| # taz.de -- EU und Griechenland: Der Wolfgang-Schäuble-Plan | |
| > Nachbessern oder Teilzeit-Grexit. Was es mit den Forderungen des | |
| > deutschen Finanzministers an Griechenland auf sich hat. | |
| Bild: Schäuble verlangt Verwaltungsreformen unter Aufsicht und eine automatisc… | |
| Berlin taz | War es nur ein Bluff im großen Griechenland-Poker, oder war es | |
| ernst gemeint? Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) überraschte die | |
| Partner der Euro-Gruppe mit weitreichenden Forderungen an die griechische | |
| Regierung – just in dem Moment, als einige Länder, allen voran Frankreich | |
| und Italien, Zustimmung zu den neuen Reformplänen Griechenlands | |
| signalisierten. Schäubles Drohung: Entweder Griechenland bessert umfassend | |
| nach, oder es verlässt die Euro-Zone – vorrübergehend. | |
| In den griechischen Vorschlägen fehlten wichtige Reformen, um das Land zu | |
| modernisieren, etwa auf dem Arbeitsmarkt, im öffentlichen Dienst, im | |
| Bankensystem und bei Privatisierungen, heißt es in Schäubles Bewertung des | |
| Sparpapiers aus Athen. Daher könnte es nicht die Basis für ein komplett | |
| neues Hilfsprogramm sein. | |
| Schäubles Forderungen für Nachbesserungen haben es in sich: So soll | |
| Griechendland Vermögenswerte des Staates in Höhe von 50 Milliarden Euro an | |
| einen externen Treuhandfonds, etwa in Luxemburg, übertragen. Der Fonds soll | |
| dieses Vermögen privatisieren, also verkaufen und mit den Erlösen Schulden | |
| begleichen. | |
| Zudem verlangt Schäuble Verwaltungsreformen unter Aufsicht und eine | |
| automatische Reduzierung der Hilfszahlungen, falls Griechenland seine | |
| Sparziele verfehlt. | |
| ## Vorbild: Abwicklung des DDR-Vermögens | |
| Einen ähnlichen Treuhandfonds gab es schon einmal: bei der Abwicklung des | |
| DDR-Vermögens nach der deutschen Wiedervereinigung vor 25 Jahren. Daran war | |
| Schäuble als Chef des Bundeskanzleramtes unter Helmut Kohl in führender | |
| Rolle beteiligt. Auch damals wurde Staatsvermögen verkauft – marode | |
| Fabriken, aber auch Wohnungen und Ländereien. Ziel war weniger eine | |
| Schuldenbegleichung, sondern vielmehr die völlige Neugestaltung des | |
| Wirtschaftssystems. Dass dabei kapitalschwache Interessenten aus dem Osten | |
| kaum zum Zuge kamen, nahm Schäuble in Kauf. | |
| Der rabiate Charme der neuen Treuhand liegt für Schäuble auf der Hand: | |
| Einerseits würde griechischen Behörden, denen er nicht traut, der Zugriff | |
| auf die geforderten Privatisierungen entzogen. Andererseits verringern die | |
| zu erwartenden Erlöse die griechische Gesamtschuldenlast, die plötzlich – | |
| oh Wunder – als tragfähig bezeichnet werden könnte. | |
| ## Investitionen durch Privatisierungen | |
| Zudem könnten die Privatisierungen zu Investitionen führen – wenn sich etwa | |
| reiche Griechen mit Auslandsgeldern einkaufen. Manch verkommenes | |
| Landschloss in Ostdeutschland erlebt derzeit als Hotel oder Pferdehof eine | |
| neue Blüte, weil die Nachfahren der nach 1945 enteigneten und in den Westen | |
| geflohenen Junker alten Besitz kauften und neu investierten. | |
| Sollte sich Griechenland darauf nicht einlassen, möchte Schäuble | |
| Verhandlungen über einen befristeten Grexit aufnehmen. Griechenland solle | |
| die Währungsunion für mindesten fünf Jahre verlassen und seine Schulden | |
| restrukturieren. Gleichzeitig müsse das EU-Mitglied unterstützt werden und | |
| „wachstumsstärkende, humanitäre und technische Hilfen“ erhalten. | |
| Der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold, der [1][Schäubles Papier] auf | |
| seiner Internetseite veröffentlicht hat, kritisierte, dass die deutsche | |
| Regierung Europa riskiere. Sie verzocke die europäische Integration. „Alle, | |
| die die europäische Einigung wollen, müssen jetzt laut werden.“ | |
| Vor ein paar Tagen noch hatte Giegold auch der griechischen Regierung | |
| Fehler vorgeworfen. „In den ersten fünf Monaten ist bei den zentralen | |
| Problemen – Leistungsfähigkeit der Verwaltung, Klientelismus und | |
| Steuerverwaltung – nichts Relevantes vorangegangen“, sagte Giegold der | |
| Jungle World. „Dieser Mangel an Erfolgen ist leider fatal.“ So sei es | |
| Schäuble und anderen Scharfmachern leicht gemacht worden. | |
| 12 Jul 2015 | |
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| [1] http://www.sven-giegold.de/wp-content/uploads/2015/07/grexit_bundesregierun… | |
| ## AUTOREN | |
| Richard Rother | |
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