| ## Ganz schöner Nettogewinn | |
| Im politischen Machtkampf gegenüber Kiew konnten die örtlichen Eliten | |
| Minderheiten instrumentalisieren. Das gilt auch für den „Rechten Sektor”, | |
| bei dem nicht nur nationalistische und teilweise neonazistische, sondern | |
| manchmal auch halbkriminelle Elemente zu finden sind und der in | |
| Transkarpatien – so zumindest das hartnäckige Gerücht – von einem | |
| einflussreichen lokalen Fürsten finanziell unterstützt wird. | |
| Transkarpatien gilt als die am meisten kriminalisierte Region nach dem | |
| Donbass. Viele Beobachter gehen davon aus, dass der heutige Konflikt nichts | |
| anderes als ein Bandenkrieg ist, bei dem es um Neuverteilung der | |
| Einflussgebiete beim Schmuggel geht. Es geht um sehr viel Geld: Ein mit | |
| Zigaretten vollbeladener Lkw wirft im EU-Bestimmungsland nach Aussagen von | |
| Experten einen Nettogewinn von rund 450.000 Euro ab. | |
| 20 Jul 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Juri Durkot | |
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