# taz.de -- USA vor dem Finale gegen Japan: Eher wie American Football | |
> Das Team der US-Amerikanerinnen steht im Finale gegen Japan – und vor dem | |
> Triumph. An Selbstbewusstsein mangelt es der Elf nicht. | |
Bild: Nach dem 2:0-Sieg gegen Deutschland: Torhüterin Hope Solo trägt Meghan … | |
Vancouver taz | Was die Kanadier nicht hinkriegen, machen die US-Amerikaner | |
einfach alleine. Und zwar mit allem, was sie haben. In Vancouver, wo am | |
Sonntag das Finale USA–Japan stattfindet, wird das amerikanische Wochenende | |
gefeiert: DJs und Discoparty am Samstag, 4. Juli, dem Unabhängigskeitstag | |
der USA und Sonntag, 5. Juli, 16 Uhr. Dieser Tag soll dann zum zweiten | |
Nationalfeiertag werden, wenn die USA Weltmeister werden. Es könnte für das | |
Team USA keinen geeigneteren Ort geben als die wunderschöne Stadt am | |
Pazifik, dem Hollywood Kanadas. | |
38 Kilometer von der US-Grenze entfernt, gibt es schon seit Wochen kein | |
Hotelzimmer mehr unter 1.000 Euro. Jeder, der irgendwas vermieten kann und | |
sei es das Katzenklo, bietet es an. Anders als die beschaulich europäisch | |
anmutenden Turnierstädte Ottawa und Montréal oder die krassen Prärieorte | |
Edmonton und Winnipeg, ganz zu schweigen von der Ostküstenstadt Moncton, | |
glitzert und funkelt diese von allen Seiten von Wasser umgebene | |
Westküstenmetropole mit ihrer an eine kleine Version Manhattans erinnernde | |
Halbinsel Downtown, mittendrin das BC Place Stadion. | |
Der Verlauf des Turniers war für die US-Girls eine Riesenshow. Zum größten | |
Teil haben sie diese selbst inszeniert, den Rest besorgten die Fans und die | |
Medien. Vom ersten Tag an schrieb das Team Geschichte und zwar eine, die | |
wirkt als stammte sie aus Hollywood. | |
Am Tag vor ihrem ersten WM-Auftritt veröffentlicht der Fernsehsender ESPN | |
die Polizeiprotokolle aus der Anklage wegen häuslicher Gewalt gegen das | |
wohl bekannteste Gesicht des Frauenfußballs, Torhüterin Hope Solo. Aus den | |
Protokollen geht hervor, dass Hope Solo sich nicht ganz so brav verhalten | |
hat wie sie es noch kurz vorher in der Talkshow „Good Morning America“ | |
dargestellt hatte. Wildes Spekulieren um die Aufstellung und Wetten auf | |
Fehler und Auswechslung beim ersten Gruppenspiel gegen Australien folgen. | |
Doch die neben Nadine Angerer beste Torhüterin der Welt liefert zwei | |
sensationelle Glanzparaden. Und auch in den nächsten Spielen lässt sie sich | |
nicht die kleinste Unsicherheit anmerken. Solo steht die eins und ist die | |
eins. | |
## Eine Art Gospelpredigt | |
Mit der Presse lässt sie die Teamführung aber lieber nicht reden. Auf dem | |
Weg zwischen Kabine und Teambus wird sie vor den Pressevertretern | |
abgeschirmt. In der Regel ist es Aaron Heifetz, der Pressesprecher des | |
Teams, der sich darum kümmert. So wie er sich überhaupt um alles kümmert. | |
Würde Martin Scorsese sich ernsthaft für Frauenfußball interessieren, hätte | |
er längst „Good Fellas II“ geschrieben und Heifetz für eine Rolle gecaste… | |
Er ist es, der Abby Wambach zu den Pressevertretern schiebt, vor denen sie | |
ihre Ansprachen hält. „Hey guys“, ruft sie dann der Gruppe zu und wartet | |
gar nicht erst auf Fragen, sondern hält eine Art Gospelpredigt, in der sie | |
Anekdoten über ihre Teamkolleginen erzählt, gerahmt von immer | |
wiederkehrenden Lobeshymnen auf alle einzelnen. | |
Dabei hatte die dienstälteste Kapitänin des US-Teams als Spielerin nicht | |
den größten Anteil am Durchkommen der USA ins Finale. Sie verschoss einen | |
