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# taz.de -- U-Ausschuss zu Edathy-Affäre: Der letzte Zeuge
> Wer wusste was wann über die Kinderporno-Vorwürfe? SPD-Fraktionschef
> Oppermann beteuert seine Unschuld. Parteichef Gabriel widerpricht.
Bild: Vermeidet Bilder hinter der Bank: Oppermann am Donnerstag im Edathy-Aussc…
BERLIN taz | Thomas Oppermann tritt ungewohnt scheu auf. Eigentlich müsste
er auf dem Zeugenstuhl des Untersuchungsausschusses Platz nehmen. Aber weil
die Sitzung noch nicht begonnen hat und vor dem Zeugenstuhl die Fotografen
lauern, drückt sich der SPD-Fraktionschef ganz hinten im Saal herum. Er
will Bilder vermeiden, die ihn hinter der Bank in der Mitte des Raumes
zeigen. Wie ein Angeklagter im Gerichtssaal würde er wirken, obwohl es in
einem Untersuchungsausschuss des Bundestags doch formal gar keine
Angeklagten gibt.
Knapp eine Stunde wird er gleich aussagen, und als Schuldigen wird ihn der
Ausschuss in dieser Zeit tatsächlich nicht überführen. Oppermann
verplappert sich nicht. Er bestätigt nicht den Verdacht, der seit Monaten
gegen ihn im Raum steht: Dass er den SPD-Abgeordneten Michael Hartmann vor
anderthalb Jahren beauftragt habe, seinen Kollegen Sebastian Edathy vor
drohenden Kinderporno-Ermittlungen zu warnen – damit der unter Druck sein
Mandat zurückgibt, bevor die Vorwürfe öffentlich werden.
„Ich habe Sebastian Edathy zu keinem Zeitpunkt über Ermittlungen
informiert, weder direkt noch indirekt“, sagt Oppermann, als die Fotografen
den Raum verlassen haben und die Sitzung beginnt. Dabei bleibt er, bis der
Untersuchungsausschuss die Befragung gegen 23 Uhr abbricht. Restlos
überzeugt gehen die Mitglieder des Gremiums anschließend aber nicht nach
Hause: Zu viele Fragen bleiben am Donnerstag offen.
## Aussagen passen nicht
Das liegt auch an Sigmar Gabriel. Der SPD-Chef sitzt schon am Nachmittag
auf dem Zeugenstuhl und bringt seinen Genossen Oppermann von dort aus in
Erklärungsnot. Die verschiedenen Aussagen darüber, wer wann wen über die
Kinderporno-Vorwürfe informiert hat, passen einfach nicht zusammen.
Nur der grobe Ablauf ist unstrittig: Am Rande der Sondierungsgespräche zur
großen Koalition am 17. Oktober 2013 weihte der damalige Innenminister
Hans-Peter Friedrich (CSU) den designierten Vizekanzler Gabriel über
Edathys Problem ein. Dieser informierte daraufhin erst den damaligen
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und dann dessen Nachfolger
Oppermann. Der wiederum rief bei BKA-Chef Jörg Ziercke an, um sich die
Neuigkeit bestätigen zu lassen.
Aber wie lange dauerte dauerte das Ganze? Einige Minuten nach 15 Uhr endete
die Sondierung. Ab da konnte Gabriel seine Gespräche führen. Schon um 15:29
Uhr rief Oppermann dann beim BKA an. Den Zeitpunkt konnten Mitarbeiter der
Behörde rekonstruieren. Theoretisch könnte die knappe halbe Stunde für die
gesamte Informationskette ausreichen.
Aber als Gabriel vor Monaten im Innenausschuss schon einmal zur
Edathy-Affäre aussagte, hatte er behauptet, Oppermann erst abends
eingeweiht zu haben – also lange nach 15:29 Uhr.
Hatte Oppermann außer Gabriel noch eine andere Quelle, die er der
Öffentlichkeit verschweigt? Oder irrte sich der SPD-Chef einfach in der
Uhrzeit?
## 13 Stunden Zeugenvernehmung
Wohl nicht. Am Donnerstag präzisiert er seine Aussage im
Untersuchungsausschuss: So weit er sich erinnere, habe er Oppermann
angerufen, als er das Bundestagsgelände nach den Sondierungen im Auto
verließ. Dass muss deutlich nach 15:29 Uhr gewesen sein: Fernsehaufnahmen
belegen nämlich, dass Gabriel noch um 16 Uhr im Reichtstagsgebäude [1][eine
Pressekonferenz] abhielt.
„Die Uhrzeiten passen nicht zusammen“, hält Armin Schuster (CDU) dem
SPD-Fraktionschef vor. „Deshalb muss ich mutmaßen, dass Sie die Information
über die Kinderpornos schon über einen anderen Weg erhalten hatten.“
Oppermann bleibt aber bei seiner Version. „Mein Wissen darüber, dass Edathy
auf einer Liste von Verdächtigen stand, habe ich von Sigmar Gabriel
erhalten“, sagt er. Dann ist seine Befragung fürs Erste vorbei.
Ob sich Gabriel irrt oder Oppermann lügt, klärt der Ausschuss an diesem Tag
genauso wenig wie die Frage, wer Edathy denn tatsächlich vor den
Ermittlungen warnte. Die Opposition hat am späten Abend nämlich keine Lust
mehr und weigert sich, weitere Fragen zu stellen: Seit 10 Uhr morgens tagt
der Ausschuss schon, 13 Stunden Zeugenvernehmungen liegen hinter ihm, die
Konzentration lässt nach.
Oppermann soll deshalb in zwei Wochen wiederkommen. Danach wird das Gremium
die Beweisaufnahme schließen. Der SPD-Mann ist der letzte von knapp 60
Zeugen der Edathy-Affäre.
Immerhin: Eine Stunde im Ausschuss ist für Oppermann Zeit genug, seine
Scheu abzulegen. Als die Sitzung endet, hat er seinen Biss wiedergefunden.
„Ich war auch mal Mitglied eines Untersuchungsausschusses“, blafft er in
Richtung von Grünen und Linken. „Damals hat vor 24 Uhr niemand auf sein
Fragerecht verzichtet.“
19 Jun 2015
## LINKS
[1] http://www.youtube.com/watch?v=mGg8Vx-gFu4
## AUTOREN
Tobias Schulze
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