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# taz.de -- Streit um Klimaabgabe: Kohle-Sigi wird weich
> Betreiber alter Kohlekraftwerke sollten eine Klimaabgabe entrichten, so
> die ursprünglichen Pläne Sigmar Gabriels. Nun scheint er einzuknicken.
Bild: Es ist wunderschön: Sonnenuntergang hinter dem RWE-Braunkohlekraftwerk N…
BERLIN taz | Wer zahlt die notwendige Stilllegung alter Kohlekraftwerke in
Deutschland? Die Große Koalition will darüber am 1. Juli bei einem
Spitzengespräch im Bundeskanzleramt befinden. Zur Debatte stehen zwei
Modelle: Entweder die Kraftwerksbetreiber oder die Stromkunden kommen dafür
auf.
In einer neuen Studie sprach sich das Deutsche Institut für
Wirtschaftsforschung (DIW) nun dafür aus, die Unternehmen zu belasten – die
Intervention kommt zu einem Moment, in dem sich ein Sieg der
Kraftwerksbetreiber abzeichnet.
Die würden nicht belastet, meldete die ARD am Mittwoch bereits, was aber
ein Sprecher von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel dementierte. „Es
gibt keine finale Einigung, die Gespräche laufen noch“, sagte er.
Gabriels Staatssekretär Rainer Baake (Grüne) hatte im vergangenen März ein
Konzept vorgelegt, nach dem die Unternehmen belastet würden: Für mehr als
20 Jahre alte Kohlekraftwerke sollen die Betreiber zusätzliche
Verschmutzungszertifikate kaufen. Als Größenordnung brachte Baake eine
Klima-Abgabe bis zu 20 Euro pro Tonne klimaschädliches Kohlendioxid (CO2)
ins Gespräch.
Der beabsichtigte Effekt: Die Stromproduktion besonders in betagten
Braunkohlekraftwerken wird teurer, die Anlagen laufen seltener. So ließe
sich eine zusätzliche CO2-Einsparung im Stromsektor erreichen, damit
Deutschland seine Zusagen beim Klimaschutz einhält.
## Große Verluste von Arbeitsplätzen
Kritik an diesem Modell übten unter anderem der Bundesverband der Deutschen
Industrie (BDI), die Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) und
Regierungen von Kohleländern, beispielsweise Sachsen und
Nordrhein-Westfalen. Sie argumentierten, die Verteuerung des Kohlestroms
werde zu großen Verlusten von Arbeitsplätzen führen. Gabriel nannte diese
Kritik „nachvollziehbar“.
Von NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) und IG BCE-Chef Michael
Vassiliadis ließ Gabriel deshalb ein zweites Konzept ausarbeiten. Es sieht
vor, dass die Energieunternehmen selbst Kohlekraftwerke vom Markt nehmen,
für Notfälle in Reserve halten und dafür eine Entschädigung bekommen, die
letztlich die Stromkunden bezahlen. Weil die CO2-Minderung nicht ausreichen
würde, sollen relativ klimafreundliche Kraftwerke, die gleichzeitig Strom
und Wärme produzieren, mit bis zu 1,5 Milliarden Euro jährlich gefördert
werden. Das Zahlen ebenfalls die private Stromverbraucher mit ihrer
Stromrechnung.
„Als sehr teure Abwrackprämie für alte Kraftwerke“ bezeichnete dieses
Modell Claudia Kemfert, die Energieexpertin des DIW. In einer Studie im
Auftrag der Grünen-nahen Böll-Stiftung und der European Climate Foundation
hat sie beide Varianten verglichen. Das IG-BCE-Konzept kommt dabei schlecht
weg. Es verringere Emissionen zu wenig, so Kemfert. Daher müsse die
kostspielige Förderung für die Kraft-Wärme-Kopplung hinzutreten.
Überkapazitäten in der Stromerzeugung blieben erhalten. Dem Plan für die
Klima-Abgabe gab sie hingegen eine gute Note. Jobs fielen kaum weg, weil
die Kohlekraftwerke weniger Stunden laufen, aber vermutlich nicht komplett
abgeschaltet würden. Trotz der Abgabe würden die alten Anlagen weiter
Gewinn erwirtschaften.
24 Jun 2015
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
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Emissionen
CO2
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