| # taz.de -- Hamburg beim Recycling Schlusslicht: Burn out am Volkspark | |
| > Immerhin: Die Müllverbrennungsanlage Stellinger Moor hat dichtgemacht. | |
| > Der Müllofen in Stapelfeld soll in zwei Jahren folgen. | |
| Bild: Soll weniger werden: Müll aus Hamburger Haushalten | |
| HAMBURG taz | Feuer und Flamme für Hamburgs Abfall: Das gilt ab sofort am | |
| Altonaer Volkspark nicht mehr, wo die älteste Müllverbrennungsanlage (MVA) | |
| der Stadt steht. Am Dienstag schickte Neu-Umweltsenator Jens Kerstan | |
| (Grüne) den letzten Transporter der Müllabfuhr auf den Weg nach Stellingen | |
| – ist sein Inhalt verbrannt, wird nach 42 Jahren Müllverfeuerung rund um | |
| die Uhr kein Rauch mehr aus den Schornsteinen quillen. | |
| Der Grund: Immer mehr Hamburger Müll wird verwertet und nicht verbrannt. | |
| Seit 2007 ging das zu verbrennende Restmüllaufkommen der Hamburger | |
| Haushalte um knapp 100.000 Tonnen von rund 550.000 auf etwa 460.000 Tonnen | |
| zurück. Im selben Zeitraum stiegen die verwertbaren Wertstoffmengen um | |
| denselben Tonnen-Betrag: von gut 200.000 auf knapp 300.000 Tonnen. | |
| Aufgrund von Überkapazitäten wurde in Stellingen in der Vergangenheit auch | |
| schon mal Müll aus England oder Italien verbrannt. Nun aber wird | |
| Stellingens Verbrennungskapazität von 180.000 Tonnen pro Jahr endgültig | |
| nicht mehr gebraucht. Zwar sinkt der Ausstoß des Klimakillers CO2 generell | |
| dadurch, dass weniger verbrannt wird. Stadtreinigungschef Rüdiger Siechau | |
| erwartet durch das Aus für Stellingen aufgrund der modernen Filtertechnik | |
| aber „keine messbare Luftverbesserung“ für die AnwohnerInnen. | |
| Auf dem Gelände der Stellinger Feuerungsanlage soll nun ein modernes | |
| Recyclingzentrum entstehen. „Wir denken über eine Sortierung für | |
| ungetrennten Hausmüll nach, aus Stadtteilen, in denen die Mülltrennung auf | |
| Grund fehlender Stellplätze für Wertstofftonnen kaum möglich ist“, verrät | |
| Siechau. Der Rückbau der MVA, der für solche Aktivitäten Platz schaffen | |
| soll, wird aber etwa zwei Jahre dauern. | |
| Und noch während Stellingen heruntergefahren wird, planen Siechau und | |
| Kerstan schon den nächsten Schritt. 2017 soll auch die MVA Stapelfeld mit | |
| einer Kapazität von rund 350.000 Tonnen pro Jahr ihren Betrieb einstellen, | |
| so dass Hamburg dann nur noch über zwei Verwertungsanlagen am Rugenberger | |
| Damm und an der Borsigstraße mit einer Jahreskapazität von jeweils 320.000 | |
| Tonnen pro Jahr verfügt. | |
| Die auslaufenden Verträge mit den schleswig-holsteinischen Kreisen | |
| Rendsburg-Eckernförde und Segeberg, deren Hausmüll in Stapelfeld verbrannt | |
| wird, sollen nicht verlängert werden. Zudem soll sich die Hamburger | |
| Recyclingquote deutlich bessern, um auch die Anlage in Stapelfeld | |
| kaltzustellen. Die Quote liegt nach Angaben der Stadtreinigung derzeit nur | |
| bei 40 Prozent. Vorgeschrieben aber sind bis 2020 satte 65 Prozent. | |
| Kein Wunder also, dass Hamburgs BUND-Chef Manfred Braasch die Stellinger | |
| Stilllegung zwar als „wichtigen Schritt hin zu einer besseren Müllpolitik | |
| lobt“, gleichzeitig aber kritisiert, Hamburg gehöre bundesweit immer noch | |
| „zu den Schlusslichtern bei der Recyclingquote“. Das räumt auch Kerstan | |
| ein: „Da sind wir im Städtevergleich tatsächlich ganz weit hinten und haben | |
| Nachholbedarf.“ | |
| Der BUND setzt deshalb auf „Anschlusszwang für Wertstofftonnen“, Kerstan | |
| eher auf weiteres Umdenken der Hamburger Privathaushalte. Umdenken aber | |
| müssen auch die St.-Pauli-Fans, die die Stellinger Bundesliga-Arena des | |
| Stadtrivalen HSV bislang nur hämisch „Stadion an der | |
| Müllverbrennungsanlage“ nennen. Sie werden sich nun einen neuen Spott-Namen | |
| einfallen lassen müssen. | |
| 16 Jun 2015 | |
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