Elfmeter, saß gegen Australien und Deutschland sogar zunächst auf der Bank | |
und wurde nur als Edeljoker in der zweiten Halbzeit aufs Feld geschickt. | |
Aber wenn sie aufs Feld kommt, wirbelt sie alles Granulat auf, dass der | |
Kunstrasen hergibt. „Das wird ein spektakuläres Ereignis und was mich | |
angeht, ich werde nur positiv reden, egal, was in diesem Turnier passiert.“ | |
Da hatte Abby Wambach zu Beginn der WM den Mund ganz schön voll genommen. | |
Die Kapitänin des US-Teams hatte während des Turniers mal den Kunstrasen | |
und mal die Schiedsrichterinnen angegriffen und für die durchwachsenen | |
Leistungen ihres Teams verantwortlich gemacht. Das hatte einerseits | |
genervt, andererseits hat sie mit ihrem gesamten Auftreten die Rolle der | |
Veteranin und Big-Showcase-Mama hervorragend ausgeführt. | |
## Carli Lloyd, der Fels | |
Für Drama sorgte auch Verteidigerin Julie Johnston, die vielleicht beste | |
Spielerin im Halbfinale gegen Deutschland. Mit ihrem Foul, für das sie die | |
Gelbe Karte und die Deutschen einen Elfmeter bekamen, hatte sie fast dafür | |
gesorgt, dass Team USA zum Spiel um Platz drei hätte fahren müssen. | |
Carli Lloyd, die den Elfmeter gegen die Deutschen verwandelte, ist der | |
eigentliche Fels im Team. Die zierliche Mittelfeldspielerin, ist im | |
Vergleich zu den in den Medien omnipräsenten, wort- und lautstarken | |
Shootingstars wie Sydney Leroux oder Alex Morgan die ruhige Kraft im | |
Hintergrund. Im entscheidenden Moment ist sie zur Stelle. In den letzten | |
drei Spielen der USA wurde sie als beste Spielerin der Partie ausgezeichnet | |
und führt, wenn Wambach nicht auf dem Platz ist, das Team als besonnene | |
Kapitänin an. | |
Das US-Team ist voller Selbstbewusstsein. Nach jedem Spiel hat es von sich | |
selbst gesagt, dass es nicht sein bestes Spiel war und es noch mehr drauf | |
habe. Sogar nach dem Halbfinale gegen Deutschland. Zudem ließen sie nie | |
Zweifel daran, dass sie dieses Ding hier definitiv als ihr Turnier | |
betrachten. | |
„Wir sind dran“, sagt selbst die leise Megan Rapinoe, die auf dem Spielfeld | |
wie von Zauberhand mal hier und mal da und überhaupt überall dort auftaucht | |
und sich einmischt, wo es nötig ist. | |
## Kampf, Druck, Aggressivität | |
Das Finale gegen Japan ist eine Wiederholung der letzten WM. 2011 hatten | |
die Japanerinnen im Elfmeterschießen gewonnen. Trainerin Jill Ellis hat es | |
zwar holprig angehen lassen. Letztlich hat sie aber die richtige Mischung | |
aus Jungen, Alten, Angriff, Verteidigung, Taktik und Ausführung | |
zusammengebracht. Taktisch und technisch sind sie den Japanerinnen sicher | |
unterlegen. | |
Kreativität, Eleganz oder Zaubertricks zeichnen das Spiel der | |
Amerikanerinnen nicht aus. Zuhause wird ihr Spiel weniger mit dem | |
Fußballspiel der Männer sondern mit American Football verglichen. Die | |
Spielerinnen sind große, starke Athletinnen, die kämpfen und durch | |
ständigen Druck und aggressive Angriffe die Spiele prägen. | |
8,4 Millionen US-Amerikaner schauten zu Hause vor dem Fernseher das | |
WM-Halbfinale. So viele hatten noch nie ein WM-Halbfinale im Fußball | |
gesehen. Auch keines der Männer. Und auch den Finalrekord werden die | |
US-Girls sicher brechen. Wenn es dann auch noch zum Titel reicht, wird die | |
Party in Vancouver ganz sicher so lange dauern, bis die ersten Städter | |
wieder zum Kitsilano Beach rausfahren. | |
5 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Doris Akrap | |
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