# taz.de -- Balkan-Trip von Angela Merkel: Tränen für die Kanzlerin | |
> Merkel ruft in der bosnischen Hauptstadt Sarajevo zur Versöhnung auf. An | |
> der Reformagenda für den Westbalkan halte Berlin fest. | |
Bild: Bad in der Menge: Bundeskanzlerin Angela Merkel in Sarajevo | |
Sarajevo taz | Mit den Worten „Angela, Angela“ drängte sich eine bosnische | |
Frau vor und umarmte die lächelnde Bundeskanzlerin. Die Menschen, die vor | |
dem Srebrenica- Museum gegenüber der katholischen Kathedrale in Sarajevo | |
auf Angela Merkel gewartet hatten, reagierten herzlich und gerührt, als | |
Merkel endlich aus dem Gebäude trat. Manche der Frauen weinten. | |
Viele Hoffnungen knüpfen sich an den Besuch der deutschen Bundeskanzlerin. | |
Die Menschen hoffen, dass die deutsch-britische Initiative für | |
wirtschaftliche und politische Reformen zum Erfolg führt. Versprechungen | |
der eigenen Politiker, sie wollten alles tun, um schon 2017 den Antrag auf | |
Aufnhame in die EU zu stellen, werden dagegen skeptisch betrachtet. | |
Doch als die Bundeskanzlerin bei der Pressekonferenz im Beisein der drei | |
Repräsentanten des Staatspräsidiums noch einmal das 2003 in Tessaloniki | |
gegebenen Versprechen der EU wiederholte, die Staaten des Westbalkan hätten | |
eine Beitrittsperspektive, waren auch bosnische Journalisten erleichtert. | |
Deutschland, so signalisierte Merkel, halte an seinen Versprechungen und | |
Verpflichtungen fest. Die Kanzlerin betonte, dass die 2014 von der | |
Bundesregierung gestartete Westbalkan-Initiative, die alle Staaten der | |
Region enger an die EU heranführen soll, weiter verfolgt werde. Das | |
Zusammenwachsen der Region soll durch grenzüberschreitende | |
Infrastrukturprojekte gefördert werden. | |
Mit ihrer Bemerkung, Deutschland und Frankreich hätten viele Kriege | |
geführt, seien aber heute Freunde, forderte sie die Zivilgesellschaften in | |
den Ländern der Region auf, einen Versöhnungsprozess einzuleiten. | |
## Blockade der Staatsorgane | |
In den kommenden zwei Jahren sollten nach Worten des Vorsitzenden des | |
Staatspräsidiums, Mladen Ivanic, alle Vorgaben aus dem kürzlich in Kraft | |
getretenen EU-Assoziierungsabkommen umgesetzt sein. Wie er das schaffen | |
wolle, verriet der serbische Politiker jedoch nicht. | |
Denn gerade die führenden Politiker aus der serbischen Teilrepublik | |
blockieren die Staatsorgane des Gesamtstaates Bosnien und Herzegowina. So | |
stellte sich der Präsident des serbischen Teilstaates, Milorad Dodik, gegen | |
das in Sarajevo befindliche Oberste Gericht, das sichmit Kriegsverbrechen | |
und organisierter Kriminalität befasst. Zudem drohte er erneut mit einer | |
Volksabstimmung zur Loslösung der Republika Srpska von Bosnien und | |
Herzegowina. | |
Aber auch die kroatischen Nationalisten blockieren die Politik des | |
Gesamtstaates. Die Schwesterpartei der CDU, die Kroatisch Demokratische | |
Gemeinschaft ( HDZ) unter Führung von Dragan Covic, möchte eine eigene | |
kroatische Entität gründen und somit statt einer Zwei- sogar eine | |
Dreiteilung des Landes erreichen. | |
Der menschliche Höhepunkt des Aufenthaltes in Sarajevo war der Besuch des | |
Srebrenica-Museums. Hasan Nuhanovic, der seine gesamte Familie in | |
Srebrenica verloren hat, führte die Kanzlerin durch die Fotoausstellung. | |
Dort traf sie auch Repräsentantinnen der Frauen von Srebrenica. Merkel | |
bedauerte, am Samstag nicht an der Gedenkfeier in Srebrenica teilnehmen zu | |
können. Demgegenüber wollen der us-amerikanische Ex-Präsident Bill Clinton | |
und die ehemalige Aussenministerin Madeleine Albright nach Srebrenica | |
kommen. | |
10 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Erich Rathfelder | |
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