# taz.de -- Chefdirigent der Berliner Philharmoniker: Der große Schweiger aus … | |
> Kirill Petrenko wird ab 2018 Nachfolger von Simon Rattle. Der neue | |
> Dirigent ist sagenumwoben, vor allem wegen seiner Operinszenierungen. | |
Bild: Bald wird es deutlich mehr Agenturfotos von ihm geben: Kirill Petrenko di… | |
BERLIN taz | Wie anders es alles aussah, wie gelöst die fünf Herren der | |
Berliner Philharmoniker und ihre Pressesprecherin am Montag mittag die | |
Treppen im Foyer ihres Konzerthauses hinunterstiegen, fast -tänzelten. Ganz | |
anders als am 11. Mai, als das Orchester bis in die Dämmerung hinein getagt | |
hatte und danach als geknickter – und von manchen Interpretatoren als | |
heillos zerstrittener – Haufen dargestellt wurde. Weil sie es [1][nicht | |
geschafft hatten], ihren künftigen Chefdirigenten zu wählen, als Nachfolger | |
für Sir Simon Rattle, der 2018 abtritt. | |
Nun aber: Am Sonntag haben sie erneut beisammen gesessen und nach drei | |
Stunden ihre Wahl getroffen, mit großer Mehrheit: Kirill Petrenko soll ihr | |
neuer Chef werden, derzeit noch Generalmusikdirektor der Bayerischen | |
Staatsoper in München, zur Zeit im Bergwerk Bayreuth probend für die | |
Wagner-Festspiele. Petrenko hat, nachdem ihn der Anruf von | |
Orchestervorstand Peter Riegelbauer ereilt hatte, ohne Zögern sein Ja-Wort | |
gegeben. Er umarme das Orchester, habe er gesagt, um auf der | |
Pressekonferenz noch etwas mehr verlesen zu lassen: Er fühle Euphorie und | |
große Freude, Ehrfurcht und Zweifel, wisse um die Verantwortung und hohe | |
Erwartungen. | |
Momente des künstlerischen Glücks erhoffe er sich. Erleichterung auf allen | |
Seiten also, in den Gesichtern zu sehen, aus wohlgewählten Worten | |
herauszuhören. Petrenko, dieser sagenumwobene Dirigent, 1972 im sibirischen | |
Omsk geboren, dort Klavier gelernt und als junger Mann mit seinen Eltern | |
nach Vorarlberg in Österreich umgezogen, wo der Vater Orchestermusiker war. | |
Ab 2001 Debuts an praktisch allen wichtigen Opernhäusern, von 2002 bis 2007 | |
fest als Generalmusikdirektor der Komischen Oper Berlin, seit 2013 in | |
München. | |
Sein Wagner – nicht nur der – ist legendär, sein Umgang mit den Musikern | |
gekennzeichnet von gemeinsamer Suche. Er befinde sich, hieß es einmal über | |
ihn, stets mehr mit den Musikern im Stück, als dass er sie von außen | |
anleitete. | |
## Eingeladen und abgesagt | |
Und dennoch kommen Fragen auf: Ist Petrenko der richtige? Einer, der | |
bislang vor allem Opern dirigiert hat und bei den Philharmonikern erst | |
dreimal gastierte, einer auf den ein – allein medial konstruierter – | |
Schatten fiel, weil er im Dezember 2014 für drei Konzerte eingeladen war | |
und erkrankt absagte. Da hieß es bei all den Spekulierern, die über Monate | |
kaum etwas anderes taten, als sämtliche Spitzendirigenten hoch- oder | |
niederzuschreiben, Petrenko sei „aus dem Rennen“, weil er der Belastung am | |
Pult dieses Orchesters wohl nicht standhalte. Das war alles aus der Luft | |
gegriffen, und die Philharmoniker haben es mindestens stirnrunzelnd | |
verfolgt. | |
Ulrich Knörzer, ebenfalls Orchestervorstand, hat es fast als lang | |
gewachsene Sehnsucht geschildert, Petrenko eines Tages als Chef haben zu | |
wollen. Schon nach seinem ersten Konzert mit den Philharmonikern 2006 | |
hätten sie nicht überlegt, ob sie ihn erneut einladen, sondern wann. Dass | |
er nun bald als ihr Chef kommt, dürfte eine glückliche Entscheidung sein. | |
Petrenko, ein großer Schweiger, der seit Jahren keine Interviews gibt und | |
tief eintaucht in seine Arbeit. Spannend wird vor allem, wie die Berliner, | |
die so sehr öffentlichkeitswirksam agieren, sich darauf einlassen und wie | |
diese Personalie auch sie verändern wird. | |
22 Jun 2015 | |
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## AUTOREN | |
Felix Zimmermann | |
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