# taz.de -- Bolivien opfert Naturschutz: Morales will NGOs rausschmeißen | |
> Die Öl- und Gasförderung wird in Bolivien weiter vorangetrieben. Nun | |
> droht der Präsident NGOs, denn er will das Wachstum nicht gefährden. | |
Bild: Freund der Rohstoffe: Evo Morales. | |
BUENOS AIRES taz | Boliviens Präsident Evo Morales setzt auf die Öl- und | |
Gasförderung. Und damit ihm dabei niemand in die Quere kommt, hat er den | |
Nichtregierungsorganisationen jetzt mit Rauswurf gedroht. | |
Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Stiftungen, die den Abbau | |
natürlicher Ressourcen beeinträchtigten, müssten Bolivien verlassen. „Wir | |
brauchen keine Institutionen, die aus dem Ausland kommen und uns hier | |
Schaden zufügen“, sagte Morales vor wenigen Tagen. | |
Dass dies keine leere Drohung ist, hatte er 2014 bewiesen, als er die | |
dänische NGO IBIS wegen ihrer Zusammenarbeit mit indigenen Gruppen des | |
Landes verwies. Dabei richtet sich Morales Zorn nicht nur gegen | |
internationale NGOs. Spötter fragten denn auch nach seiner Verbalattacke, | |
wohin er denn die einheimischen Organisationen schicken wolle. | |
„Waldreservate sind vom nordamerikanischen Imperium aus eingerichtet | |
worden“, so Morales weiter. Die BolivianianerInnen seien keine Wald- und | |
Parkwächter, zu denen sie die entwickelten Staaten machen wollten. Diese | |
wollten in den unterentwickelten Ländern „unantastbare, unberührbare“ | |
Gebiete einrichten, um ihre eigenen Umweltsünden zu kaschieren. | |
Im Gegensatz zu den Nachbarn steht Bolivien durch die Einnahme aus den Gas- | |
und Ölexporten wirtschaftlich gut da. Dabei profitiert die Regierung von | |
Präsident Morales vornehmlich von den Reserven, die unter seinen | |
Amtsvorgängern erschlossen wurden. Diese dürften aber in zehn Jahren | |
weitgehend erschöpft sein. Morales Verdienst ist es vor allem, mit den | |
privaten Ölfirmen einen größeren Anteil am Profit für den Staatshaushalt | |
ausgehandelt zu haben. | |
Doch die gesunkenen Weltmarktpreise für Gas und Öl machen auch ihm zu | |
schaffen. Offen wird derzeit darüber diskutiert, ob die staatlichen | |
Sozialprogramme und Bonuszuwendungen auch 2016 in derselben Höhe ausgegeben | |
werden können. Denn damit die Gelder weiterhin sprudeln, müssen neue | |
Vorkommen gefunden und erschlossen werden. | |
## Öl und Gas aus Nationalparks | |
Per Dekret hatte Morales im Mai verfügt, dass künftig Ölfirmen in den | |
Nationalparks nach Öl und Gas suchen dürfen. Zwar werden heilige Stätten | |
sowie Naturmonumente verschont – allerdings ist in keinem der 22 | |
Nationalparks etwas Entsprechendes zu finden. So sind alle bisher noch | |
unter Schutz vor Ölbohrungen stehenden Gebiete nun freigegeben. | |
Damit treibt Morales die Vergabe von Konzessionen zur Untersuchung und | |
letztlich Ausbeutung von Bodenschätzen an private Firmen wie dem spanischen | |
Unternehmen Repsol oder dem französischen Total-Konzern voran. Schon bisher | |
überlappen die an die Firmen übertragenen Gebiete etliche Schutzzonen. | |
Jetzt wird auch der Rest dem Profit geopfert. | |
Damit alles zügig vorangeht, hatte Morales bereits im März verfügt, die | |
bisher gesetzlich vorgeschriebene vorherige Befragung der indigene | |
Gemeinschaften zu stoppen, die von der Ölsuche auf ihrem Territorium | |
betroffen sind. Sie wurde durch einen einfachen Verwaltungsakt ersetzt. | |
Bisher konnten betroffene Communities durch ihre Ablehnung zumindest | |
schärfere Auflagen für die Firmen erreichen. Künftig sollen diese in | |
solchen Regionen zwar ein Prozent der Investitionssumme abgeben, die sie | |
für die Erforschung und zur Ausbeutung möglicher Reserven auf deren Gebiet | |
ausgeben. Wer die Gelder jedoch konkret erhalten soll, ist völlig unklar. | |
29 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
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