# taz.de -- Inklusions-Alltag an Schulen: Eine Toilette muss reichen | |
> Wie viele Klos braucht Inklusion? Der zentrale Elternbeirat und die | |
> Bildungsbehörde streiten über die notwendige Sanitär-Ausstattung von | |
> Schulen. | |
Bild: Viel Pflegebedarf, aber nur ein Bad dafür: Schule an der Dudweiler Stra�… | |
BREMEN taz | Zum kommenden Schuljahr verdoppeln sich an der Dudweiler | |
Straße die Werkstufen-Klassen: 24 Kinder und Jugendliche mit „Förderbedarf | |
in den Bereichen Wahrnehmung und Entwicklung“, wie offiziell klassifiziert | |
wird, sollen dann an der Hemelinger Schule unterrichtet werden, aufgeteilt | |
in vier Klassen. Die Bildungsbehörde verweigere ihnen jedoch die notwendige | |
sanitäre Ausstattung, kritisiert der Zentralelternbeirat Bremen (ZEB). Er | |
spricht von „würdelosen“ Zuständen. | |
Es sei nicht hinnehmbar, erklärt Gaby Sinter vom ZEB, dass „Sparmaßnahmen | |
auf die Rücken der Schüler“ abgewälzt würden, die damit in peinliche | |
Situationen kämen: „Stellen Sie sich vor, Sie müssen eine Windel tragen, | |
haben ein großes Geschäft erledigt und warten innerhalb einer Gruppe | |
anderer Menschen 15 Minuten oder auch länger, bis Sie in das Bad können, um | |
gereinigt zu werden.“ Das sei auch „höchst unangenehm für alle in ihrem | |
Umkreis“. An der Dudweiler Straße sind Werkstufe und Allgemeine | |
Berufsschule unter einem Dach, eine gewollte Standorteinheit verschiedener | |
Schultypen. | |
Hintergrund von Sinters Szenario ist, dass an der Dudweiler Straße | |
lediglich ein „Pflegebad“ existiert: Ein circa 15 Quadratmeter großer Raum, | |
in dem es auch eine Dusche und einen Personenlifter gibt. „Das ist kein | |
Luxus“, betont Sinter, sondern sei „dem hohen Pflege- und | |
Unterstützungsbedarf geschuldet“. Ein einziges Pflegebad für vier Klassen | |
führe zu Engpässen, da eine Toilettennutzung bis zu 20 Minuten dauere, mit | |
Reinigungsbedarf deutlich länger. | |
Sei ein Bad besetzt, führe das zu schwierigen Situationen: „Man kann sich | |
dann nicht einfach in eine kleine Kabine quetschen, wo auch noch die Tür | |
offen bleiben müsste“, sagt Sinter. | |
Selbstständig zur Toilette gehen zu können, sei „Wahrung der Würde und ein | |
wichtiges Training zur Autonomie und Selbstversorgung im intimsten | |
Bereich“. Der entsprechende räumliche Bedarf sei der Bildungsbehörde „seit | |
Jahren“ bekannt. | |
Deren Sprecherin Christina Selzer hält dagegen, dass von den 24 | |
angemeldeten SchülerInnen mit Förderbedarf Wahrnehmung und Entwicklung | |
derzeit nur vier auf ein Pflegebad angewiesen seien. Die Toilettenzeiten | |
würden „durch Betreuung koordiniert und abgestimmt“, man habe sich die | |
Situation mehrfach vor Ort angeschaut. Die Behörde sei jedoch | |
„selbstverständlich bereit nachzusteuern“, wenn sich ein größerer Bedarf | |
zeige. Richtlinien, für wie viele Schüler mit Bedarf wie viele Pflegebäder | |
eingerichtet werden müssen, gäbe es aber nicht. | |
Aus Sinters Sicht ist die fehlende Definition von Mindeststandards „der | |
eigentliche Skandal“. Zudem hält sie es für inakzeptabel, dass die | |
Dudweiler Straße schlechter ausgestattet sei als etwa die Schulen in der | |
Ronzelenstraße, der Julius-Brecht-Allee, der Carl-Goerdeler-Straße oder die | |
Olbersschule. | |
Außerdem könne sich die Zahl der SchülerInnen schnell vergrößern, die | |
Pflegebäder bräuchten, der entsprechende Einbau, dessen Kosten bei 50.000 | |
Euro liegen, nehme hingegen einige Zeit in Anspruch. | |
Während Selzer darauf setzt, auf den konkreten Einzelfall-Bedarf zu | |
reagieren, mahnt Sinter konsequente und grundsätzliche Lösungen an. Auch | |
das Problem zu langer Wege für Toilettengänge sei nicht zu unterschätzen: | |
„Das muss manchmal ganz schnell gehen.“ Die neuen Gruppen an der Dudweiler | |
Straße benötigten daher ein eigenes Bad in direkter Nähe zu ihren | |
Klassenräumen. Das sei wesentlich besonders für die Phase, in der sie von | |
der Begleitung in die Selbstständigkeit wechseln. | |
19 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Henning Bleyl | |
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