# taz.de -- Kommentar EU gegen Schlepper: Martialische Offensive als Ablenkung | |
> Politische Peinlichkeit zu kaschieren, dürfte der tiefere Sinn der | |
> angekündigten Anti-Schlepper-Operation sein. Der EU fehlt jede Strategie. | |
Bild: Wer auf diesem Boot ist aus EU-Sicht zu rettender Flüchtling und wer abz… | |
Man kann getrost davon ausgehen, dass Russland [1][die Pläne der EU] nicht | |
aus Menschenfreundlichkeit im UN-Sicherheitsrat blockiert. Aber auch andere | |
Staaten haben schon sehr früh Zweifel angemeldet, wie ein Waffengang gegen | |
den Willen Libyens gerechtfertigt sein soll, der sich nicht gegen eine | |
Gefahr für Europa, sondern gegen die – fraglos mafiösen – Schleuser richt… | |
soll. | |
Dass die Sache einfach durchgeht, hat wohl keiner gedacht. Zu | |
offensichtlich sind die Risiken, zu unklar ist, wer eigentlich was | |
angreifen soll, wollte Europa den libyschen Schleppern tatsächlich mit | |
Gewalt zu Leibe rücken. Es scheint eher, als hätte auch die EU-Kommission | |
selbst nicht ganz an ihren Plan geglaubt. Anders ist nicht zu erklären, | |
dass sie sich bislang offensichtlich nicht mal die Mühe gemacht hat, sich | |
in der Angelegenheit mit der islamistischen Rebellenregierung des | |
Fajr-Bündnisses zu beraten. | |
Selbst wenn sich die Brüsseler Diplomaten – und dafür gäbe es gute Gründe… | |
nicht mit den Konkurrenten der international anerkannten Regierung in | |
Tobruk einlassen mögen: Ohne das Plazet der beiden wäre jeder Einsatz noch | |
viel heikler. | |
Der EU-Kommission wird klar sein, dass es kein besonders | |
erfolgversprechender Plan ist, potenzielle Flüchtlingsboote aus der Luft zu | |
suchen und sie dann ebenfalls per Luftschlag zu zerstören. Zivile Opfer | |
wären programmiert – LibyerInnen ebenso wie MigrantInnen. Auch müsste die | |
EU dann erklären, warum sie zu den Waffen greift, um die unerwünschten | |
Migranten abzuwehren, die IS-Dschihadisten aber ungestört schalten und | |
walten lässt. | |
Viel wahrscheinlicher ist daher, dass Brüssel versucht hat, mit der | |
martialischen Offensive davon abzulenken, dass die EU sich auf keine | |
substanzielle Strategie einigen kann, um die eskalierende Lage am | |
Mittelmeer zu beruhigen. | |
Nach den beiden großen Unglücken im April wuchs der öffentliche Druck, eine | |
Lösung zu finden. Jeder Versuch, eine faire europäische Lastenteilung zu | |
schaffen, scheiterte aber. Und ein Ende dieses Zustandes ist nicht in | |
Sicht. Diese politische Peinlichkeit zu kaschieren dürfte der tiefere Sinn | |
der angekündigten Anti-Schlepper-Operation gewesen sein. | |
Von daher hat niemand, auch die EU selbst, Anlass zu bedauern, dass bis auf | |
Weiteres europäische Polizisten nur die Konten der Schlepper ins Visier | |
nehmen, statt dass Kampfpiloten Raketen an die Strände Nordafrikas | |
schießen. | |
23 Jun 2015 | |
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## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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