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# taz.de -- Bildung: Rhetorik des Unterrichtsausfalls
> Der Unterricht fiel an Bremer Schulen 2013/2014 etwas häufiger aus als in
> den Vorjahren. Sachliche Diskussionen dazu wären möglich, wenn man sie
> denn wollte.
Bild: Leere statt Lehrer: Etwa jede vierzigste Unterrichtsstunde fiel in 2014 u…
BREMEN taz | Mit einem neuen und präziseren Erfassungssystem will die
Bildungsbehörde das Problem des Unterrichtsausfalls an allgemeinbildenden
Schulen besser bekämpfen. „Wir sind uns darüber einig, dass möglichst wenig
Unterricht ausfallen soll“, sagte Eva Quante-Brandt (SPD) gestern im
Vorfeld der Bildungsdeputationssitzung. Auf der trat am Nachmittag auch
Irene Bejenke-Walsh aus Schwachhausen auf. Die Mutter einer 13-jährigen
Gymnasiastin fordert per Online-Petition 100 neue Lehrer für Bremen: „Die
Unterrichtsausfälle und Fehlstunden an Bremer Schulen haben Krisenausmaße
erreicht“, schließt sie aus den Erfahrungen ihrer Tochter.
Sie wolle „verhindern, dass unsere Kinder Opfer einer Bildungsreform
werden, die Inklusion im Alleingang durchzusetzen versucht, alle Ressourcen
dorthin pumpt“ hatte die Kommunikationstrainerin zunächst geschrieben. In
der revidierten Fassung hat sie den Besitzstandswahrerjargon allerdings
beseitigt – und rügt nun nur die strukturelle Unterfinanzierung. „Wir
wollen den Bremer Senat dazu bewegen, den Krisenstatus der
Unterrichtsversorgung offiziell anzuerkennen“, so ihre Zielbestimmung.
Zugleich bezichtigte sie die Behörde via Weser-Kurier, sie rechne sich die
Statistik „sowieso schön“.
Als Prokatalepse oder Praemunitio bezeichnet der olle Kommunikationstrainer
Cicero diesen Trick, erwartete Argumente der Gegenseite vorweg durch
Angriffe aufs Ethos auszuhebeln. Er dient dazu, unangenehme sachliche
Diskussionen zu vermeiden. Die wären sinnvoll möglich, auch wenn die
Statistik keine krisenhafte, sondern eine leicht verschlechterte absolut
durchschnittliche Gesamtlage ausweist: Zwar wird fast jede zehnte
Unterrichtsstunde nicht wie vorgesehen erteilt. Doch von diesen werden
längst nicht alle mit oder gar ohne fachgemäße Aufgabenstellung eher
maßvoll sinnhaft, aber beaufsichtigt in den Klassenzimmern verdämmert. Mit
erfasst sind in der Kategorie aber auch kompetenter Vertretungsunterricht
und pädagogisch wichtige Sonderveranstaltungen wie Theaterbesuche,
Projektwochen- und Wettbewerbs-Stunden, Ausflüge und Übernachtungen. Sowie
die ersatzlosen Ausfälle.
Ersatzlos ausgefallen sind an den Schulen der Stadt Bremen laut Behörde von
Februar 2014 bis Januar 2015 nur 2,8 Prozent Stunden – zum Vergleich: In
Bayern waren es 1,6 Prozent, in Sachsen als Land mit der transparentesten
Erfassung 4,4 Prozent. Der Vorjahresvergleich ist wegen des
Methodenwechsels schwierig, Quante-Brandt spricht von einem Anstieg um 0,2
Prozent. Den wiederum führt sie auf einen erhöhten Krankenstand zurück.
Allein der Vertretungsbedarf für – unschön als Krankheit rubrizierte –
Mutterschutzfälle sei um 20 Stellen gestiegen. Das mache sich „in der
Vertretungs- und Unterrichtsausfallstatistik bemerkbar“. Allerdings habe
man „selbstverständlich auf den höheren Bedarf reagiert“, so Quante-Brand…
Die in den Haushalten 2014/15 vorgesehenen Reserven seien um von 3,75
Millionen zunächst im Haushalt in zwei Tranchen um 2,7 auf 6,45 Millionen
Euro erhöht worden. Sie gehe davon aus, „dass diese Maßnahmen schnell
greifen“, so die Senatorin. Optimierungsbedarf gebe es auch bei der
inhaltlichen Gestaltung der Vertretungsstunden. Quante-Brandt versprach,
sich dafür einzusetzen, dass sich in den kommenden Jahren die personellen
Voraussetzungen dafür „weiter verbessern“.
Weiter verbessern – das könnte wie eine Polemik wirken, entspricht aber dem
Trend: Die SPD-CDU Koalition unter Führung von Henning Scherf hatte auf den
Pisa-Schock reagiert, indem sie die Ausgaben für allgemeinbildende und
berufsbildende Schulen absenkte – entgegen dem damaligen Bundestrend, bis
er noch unter dem Wert von 1995 lag. „Seit 2007 sind zunächst geringe
Veränderungen wahrnehmbar“, heißt es im fürs Ressort 2012 erstellten
„Bildungsmonitor“, und erst seither sind die Ausgaben in Bremen
kontinuierlich wieder gestiegen, „mittlerweile hat Bremen das Land Berlin
überholt und nähert sich Hamburg an“.
(Mitarbeit Christoph Reis)
16 Apr 2015
## AUTOREN
Benno Schirrmeister
Benno Schirrmeister
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Lehrermangel
Unterricht
Schule
Bildung in Bremen
Bremen
Universität
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