# taz.de -- Deutsche Islamistinnen in Syrien: „Sehen uns im Paradies“ | |
> Immer mehr deutsche Frauen ziehen in den heiligen Krieg nach Syrien. | |
> Viele von ihnen reisen auf eigene Initiative, einige auch mit Kindern. | |
Bild: Wohl nur Propaganda: IS-Video, das kämpfende Islamistinnen in Syrien zei… | |
BERLIN taz | Anfang Juni waren Merve S. und Ece B. plötzlich verschwunden. | |
Die Zimmer der 17- und 18-Jährigen in Hamburg und Geesthacht waren | |
verwaist. Zurück blieben Notizen, die auf eine lang geplante Ausreise | |
hinwiesen. Sicherheitsbehörden ermittelten, dass die beiden Mädchen nach | |
Istanbul gelangten. Dann verläuft sich die Spur. Ihr Ziel aber, so sind die | |
Ermittler sicher, ist Syrien und der „Islamische Staat“ (IS). | |
Merve S. und Ece B. sind längst kein Einzelfall mehr. Laut aktuellen des | |
Bundesverfassungsschutzes sind inzwischen 700 Deutsche Richtung IS | |
ausgereist - unter ihnen rund 100 Frauen. Darunter, so heißt es aus dem | |
Amt, zähle man nur Ausreisen aus eigenem Antrieb, nicht die als Partnerin | |
eines Islamisten. Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen warnt vor | |
einer „verstärkten Anziehungskraft gerade auf junge Frauen, die auf | |
Rekrutierungsaktivitäten im Internet oder persönliche Kontakte | |
hereinfallen“. | |
Über die Hälfte der ausgereisten Frauen sei jünger als 25 Jahre - 15 | |
Prozent gar minderjährig. Die Großzahl hat einen Migrationshintergrund. Ece | |
B. und Merve S. sollen sich außerhalb ihrer nicht strenggläubigen Familien | |
radikalisiert haben, über das Internet und über einen Hamburger | |
IS-Anhänger. | |
Einige der Frauen nehmen ihre Kinder mit. So reiste im Januar eine | |
26-jährige Osnabrückerin mit ihrer vierjährigen Tochter aus. „Wir sehen uns | |
wieder im Paradies“, schrieb sie in einer Abschiedsmail an einen Bekannten. | |
## Haushalt statt Front | |
Der IS lässt in seiner Propaganda inzwischen auch vollverschleierte Frauen | |
mit Waffen posieren. Allein: Real sind die Auswanderinnen wohl nicht an | |
Kämpfen beteiligt. Laut einem publik gewordenen IS-Papier sind die Aufgaben | |
eher, für die Kinder zu kochen und sie zu versorgen: „Zweck ihrer Existenz | |
ist die göttliche Pflicht der Mutterschaft.“ Allenfalls Wachaufgaben oder | |
Bespitzeln seien möglich. | |
Das deckt sich mit den Berichten, die eine deutsche Auswanderin in ihrem | |
Blog „Muhajira“ festhält. Dort schreibt sie über ihr Leben unter dem IS in | |
Syrien, von ihren Kindern und ihrem Mann, dem „Mujahidin“. Zwar zeigt auch | |
sie Fotos von Waffen, schreibt aber vor allem über Kochrezepte (“Schaam | |
Calzone“, „kopierte Asia-Nudelpfanne“) oder Erziehung (“Jeden Tag | |
Süßigkeiten, das muss weniger werden“). Deutlich werden aber auch die | |
Strapazen. „Wir wurden durch einen Helikopter bombardiert, und Tote gab es | |
unzählige“, heißt es. Oder: „Manchmal weiß man hier nicht, dass man in d… | |
nächsten Stunde sein Haus verlassen muss. So ist es eben.“ | |
Für die Frauen hat das Auswandern noch eine andere Konsequenz: Eine | |
Rückreise ist für sie fast unmöglich. Die Frauen können sich in den | |
IS-Gebieten kaum selbst bewegen, brauchen einen männlichen Begleiter. | |
In Deutschland hinterlassen die Auswanderinnen meist verzweifelte Familien. | |
Im Fall von Ece B. mit tragischen Folgen: Der Vater nahm sich nach der | |
Ausreise das Leben. | |
25 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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