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# taz.de -- Gedenken an Srebrenica: Serbiens Regierungschef angegriffen
> Was als Geste der Versöhnung gedacht war, endete mit einem Eklat:
> Aleksandar Vucic wird in Srebrenica mit Steinen beworfen und verlässt die
> Gedenkveranstaltung.
Bild: Serbiens Ministerpräsident Aleksandar Vucic (unter dem Schirm) wird bei …
Srebrenica afp/dpa | Der serbische Regierungschef Aleksandar Vucic ist am
Samstag bei der Gedenkfeier zum 20. Jahrestag des Srebrenica-Völkermordes
angegriffen und verletzt worden.
Aufgebrachte Demonstranten haben griffen Vucic an und vertrieben ihn. Die
Belgrader Zeitung Blic zitiert einen Vucic-Begleiter mit den Worten: „Es
war schrecklich! Die haben mit Steinen, Schuhen und allem geworfen, dessen
sie habhaft werden konnten. Der Premier wurde von einem Stein im Gesicht
getroffen und verletzt. Es ist aber nicht schlimm.“ Inzwischen hat Vucic
Srebrenica unter Polizeischutz verlassen. Vucic legte gerade ein
Blumengebinde am Mahnmal nieder, als Demonstranten unter „Allahu
Akbar“-Rufen begannen, Steine nach ihm zu werfen.
Die Organisatoren der Gedenkveranstaltung riefen die Demonstranten über
Lautsprecher zur Ruhe auf. Ein muslimischer Geistlicher sprach ein Gebet,
und die Gäste konzentrierten sich wieder auf die Gedenkfeier.
Schon bei seiner Ankunft in Srebrenica war der serbische Regierungschef von
Demonstranten ausgebuht worden. Er setzte seinen Besuch jedoch zunächst
fort, trug sich in das Kondolenzbuch ein und unterhielt sich mit einigen
Opfer-Müttern. Eine der Frauen umarmte ihn lange.
In einer ersten Reaktion auf den Zwischenfall erklärte der serbische
Außenminister Dacic, nicht nur Vucic sei angegriffen worden, „sondern ganz
Serbien und seine Politik des Friedens und der regionalen Zusammenarbeit“.
An der Gedenkzeremonie in der bosnischen Kleinstadt für die dort vor 20
Jahren von bosnisch-serbischen Soldaten ermordeten tausenden muslimischen
Jungen und Männer nahmen Zehntausende Menschen teil, darunter auch
zahlreiche Politiker aus dem Ausland wie der damalige US-Präsident Bill
Clinton.
## „Monströses Verbrechen“
Das Massaker von Srebrenica im Jahr 1995 war das schlimmste
Kriegsverbrechen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg und wurde vom
UN-Tribunal für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag als Völkermord
eingestuft. Kurz vor dem Ende des Bosnienkriegs waren damals
bosnisch-serbische Milizen in die damalige UN-Schutzzone einmarschiert und
hatten an den leichtbewaffneten niederländischen UN-Blauhelmsoldaten vorbei
rund 8.000 muslimische Jungen und Männer verschleppt und getötet.
Mehr als 6.200 der Opfer sind inzwischen in der Srebrenica-Gedenkstätte
bestattet, am Samstag sollen dort 136 weitere, erst kürzlich identifizierte
Opfer beigesetzt werden.
Vucic wollte als Geste der Aussöhnung an der Feier teilnehmen. Kurz vor
seiner Teilnahme bezeichnete der serbische Regierungschef das Massaker als
„monströses Verbrechen“. „Serbien verurteilt dieses furchtbare Verbrechen
klar und unzweideutig, es ist angewidert von allen, die sich daran
beteiligten und wird sie weiter vor Gericht bringen“, schrieb er in einem
offenen Brief.
Es sei seine „Pflicht, sich vor den Opfern zu verneigen“. Die serbische
Regierung wünsche sich, mit den Bosniern gemeinsam zu leben und das
Vertrauen wiederherzustellen.
Vucic ist ein früherer serbischer Nationalist, der sich zum überzeugten
Europäer gewandelt hat. Das Massaker von Srebrenica hat er wiederholt
verurteilt, es jedoch stets als Tat einzelner Verbrecher eingestuft. Auch
in seinem offenen Brief vermied er den Begriff „Genozid“.
In den vergangenen Jahren nahmen serbische Spitzenpolitiker wiederholt an
Gedenkfeiern in Srebrenica teil, die Bezeichnung des Verbrechens als
„Völkermord“ lehnt Belgrad aber ab. Erst am Mittwoch hatte Russland als
Verbündeter Belgrads eine Resolution des UN-Sicherheitsrats zu dem Massaker
abgelehnt, weil darin von „Völkermord“ die Rede war.
11 Jul 2015
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