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# taz.de -- Überwachung zwecks Terrorabwehr: BKA-Trojaner vor Gericht
> Das Bundesverfassungsgericht verhandelt über die heimlichen
> Online-Durchsuchungen durch das BKA. In der Praxis wurden sie fast nicht
> angewandt.
Bild: Vielleicht auch ein BKA-Trojaner versteckt? Ob das rechtens wäre, prüft…
Freiburg taz |Die Karlsruher Mühlen mahlen langsam. An diesem Dienstag
verhandelt das Bundesverfassungsgericht über die bereits 2009 beschlossenen
neuen Befugnisse des Bundeskriminalamts (BKA) zur Terrorabwehr. Auf dem
Prüfstand steht dabei unter anderem die heimliche Ausspähung von
Computer-Festplatten mit BKA-Trojanern. Es war das zentrale Projekt von
Wolfgang Schäuble in seiner zweiten Amtszeit als Innenminister. Erstmals
bekam das BKA präventive Befugnisse. Kritiker sprachen damals von einem
„Überwachungsmonster“ und einer „allmächtigen Bundespolizei“.
Bis 2009 war das BKA nur für Strafverfolgung zuständig. Wenn nach
Terrorgruppen wie der RAF gefahndet wurde, war das aber zugleich immer auch
Prävention gegen neue Anschläge. Bei al-Qaida funktionierte das nicht mehr,
weil es kaum feste Strukturen gab. Deshalb sollte das BKA nun auch für die
Abwehr des internationalen Terrorismus zuständig sein. Bis dahin war die
Gefahrenabwehr reine Ländersache. 2006 musste daher sogar das Grundgesetz
geändert werden.
Umstritten war dann vor allem, welche Befugnisse das BKA zur Terrorabwehr
bekommen sollte. Die auch damals regierende Große Koalition gewährte dem
BKA alles, was es zumindest bereits in einzelnen Ländern gab: langfristige
Observationen, Telefonüberwachung, Lausch- und Spähangriffe in der Wohnung,
Rasterfahndung. Am umstrittensten war aber die sogenannte
Onlinedurchsuchung, das heimliche Ausspähen eines Computers mit Hilfe von
Trojaner-Spähsoftware.
Erst 2008 entschied das Bundesverfassungsgericht anhand eines
Landesgesetzes aus NRW, dass die Onlinedurchsuchung nicht generell
verfassungswidrig ist. Sie sei allerdings nur zulässig bei einer konkreten
Gefahr für ein „überragend wichtiges Rechtsgut“. Ein Jahr später wurde d…
BKA-Novelle beschlossen. CDU-Innenpolitiker Clemens Binninger sagte damals:
„Wir haben die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts übererfüllt. Da kann
nichts passieren.“ FDP-Politiker Gerhart Baum war anderer Meinung.
Gemeinsam mit Burkhard Hirsch und weiteren Klägern erhob er umgehend
Verfassungsbeschwerde. Auch neun Grünen-Politiker um Christian Ströbele,
Renate Künast und Claudia Roth reichten eine Klage in Karlsruhe ein.
## Das längste Votum jeher
Weil dabei fast alle neuen Paragrafen des BKA-Gesetzes angegriffen wurden,
ist das Verfahren äußerst komplex und lag in Karlsruhe erst einmal fünf
Jahre auf Eis. Einer der Mitkläger von Baum ist bereits gestorben. Nun aber
geht es los. Das gerichtsinterne Votum hat über 700 Seiten, es ist das
längste in der Geschichte des Bundesverfassungsgerichts. Am Dienstag soll
bis in den Abend hinein verhandelt werden. Verteidigen wird das Gesetz
Schäubles Nachfolger als Innenminister, Thomas de Maizière (CDU).
Drei grundsätzliche Fragen werden die Verfassungsrichter dabei diskutieren:
Wie kann die Abwehr konkreter Gefahren von der bloßen Vorbeugung
unterschieden werden? Muss bei allen neuen BKA-Befugnissen der „Kernbereich
privater Lebensgestaltung“ geschützt werden? Unter welchen Bedingungen darf
das BKA erhobene Daten zu geänderten Zwecken nutzen oder an andere (auch
ausländische) Behörden weitergeben?
Von besonderem Interesse ist natürlich die Onlinedurchsuchung. Kläger Baum
moniert, dass sie laut Gesetz nur dann unzulässig ist, wenn „allein“
Inhalte aus dem privaten Kernbereich betroffen wären. Das sei aber kein
wirksamer Schutz, da auf jeder Festplatte auch weniger sensible Daten
lagern.
In der BKA-Praxis wurde die Onlinedurchsuchung fast gar nicht angewandt,
obwohl sie von den Innenpolitikern der Großen Koalition damals für
„unverzichtbar“ erklärt wurde.
7 Jul 2015
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
BKA
Bundesverfassungsgericht
Trojaner
Innere Sicherheit
Hackerangriff
Schwerpunkt Überwachung
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