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# taz.de -- Staatlich geprüft kiffen: „Ich muss mich nicht profilieren“
> Rot-Grün in Bremen will die kontrollierte Haschisch-Freigabe testen,
> Hamburg prüft das noch. Es gebe noch Diskussionsbedarf, sagt die Grüne
> Christiane Blömeke.
Bild: „Nicht Fisch, nicht Fleisch“: Einen Coffeeshop nach niederländischem…
INTERVIEW LENA KAISER
taz: Frau Blömeke, warum können die Bremer Grünen in ihrer rot-grünen
Koalition die Legalisierung von Cannabis als Modellprojekt durchsetzen -
und die Hamburger nicht?
Christiane Blömeke: Wir haben unseren eigenen Prozess mit einem eigenen
Zeitplan. Im Koalitionsvertrag haben wir mit der SPD vereinbart, dass wir
einen Modellversuch für die Abgabe an Erwachsene prüfen.
Das klingt eher defensiv. Was heißt das konkret?
Wir haben im September eine Expertenanhörung vereinbart und schließen noch
eine Senatsbefragung in diesem Jahr an. Das ist für Hamburg und - mit
unseren Hamburger Verhältnissen - ein sehr ehrgeiziger Zeitplan. Aber ich
will das Ergebnis der Anhörung nicht vorwegnehmen.
Glauben Sie wirklich, dass Sie sich gegen Bürgermeister Olaf Scholz (SPD)
durchsetzen werden?
Wir wissen, dass es in der SPD Parteimitglieder gibt, die den Vorstoß sehr
kritisch sehen. Um so wichtiger ist, dass es uns gelingt, auch die Kritiker
mitzunehmen, indem wir einen Diskussionsprozess in Bewegung bringen. Es ist
niemanden damit geholfen, dass wir etwas übers Knie brechen. Wir wollen die
Menschen in unserer Stadt von unserem Vorhaben überzeugen, Cannabis zu
entkriminalisieren. So ein Projekt muss deshalb auch wissenschaftlich eng
begleitet werden.
In Bremen soll in mindestens zwei Abgabestellen Cannabis kontrolliert
abgegeben werden. Im Gespräch sind da Apotheken. Wie stellen Sie sich das
in Hamburg vor?
Wenn ich da jetzt schon fertige Vorstellungen hätte, bräuchte ich ja keine
Expertenanhörung mehr. Ich persönlich glaube nicht, dass eine Apotheke die
richtige Stelle dafür ist, weil die andere Aufgaben hat. Einen Coffeeshop
nach niederländischem Vorbild möchte ich auch nicht. In Holland ist das
nicht Fisch und nicht Fleisch: Da ist der Cannabis-Anbau nicht legal, diese
Coffeeshops geben es aber ab. Ich möchte, dass in Hamburg etwas rechtlich
Einwandfreies auf die Beine gestellt wird und wir uns nicht in einer
Grauzone bewegen. Und es muss klar sein, dass Cannabis nur in definierten
Mengen kontrolliert an Erwachsene abgegeben wird.
Wo wollen Sie das machen?
Es kann die Schanze sein, es kann aber auch ganz woanders sein. Unser Ziel
ist, dass damit der bislang kriminelle Cannabishandel aufgelöst oder
minimiert wird. Wenn es legalisiert wird, verringert sich gleichzeitig das
Risiko unsauberes Cannabis zu verkaufen, das gesundheitlich bedenklich ist.
Würden Sie in Hamburg auch den privaten Anbau erlauben wollen?
Ich würde gerne prüfen, inwieweit der private Anbau da mit reinfallen kann
- in bestimmten Mengen. Darüber was das hier in Hamburg bedeutet, wollen
wir diskutieren.
Warum nur an einem Ort, ist es nicht besser, die Abgabe flächendeckend zu
erlauben?
Der Ort einer Abgabestelle steht ja noch nicht fest - und ob es
flächendeckend sinnvoll wäre, wird auch geprüft. Auch in Kreuzberg hat es
zwei Jahre gedauert, bis der Antrag nach vielen Beratungsrunden auf den Weg
gebracht wurde.
Bringt Sie der Bremer Vorstoß nicht unter Zugzwang?
Das kann ein Initiator sein, die Dinge auch hier zu beschleunigen. Es ist
ja kein Geheimnis, dass wir Grüne da dezidierte Vorstellungen haben und wir
für die Umsetzung eines Modellprojektes wären. Aber es liegt in der Natur
der Sache, dass wir uns mit unserem Koalitionspartner einigen müssen. Aber
am Ende müssen die Anträge durch das Bundesministerium laufen - und wie wir
gehört haben, lehnt dieses den Vorstoß rigoros ab. Ich will Cannabis nicht
verharmlosen, aber ich halte die kontrollierte Abgabe an Erwachsene für
zeitgemäß und wichtig.
Inwiefern?
Wo etwas verboten ist, tut sich ein illegaler Schwarzmarkt auf und die
staatliche Kontrolle ist viel schwerer und aufwendiger.
Die SPD in Altona will nun eine legale Abgabe in der Schanze voranbringen.
Nehmen die Sozis Ihnen da nicht Ihr Thema weg?
Ich finde es gut, dass die SPD vor Ort mit ihrem Votum die Diskussion in
der eigenen Partei neu anstößt. Für mich gibt es da kein Gegeneinander,
sondern ein Miteinander. Das ist doch eine gesellschaftliche Entscheidung,
an der viele mitwirken müssen. Da muss ich mich nicht profilieren.
Das klingt ja sympathisch und vernünftig, aber ärgert es Sie nicht
politisch, dass die SPD den Grünen, ähnlich wie beim Thema Radverkehr, die
Butter vom Brot nimmt?
Das ist nicht so, schon gar nicht beim Fahrradverkehr, wo wir mit dem
Konzept „Hamburg wird Fahrradstadt“ viele grüne Akzente einbringen. Ich
glaube, die Menschen in der Stadt kennen die Position der Grünen zum Thema
Cannabis und Radverkehr. Ich glaube, dass die SPD vor Ort in Altona sehr
geprägt ist von dem, was in der Schanze passiert - und sich über den
Rückenwind der Grünen freut. Wie gesagt: Es geht hier um ein Miteinander,
um etwas zu erreichen.
23 Jun 2015
## AUTOREN
Lena Kaiser
## TAGS
Grüne Hamburg
Grüne
Cannabis
Drogen
Radverkehr
Bremen
Cannabis
Schattenwirtschaft
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